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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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Marsleute und ihre Gerätschaften waren vollkommen unsichtbar. Nur die dünne Stange, an deren Spitze die rastlose Spiegelscheibe sich drehte, blieb stehen. Ein paar Büsche und einzeln stehende Bäume glühten und rauchten noch immer. Und von den Häusern vor Woking stiegen noch Feuersäulen in die Stille der Abendluft auf.
    Sonst hatte sich nichts geändert. Nur diese furchtbare Erschütterung! Die kleine Gruppe schwarzer Punkte mit der weißen Flagge war wie vom Erdboden weggefegt, und die Stille des Abends, so schien es mir, war kaum gebrochen worden. Da überkam es mich, daß ich auf dieser düsteren Heide hilflos, unbeschützt und allein dastand. Und plötzlich, wie ein Wesen, das mich von außen überfiel, kam - die Angst. Mühsam drehte ich mich um und begann stolpernd durch das Heidekraut zu laufen.
    Die Angst, die mich beschlich, war keine vernünftige Angst, sondern panischer Schrecken, nicht nur vor den Marsleuten, sondern vor dem Dunkel und der Stille rings um mich. Sie nahmen mir den Mut so sehr, daß ich leise weinend wie ein Kind dahinlief. Und jetzt, nachdem ich mich umgekehrt hatte, wagte ich nicht mehr zurückzublicken.
    Ich erinnere mich, daß ich fest davon überzeugt war, daß man mit mir spiele, daß jeden Augenblick, schon als ich fast in Sicherheit war, dieser geheimnisvolle Tod - schnell wie das Licht - aus dem Krater heraus mir nachrasen und mich niederschlagen werde.
     

6. Der Hitzestrahl in der Chobham Road
     
    Es ist noch immer ein ungelöstes Rätsel, wie die Marsleute imstande sind, Menschen so rasch und lautlos zu töten. Viele meinen, daß sie fähig sind, eine ungeheure Hitze in einem Behälter zu erzeugen, der absolut nicht leitet. Diese ungeheure Hitze übertragen sie in parallelen Strahlen auf jedes beliebige Objekt vermittels eines geschliffenen parabolischen Spiegels von unbekannter Zusammensetzung - ähnlich dem Lichtstrahl, den der parabolische Spiegel eines Leuchtturms versendet. Aber noch niemand vermochte diese Einzelheiten zu beweisen. Wie immer es sich verhalten mag, gewiß ist, daß ein starker Wärmestrahl das Wesentliche ist. Hitze und unsichtbares statt sichtbaren Lichtes. Alles irgendwie Brennbare geht bei der Berührung dieses Strahles in Flammen auf; Blei zerfließt wie Wasser; er erweicht Eisen, bricht und schmilzt Glas; wenn er auf Wasser fällt, wird es unverzüglich zu Dampf.
    In jener Nacht lagen wohl vierzig Menschen unter dem Sternenlicht um den Krater herum, verkohlt und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Die ganze Nacht blieb das Weideland von Horsell bis Maybury verödet. Nur allmählich brannten die Feuer nieder.
    Die Nachricht von dem Gemetzel erreichte Chobham, Woking und Ottershaw wahrscheinlich zur selben Zeit. In Woking waren die Läden schon geschlossen, als das Unglück sich ereignete, und viele Menschen, Geschäftsleute und andere, gingen erregt von den Geschichten, die sie gehört hatten, über die Horsell Bridge die Straße entlang zwischen den Hecken, die zur Weide führten. Man kann sich vorstellen, wie das junge Volk nach der Arbeit des Tages zusammenströmte und jene Nachricht, So wie jede andere, zum Vorwand für gemeinsame Spaziergänge und landläufiges Liebesgeplänkel benützte. Und man kann sich vorstellen, von wieviel Stimmen die abendliche Straße erfüllt war.
    Bis jetzt wußten es freilich nur wenig Leute in Woking, daß der Zylinder bereits geöffnet war, obwohl der arme Henderson einen Boten auf dem Fahrrad zum Postamt geschickt hatte, um einen besonderen Bericht an ein Abendblatt zu senden. Als jene Leute in Gruppen zu zweien und dreien aufs offene Feld kamen, fanden sie kleine Menschenansammlungen in erregter Unterhaltung. Alles blickte auf den wirbelnden Spiegel über den Sandgruben. Und bald hatte sich der Neuangekommenen dieselbe Erregung bemächtigt.
    Um halb neun Uhr, als die Deputation vernichtet wurde, mag sich etwa eine Menge von dreihundert Leuten an jener Stelle befunden haben, außer jenen, welche die Straße verlassen hatten, um sich näher an die Marsleute heranzuschleichen. Auch drei Schutzleute, darunter ein Berittener, waren zugegen, die, Mr. Stents Weisungen folgend, ihr möglichstes taten, die Leute zurückzudrängen und sie abzuhalten, sich dem Zylinder zu nähern. Pfiffe und Hohngelächter wurden gehört. Sie kamen von jenen Gedankenlosen und Aufgeregten, denen jedes Gedränge Anlaß zu Lärm und rohen Scherzen bietet.
    Stent und Ogilvy, welche die Möglichkeit eines Zusammenstoßes ahnten, hatten von

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