Der Krieg, der viele Vaeter gatte
oder unmoralisch nennen könnte. Die deutsche Flotte besteht 1898 – was die großen „Kaliber" anbelangt – schließlich nur aus 9 Schlachtschiffen und Kreuzern erster Klasse. Die britische im Vergleich dazu aus 72 12 .
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1900 bewilligt der Deutsche Reichstag sein zweites Flottenbaugesetz, das den Ausbau der eigenen Marine auf eine Stärke von etwa zwei Dritteln der englischen bis zum Jahre 1920 vorsieht. Das ruft Großbritannien auf den Plan. Der deutsche Flottenbau ab 1898 verfolgt zunächst das allgemeine Ziel, daß Deutschland im Rennen der modernen Staaten um Märkte und Einfluß in der Welt Schritt halten kann und nicht zurückfällt. Im besonderen aber, vor allem ab 1900, versuchen die Reichsregierung, der Kaiser und die Marineleitung, eine neue Position gegenüber England aufzubauen. Deutschland will damit erstens seine Fischfangflotte vor den rüden Übergriffen der englischen Fischer schützen. Es will zum zweiten seinen Im- und Export über See und damit einen Großteil seiner Wirtschaftsadern von Englands „Gnaden" lösen. Deutschland will sich zum dritten militärisch gegen Englands Flotte sichern, dabei vor allem gegen deren Seeblockademöglichkeiten. Und die deutsche Politik hofft viertens, mit einer angemessenen Flotte ein interessanter Bündnispartner für Großbritannien zu werden.
Das erste Anliegen bezieht sich auf die Piratenmethoden, mit denen Englands Fischer damals häufig – und das selbst in den deutschen Hoheitsgewässern – die deutschen Fischer auf offener See bedrängen und ihnen durch die Netze fahren. Das zweite Anliegen zielt auf Englands Seemacht, mit der es weltweit Handel dulden, behindern oder unterbinden kann. Das dritte ist eine Reaktion auf Englands Tradition der Seeblockaden, mit denen es in der Vergangenheit in Konfliktfällen sowohl gegnerische als auch neutrale Länder von ihren Rohstoff- und Nahrungsmittelimporten abgeschnitten hat. Die neue deutsche Flotte soll nun so stark werden, daß sie in Zukunft die sogenannte „enge Blockade" der deutschen Häfen in der Nordsee sprengen kann. Das vierte Anliegen ist strategisch-politischer Natur. Die Reichsregierung, der Kaiser und die Marineleitung glauben, daß England im Fall der Auseinandersetzung mit anderen Seemächten Deutschland mit einer respektablen Flotte als Verbündeten benötigen könnte, und daß man so mit Großbritannien zu einer Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe kommen könnte. Für den Fall von Spannungen zwischen Großbritannien und Deutschland rechnet man außerdem damit, daß England gegenüber einer genügend starken Seemacht Deutschland lieber Frieden halten und notfalls verhandeln werde, statt die eigene Flotte in einem Seekrieg gegen Deutschland zu riskieren. Die vier Absichten hinter Deutschlands Flottenrüstung vor dem Ersten Weltkrieg sind also defensiv. Sie zielen weder darauf, selber Kriege loszutreten, noch streben sie nach kolonialen oder anderen Landgewinnen. Die Erde ist auch mittlerweile aufgeteilt.
Der Kaiser, die Reichsregierung und die Marineleitung erreichen mit dem Flottenbau jedoch das Gegenteil von Annäherung an England, von Sicherung der Handelswege und von Sicherheit für Deutschland. Der Stachel in Englands Fleisch sind das rasche deutsche Wirtschaftswachstum und die deutsche Handelskonkurrenz auf dem Festland und in Übersee. Beides läßt sich nicht mit einem Krieg bekämpfen, ohne dabei den Makel der Schuld an einen solchen Krieg zu übernehmen, es sei denn, man spielt die Kriegsschuld Deutschland zu. So wird der deutsche Flottenbau in Englands öffentlicher Meinung zu einem Kriegsgrund aufgebaut und Deutschland unterstellt, nach Weltherrschaft zu streben. In diesem Zusammenhang ist interessant, den Flottenaufbau in beiden Ländern zu vergleichen und dabei den Blick auf die Marinen Rußlands und der USA nicht auszublenden.
Den Flottenbauprogrammen Großbritanniens und des Deutschen Reichs liegen unterschiedliche Philosophien zugrunde. Admiral von Tirpitz und die Marineleitung entwickeln die Vorstellung, daß eine deutsche Kriegsmarine in Stärke von etwa 60% der englischen der Königsweg zur Lösung der vier gesteckten Ziele ist: dem Schutz der Nordsee-Fischerei, des eigenen Handels auf den Meeren, dem Schutz vor Seeblockaden und der Bündnisfähigkeit mit England. Mit einer solchen 60%-Flotte kann man nach Tirpitz' Überzeugung Englands Sicherheit und Seeherrschaft nicht in Wirklichkeit gefährden. Doch kann man
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