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Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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rauchen, Zigaretten haben kein Bouquet.«
    »Sie haben kein was?«
    »Nichts, schon gut. Komm, ich zünde sie dir an, und du genießt sie, und ich schaue dir dabei zu.«
    Sie rauchten. Sandra ihre Mentholzigaretten mit goldenem Mundstück. Rey seine riesige Zigarre. Zufrieden schwiegen sie eine Weile. Aber Rey wollte dieser Hieb gegen Magda nicht aus dem Kopf.
    »Du hast mir noch nicht geantwortet.«
    »Worauf habe ich noch nicht geantwortet, Liebling?«
    »Wegen Magda, warum du sie nicht magst.«
    »Nur so.«
    »Sag schon!«
    »Nur so.«
    »Was hat sie dir getan?«
    »Nichts.«
    »Sag schon!«
    »Ach, Schätzchen, lass mich. Gar nichts werde ich dir sagen.«
    »Doch, das wirst du!«
    Abrupt stand Sandra auf, packte mit beiden Händen ihren fetten Schwanz und die Eier über den Rand des weißen Spitzenhöschens, ließ sie kreisen wie ein Macho und sagte: »Deshalb! Sieh her, deshalb! Wenn ich könnte, würde ich sie mir abschneiden. Ich will kein Mann sein! Es ist mein größter Wunsch im Leben, eine Frau zu sein. Eine normale Frau. Mit allem Drum und Dran. Mit einer feuchten, duftenden Vagina und zwei herrlich großen Brüsten und einem schönen runden Arsch und einem Mann, der mich liebt und auf mich Acht gibt und mich schwängert und dem ich drei, vier Kinder schenke. Ich möchte eine schöne Mulattin sein, eine emsige Hausfrau. Und was habe ich stattdessen? Diesen Riesendödel und zwei Eier. Während diese Drecksschlampe Magda sich vergeudet. Hätte ich nicht diesen Knüppel, wäre ich eine Frau wie sie. Nur wäre ich sauber und wäre Mutter … Verdammt noch mal, bei Yemayá und Ochún, wie ich sie beneide! Schafft sie mir aus dem Weg!«
    Sandra wurde ein wenig hysterisch und fing an zu zittern, schnaubte leise mit geschlossenen Augen. Rey war erschrocken. Sandra öffnete die Augen. Die Pupille war verdreht, und das Weiß zuckte wild. Rey hatte noch nie zuvor gesehen, wie ein Toter in einen Menschen fuhr. Die Zuckungen verstärkten sich, und Sandra fiel zu Boden. Ihre Tote war eine sehr wonnige Schwarze von den Ufern des Kongo. Sandra verwandelte sich in eine alte Frau, aber mit sanftem, sympathischem Gesicht. In einem wirren, fast unverständlichen Gemisch aus Spanisch und Kongolesisch verlangte sie Schnaps und Tabak. Mit vorgestreckter Hängelippe machte sie Saugbewegungen. »Gluck, gluck, gluck.« Sie ging auf Rey zu, legte ihm einen Arm um die Schultern und bat ihn, er möge ihr helfen, in ihre Totengruft zu kommen. Dann wandte sie sich Sandras kleinem Altar zu, wo eine Flasche Schnaps und zwei Zigarren lagen, und trank. Mit zitternder Hand zündete sie eine Zigarre an und rauchte. Tief sog sie den Rauch ein. Sie nahm erneut einen tiefen Schluck und sagte: »Tomasa wird für dich sprechen … hmmm, gluck, gluck, gluck … jetzt ja … hmmm.« Nach einem weiteren tiefen Schluck war die Flasche zur Hälfte geschafft. Tomasa hatte großen Durst mitgebracht. Und ehe sie weitersprach, rauchte sie erst noch ein wenig.
    »Tomasa wird reden … Tomasa kommt, um zu helfen … Diese Weiße da liebt dich nicht. Sie hat einen anderen Mann, hat einen Sohn von einem anderen Mann. Du liebst sie, aber sie dich nicht. Sie ist Blut und Tod. Von Geburt an hinterlässt sie Blut und Tod. Und auch du wirst bei ihr auf der Strecke bleiben … hmmm … gluck, gluck, gluck … hmmm.«
    Mehr Schnaps, mehr Tabak. Sie nahm sich Zeit, die rüstige Alte, mit geschlossenen Augen. Dann fuhr sie fort: »Hmmm … Du wurdest mit einem großen Erbe geboren, dessen Ursprung weit zurückliegt, das aber dir zufiel. Es ist kein böser Geist, aber die Ernte einer dunklen Vergangenheit, deren schwere Kette du hinter dir herziehst. Jetzt ist es an dir. Eine sehr schwere Kette. Hmmm … gluck, gluck, gluck …«
    Sie trank den Schnaps aus. Die Augen verengten sich zu Schlitzen. Und sie rauchte weiter.
    »Hmmm … Sandra? Hmmm … sie muss sich in Acht nehmen. Vor der Justiz und einer weißen Freundin, die gar keine Freundin ist. Justiz ist involviert und Knast und Gitter. Da ist etwas Schlimmes im Gange gegen Sandra. Yemayá und Ochún waschen sich die Hände in Unschuld und wissen gar nichts … o wie waschen sich beide ihre Hände … und Sandra steht ganz allein da … hmmm … gluck, gluck, gluck, hmmm …«
    Wieder setzten die Zuckungen und das Schnauben ein. Auf sich selbst einschlagend, fiel sie zu Boden. Sie verletzte sich. Jetzt reagierte Rey und hielt sie an den Schultern. Sandra schwitzte. Nach und nach gewann sie ihren normalen Ausdruck

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