Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Erstes Kapitel
    R uth saß auf der Veranda. Sie hatte die Füße nicht wie sonst gegen eine Säule gestützt, sondern saß zurückgelehnt im Korbstuhl. Statt einer offenen Bierflasche stand ein Glas Wein vor ihr auf dem Tisch. Seit Horatio bei ihr lebte, hatte sie sich verändert. Allerdings kam es ihr so vor, als hätte das niemand bemerkt. Ruth fuhr mit der rechten Hand in ihr dichtes rotes Haar, das wie ein lodernder Dornbusch wild um ihren Kopf hing, und lockerte es. Warum schenkte jeder auf der Farm den anderen nur so wenig Beachtung? Jeder war mit sich selbst befasst. Seit sie reich waren, kam es Ruth so vor, als glaubten insbesondere Corinne und Rose, plötzlich andere Menschen zu sein. Es war, als hätten sie stets ein Idealbild vor Augen gehabt, und jetzt, da sie sich Kleider kaufen konnten wie Audrey Hepburn, setzten sie alles daran, Audrey Hepburns zu werden. Oder Marilyn Monroes oder Grace Kellys.
    Ruth schüttelte den Kopf. Wie viel Geld sie auch ausgaben, sie würden zeitlebens Corinne und Rose bleiben, und es war schwer zu verstehen, warum die beiden das nicht kapierten.
    »Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?«
    »Was?« Ruth schrak auf.
    Horatio lächelte sie mit blitzenden Zähnen an. Seine schlanken Finger umklammerten den Stiel des Weinglases. »Der Kompost.«
    Ruth lachte auf.
    »Warum lachst du?«
    »Ich habe mir gerade Corinne und Rose in einem Marilyn-Monroe-Kleid vorgestellt. Du weißt schon: das weiße Ding, dessen Rock bei Wind von unten bis zu den Ohren fliegt. Und dann kamst du mit deinem Kompost.«
    Horatios Gesicht verzog sich, doch dann wurde er sachlich. »Du nimmst deine Schwester und deine Mutter nicht ernst.«
    »Wie sollte ich sie ernst nehmen? Bei den Sorgen, die sie haben? Sie sollten mal ordentlich arbeiten, dann würden sie schon merken, dass Wedgwood-Geschirr das Leben nicht so sehr verändert, wie sie es sich erhofft haben.«
    »Mir tun die beiden eher leid«, bemerkte Horatio.
    »Pfft! Leidtun. Nein, das müssen sie dir wirklich nicht. Sie haben doch alles, was sie brauchen.«
    »Eben nicht. Ihnen fehlt eine Aufgabe, eine Leidenschaft, die sie ausfüllt.«
    Ruth schnitt eine Grimasse und trank einen Schluck von ihrem Rotwein. »Was ist nun mit dem Kompost? Darüber wolltest du doch mit mir reden.«
    Horatio nickte. »Nicht nur über den Kompost, sondern auch darüber, wie wir das Weideland verbessern können.«
    »Seit wann interessierst du dich für so etwas? Themen wie dieses besprechen normalerweise eher Farmer, und das bei einem Bier im Pub von Gobabis.«
    »Ich war heute bei den Hütten deiner Arbeiter und hatte ein sehr interessantes Gespräch mit deinem Vorarbeiter. Seine Familie lebte früher von der Rinderzucht, wusstest du das? Er sagt, man müsse den Boden mit den Ahnen versöhnen, dann würde er gedeihen.«
    Ruth lachte. »Ist er nicht Christ? Will er unsere Rinder nach den Aposteln benennen und hoffen, dass sie Wein statt Milch geben?« Ihre Stimme klang ein wenig barsch. Sie freute sich so, dass Horatio sich um die Farm, um ihre Farm, um ihr Leben kümmerte, darüber nachdachte, es verbesserte. Und dennoch fiel es ihr schwer, ihre Gefühle zu zeigen. Sie war noch nie so glücklich gewesen und hatte nicht die geringste Ahnung, welches Verhalten sich für eine glückliche und verliebte Frau ziemte. Also tat sie, was sie am besten konnte: Sie spottete.
    Horatio ignorierte es. »Es ist eine Lehre, die die Nama seit Jahrhunderten erforscht und erprobt haben. Niemand kennt das Land besser als sie. Es geht nicht um Apostel und Weihwasser, sondern um den Einklang mit der Natur. Die Natur nutzen, um Defizite der Natur auszugleichen.«
    »Die Defizite der Natur ausgleichen? Soll ich Wasser in den Himmel tragen, damit es auf die Erde regnet?«
    »So ähnlich«, erwiderte Horatio ruhig. »Santo hat mir erzählt, wie sein Großvater in den alten Zeiten die Weiden zum Blühen gebracht hat. Nie hat er während der Trockenzeit Rinder verloren. Nie musste seine Familie, sein Clan hungern.«
    Ruth sah, dass Horatio es ernst meinte, und nahm sich zusammen. »Was genau hat er gemacht?«
    »Er hat die abgestoßenen Hörner seiner Rinder eingesammelt. Dann hat er sie mit Kuhmist gefüllt und im Boden vergraben. Im Jahr darauf erzielte er den doppelten Ertrag. Und er hat einen Heilkräutersud über die Felder gespritzt, damit sich der Boden erholen kann.«
    Ruth zog die Stirn in Falten. »Unsere Flächen sind riesig. Wir bräuchten für den Dünger ein Flugzeug.«
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher