Der kommende Aufstand
Risse der Wohlfahrtsstaat bekommt, desto
mehr kommt der rohe Zusammenstoß zum Durchbruch – zwischen
denjenigen, die die Ordnung wünschen, und denjenigen, die sie
nicht mehr wollen. All das, was die französische Politik bis
jetzt zu lähmen verstand, ist dabei, sich zu entfesseln. Von all
dem, was sie unterdrückt hat, wird sie sich nicht wieder
erholen. Man kann auf die kommende Bewegung zählen, um in dem
fortgeschrittenen Zerfall der Gesellschaft die notwendige
nihilistische Intuition zu finden. Was sie unweigerlich ganz
anderen Grenzen aussetzen wird.
Eine revolutionäre Bewegung verbreitet sich
nicht durch Kontaminierung, sondern durch Resonanz. Etwas, was
sich hier bildet, hallt wider durch die Druckwelle, die von
etwas ausgesendet wurde, das sich dort gebildet hat. Der Körper,
der widerhallt, tut das nach seiner eigenen Art. Ein
Aufstandist nicht wie die
Ausbreitung der Pest oder eines Waldbrandes – also kein linearer
Prozess, der von einem ursprünglichen Funken ausgeht und nach
und nach um sich greift. Er ist eher etwas, das wie Musik
Gestalt annimmt, und dessen Zentren es gelingt, ihren eigenen
Rhythmus und ihre eigene Schwingung durchzusetzen, obwohl sie
selbst in Zeit und Raum zersprengt sind. Um immer mehr Tiefe zu
erlangen. Bis dahin, dass jede Rückkehr zum Normalem nicht mehr
wünschbar oder auch nur denkbar wäre.
Wenn wir von Empire sprechen, benennen wir damit die
Dispositive der Macht, die vorbeugend und chirurgisch alle
revolutionären Perspektiven einer Situation zurückhalten. In
diesem Sinn ist das Empire kein Feind, der uns
gegenübersteht. Es ist ein Rhythmus, der sich aufzwingt, und
eine Art, die Wirklichkeit herzuleiten und verrinnen zu
lassen. Es ist also weniger eine Ordnung der Welt als ihr
trauriges, bedrückendes und militärisches Verrinnen.
Was wir unter der Partei der Aufständischen verstehen, ist
der Entwurf einer ganz anderen Komposition , einer ganz
anderen Seite des Wirklichen, die von Griechenland bis zu den
französischen Vorstädten ihre Akkorde sucht.
Es ist nunmehr allgemein bekannt, dass
Krisensituationen lauter Gelegenheiten sind, die der Herrschaft
dargeboten werden, sich umzustrukturieren. Ohne zu sehr den
Anschein zu erwecken, dass er lügt, kann Sarkozy deshalb
verkünden, die Finanzkrise entspreche dem »Ende einer Welt« und
man werde im Jahr 2009 sehen, wie Frankreich in ein neues
Zeitalter eintrete. Dieser Schwindel von ökonomischer Krise wäre
alles in allem etwas Neues. Die Gelegenheit zu einem schönen
Epos, in dem wir alle zusammen gleichzeitig dieUngleichheit wie die Klimaerwärmung bekämpfen
würden. Was für unsere Generation, die in der Krise geboren ist
und nichts anderes kennengelernt hat – die ökonomische,
finanzielle, soziale, ökologische Krise –, relativ schwer zu
akzeptieren ist, das werdet ihr zugeben. Man wird uns nicht noch
einmal mit der Krise reinlegen, mit dem »Wir werden wieder bei
null anfangen«, und »Wir müssen nur eine Zeit lang den Gürtel
enger schnallen«. Ehrlich gesagt, löst die Ankündigung der
verheerenden Arbeitslosenzahlen bei uns überhaupt kein Gefühl
aus. Die Krise ist eine Art zu regieren. Wenn diese Welt nur
noch durch die unendliche Verwaltung ihres eigenen
Zusammenbruchs zu halten scheint.
Man würde uns gerne hinter dem Staat stehen
sehen, mobilisiert und solidarisch mit einem
unwahrscheinlichen Zusammenflicken der Gesellschaft. Nur widert
es uns derartig an, uns dieser Mobilisierung anzuschließen, dass
es gut sein kann, dass wir uns eher dazu entscheiden, den
Kapitalismus definitiv zu schlagen.
Was sich miteinander im Krieg befindet, das
sind nicht unterschiedliche Arten, die Gesellschaft zu
verwalten. Das sind – unreduzierbar und unversöhnlich –
Vorstellungen vom Glück und ihre Welten. Die Macht weiß es, wir
auch. Die Restbestände an Aktivisten, die uns – immer
zahlreicher, immer weniger identifizierbar – sehen, reißen sich
die Haare aus, um uns in die kleinen Fächer ihrer kleinen Köpfe
einzuordnen. Und sie reichen uns doch die Hände – um uns besser
ersticken zu können mit ihrem Scheitern, mit ihrer Lähmung, mit
ihren schwachsinnigen Problemen. Von Wahlen bis zu »Übergängen«
werden sie nie etwas anderes sein als diejenigen, die uns jedes
Mal ein bisschen weiter von der Möglichkeit des Kommunismus
entfernen. Zum Glück findet
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