Der kommende Aufstand
man sich nicht lange mit Verrat und
mit Enttäuschungen ab.
Die Vergangenheit hat uns viel zu viele
falsche Antworten gegeben, als dass wir nunmehr nicht wüssten,
dass es die Fragen selber waren, die falsch waren.
So geht es nicht darum zu WÄHLEN:
der Fetischismus der Spontaneität
ODER
die Kontrolle durch die Organisation
das Basteln der militanten Netze
der Taktstock der Hierarchie
hoffnungslos jetzt handeln
hoffnungslos auf später warten
das, was hier und jetzt zu leben und zu experimentieren ist,
im Namen eines Paradieses ausklammern, das immer mehr einer Hölle
ähnelt, weil es sich stetig entfernt
Kadaver wiederkäuen, weil man sich dauernd dazu überredet,
dass Karottenpflanzen ausreichen könnte, um uns aus diesem
Albtraum zu befreien
Wahl der Qual
Die Organisationen sind ein Hindernis dabei,
sich zu organisieren.
In Wahrheit gibt es keinen Abstand zwischen dem, was wir
sind, dem, was wir machen, und dem, was wir werden. Die –
politischen oder gewerkschaftlichen, faschistischen oder
anarchistischen – Organisationen fangen immer damit an, diese
Seiten der Existenz praktisch zu trennen. Sie haben anschließend
leichtes Spiel, ihren stupiden Formalismus als das einzige
Heilmittel für diese Trennung darzustellen. Sich zu
organisieren, heißt nicht, der Impotenz eine
Strukturgeben. Es heißt vor allem, Bindungen
zu knüpfen, Bindungen, die nicht neutral sind, schrecklich
parteiliche Bindungen. Der Grad an Organisation misst sich an
der Intensität des – materiellen und spirituellen –
Teilens.
Schon jetzt also: »sich materiell organisieren, um zu
überleben, sich materiell organisieren, um anzugreifen«. Damit
überall eine neue Idee des Kommunismus Gestalt annimmt. Im
Schatten der Bars, der Druckereien, der besetzten Häuser, der
Treppenhäuser, der Bauernhöfe, der Sporthallen können offensive
Komplizenschaften entstehen; die Art Komplizenschaften, von
denen aus die Welt plötzlich so etwas wie eine bestimmtere
Wendung nimmt. Man darf diesen wertvollen heimlichen Absprachen
nicht die Mittel verweigern, die sie für die Entfaltung ihrer
Stärke verlangen.
Da liegt die wirklich revolutionäre Möglichkeit unserer
Zeit. Das Furchterregende an den immer häufigeren Scharmützeln
ist, dass sie jedes Mal die Gelegenheit für derartige, manchmal
vergängliche, manchmal aber auch beständige Komplizenschaften
bieten. Es gibt da gewiss eine Art akkumulierenden Prozess. In
dem Moment, wo Tausende junger Leute mit ihrem Herzen dabei
sind, diese Welt zu sabotieren und zu desertieren, muss man dumm
sein wie ein Bulle, um darin eine Finanzzelle, einen Chef oder
Leichtsinn zu suchen.
Zwei Jahrhunderte Kapitalismus und
Handels-Nihilismus haben zu der extremsten Fremdheit sich
selbst, den anderen und den Welten gegenüber geführt. Das
Individuum, diese Fiktion, zerfiel mit derselben
Geschwindigkeit, mit der es real wurde. Kinder der Metropole,
wir gehen diese Wette ein: dass von der gründlichsten Entblößung
der Existenz ausgehendsich die immer
verschwiegene, immer verhinderte Möglichkeit des Kommunismus
entfaltet.
Letzten Endes befinden wir uns im Krieg mit einer ganzen
Anthropologie. Mit der Idee des Menschen selbst.
Der Kommunismus also, als Voraussetzung und als
Experimentieren. Teilen einer
Sensibilität und Erforschung des Teilens. Evidenz des
Gemeinschaftlichen und Aufbau einer Kraft. Der
Kommunismus als Matrix eines minutiösen, kühnen Angriffs gegen
die Herrschaft. Als Aufruf und Name für all die Welten, die
gegen die imperiale Befriedung Widerstand leisten, all die
Solidaritäten, die nicht auf die Herrschaft der Ware reduzierbar
sind, all die Freundschaften, die zu den Notwendigkeiten des
Krieges stehen. KOMMUNIS- MUS. Wir wissen,
dass dies ein Begriff ist, den man mit Vorsicht gebrauchen
muss. Nicht aus dem Grund, dass er in der großen Wörterschau
nicht mehr in Mode wäre. Sondern weil unsere schlimmsten Feinde
ihn verbraucht haben und es weiter tun. Wir bestehen
darauf. Bestimmte Wörter sind wie Schlachtfelder, deren Sinn ein
revolutionärer oder reaktionärer Sieg ist – notwendigerweise in
erhabenem Kampf errungen.
Aus der klassischen Politik zu desertieren bedeutet, zu dem
Krieg zu stehen, der auch auf dem Gebiet der Sprache
stattfindet. Oder eher in der Art, wie sich die Wörter, die
Gesten und das Leben untrennbar miteinander verbinden. Wenn man
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