Die Stimme des Herrn.
Anmerkung des Herausgebers
Mit vorliegendem Buch veröffentlichen wir ein Manuskript, das in den nachgelassenen Papieren von Professor Peter E. Hogarth gefunden wurde. Diesem großen Geist war es leider nicht mehr vergönnt, seine Aufzeichnungen, die ihn über einen längeren Zeitraum in Anspruch nahmen, endgültig abzuschließen und für den Druck vorzubereiten. Die Krankheit, der er erlag, kam ihm zuvor. Da der Verstorbene über dieses Werk, das für ihn eine Ausnahme darstellte und an dem er weniger aus Spaß als vielmehr aus Pflichtgefühl arbeitete, selbst mit den ihm Nahestehenden, zu denen ich mich zählen durfte, nur ungern sprach, ergaben sich bei den vorbereitenden Gesprächen über die Herausgabe des Manuskripts gewisse Unklarheiten und strittige Punkte. Der Wahrheit zuliebe will ich nicht verhehlen, daß im Kreise derer, denen der Text zur Kenntnisnahme vorgelegt worden war, Stimmen laut wurden, die sich gegen eine Veröffentlichung aussprachen, da sie angeblich nicht in der Absicht des Verstorbenen gelegen hätte. Da wir jedoch keinerlei dahin gehende schriftliche Erklärung seinerseits besitzen, dürfen wir annehmen, daß derlei Ansichten jeder Grundlage entbehren. Fest hingegen steht, daß es sich um ein unvollendetes Werk handelt, da der Titel fehlt und wir nur noch ein lediglich im Konzept vorhandenes gesondertes Kapitel fanden, welches – und hier liegen unsere Hauptbedenken – sowohl als Einleitung als auch als Nachwort zum Buch gelten kann.
Als zum Nachlaßverwalter bestellter Freund und Kollege des Verstorbenen habe ich mich letztendlich entschieden, besagtes Fragment, das für das Verständnis des Ganzen von wesentlicher Bedeutung ist, als Einführung zu verwenden. Der Titel »Die Stimme des Herrn« geht auf einen Vorschlag des Verlegers, Mr. John F. Killer, zurück,dem ich an dieser Stelle für die hilfreiche Unterstützung bei der Veröffentlichung der letzten Arbeit von Professor Hogarth danken möchte. Gleichfalls meinen Dank aussprechen möchte ich Mrs. Rosamond T. Shelling, die sich den nötigen Vorarbeiten mit solcher Sorgfalt widmete und der die Endredaktion des Textes oblag.
Professor Thomas V. Warren
Mathematische Fakultät der Universität Washington
Washington DC., im April 1996
Vorwort
Wenn ich auch viele Leser durch die nachfolgenden Worte vor den Kopf stoßen werde, halte ich es dennoch für meine Pflicht, sie auszusprechen. Bücher wie dieses habe ich bislang nicht geschrieben, und da es nicht der Brauch ist, daß ein Mathematiker seinen Arbeiten Ergüsse persönlicher Natur vorausschickt, könnte ich sie mir sparen.
Auf Grund von Umständen, die sich meinem Einfluß entzogen, wurde ich in Ereignisse verwickelt, die ich darstellen möchte. Die Gründe, die mich veranlassen, dieser Schilderung eine Art Bekenntnis voranzustellen, werden sich später klären. Wer über sich selbst reden will, muß sich für ein bestimmtes Bezugssystem entscheiden; möge meine jüngst erschienene Biographie aus der Feder von Professor Harold Yowitt als solches gelten. Yowitt nennt mich einen Geist allergrößten Formats, da ich stets die schwierigsten der heute zugänglichen Probleme angegangen sei. Er verweist darauf, daß mein Name immer dort zu finden gewesen sei, wo an einer radikalen Destruktion der wissenschaftlichen Überlieferung und an der Begründung neuer Theorien gearbeitet wurde, etwa bei der mathematischen Revolution, bei der Physikalisierung der Ethik oder beim »MAVO«-Projekt.
Als ich in der Lektüre bis zu der Stelle gediehen war, wo von Destruktion die Rede ist, erwartete ich hinter den Worten über meine zerstörerischen Neigungen weiterführende und kühnere Schlußfolgerungen und wähnte, endlich einen Biographen gefunden zu haben, was mich im übrigen durchaus nicht freute, denn sich selber zu entblößen ist noch immer nicht dasselbe wie – entblößt zu werden. Yowitt jedoch kehrt, gewissermaßen erschrocken über den eigenen Scharfsinn, dann – inkonsequent – zu der landläufigen Version über meine Person als eines ebenso arbeitswütigenwie bescheidenen Genies zurück und führt sogar ein paar Anekdoten aus dem eisernen Repertoire über mich an.
Ich konnte dieses Buch also getrost zu meinen anderen Biographien ins Regal zurückstellen, weil es mir seinerzeit nie in den Sinn gekommen wäre, daß ich in Bälde gegen den lobhudlerischen Porträtisten antreten würde. Dabei bemerkte ich, daß auf dem Regal nicht mehr viel Platz war. Mir fiel ein, daß ich einmal
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