Der Lambertimord
abgegangen ist. Auch wenn ich Ihre Aktion offiziell nicht gutheißen kann – trotzdem, herzlichen Glückwunsch zu der Festnahme.«
Frank faßte van den Hövel am Arm, aber der festgenommene Obsthofbesitzer schüttelte Franks Hand ab. Während er weiter das alte Kinderlied summte, suchte sein Blick den Fernseher. Aber der Bildschirm war tot. Ein Beamter hatte den Fernseher ausgeschaltet.
XXXIII.
Frank hatte van den Hövel ins Präsidium bringen lassen. Während Ecki den Abschluß der Tatortuntersuchung in der Jagdhütte und die Durchsuchung von van den Hövels Wohnhaus koordinierte, versuchte Frank eine erste Vernehmung. Außerdem waren Staatsanwalt Ralf Böllmann und der Anwalt von Toni van den Hövel im Verhörraum anwesend.
»Wir sind, nach allem, was wir bisher recherchiert haben, davon überzeugt, daß ihre Tochter mit einem Baseballschläger umgebracht wurde. Wir sind weiterhin davon überzeugt, daß Sie Ihre Tochter getötet haben. Wollen Sie nicht reinen Tisch machen? Ihre Ruhe werden Sie sowieso nicht mehr finden.« Frank hatte sich van den Hövel gegenübergesetzt.
van den Hövel saß mit hängenden Schultern zusammengesunken auf seinem Stuhl, und sein graues Gesicht wirkte noch immer abwesend. Schließlich murmelte er etwas vor sich hin, das niemand im Raum verstand.
Frank setzte nach. »Haben Sie einen solchen Schläger benutzt?«
»Häcksler«, mehr brachte van den Hövel nicht über die Lippen.
»Was meinen Sie damit? van den Hövel, reden Sie!«
van den Hövels Anwalt schaltete sich ein. »Merken Sie nicht, daß mein Mandant mit den Nerven am Ende ist? So wird das nichts. Herr van den Hövel braucht Ruhe. Bitte verschieben Sie die Vernehmung.«
Frank sah zu Böllmann, der schüttelte den Kopf.
»Ich frage Sie noch einmal, Herr van den Hövel, woher hatten Sie den Baseballschläger? Und wo ist er jetzt? Auch wenn Sie nichts sagen, wir finden ihn.«
van den Hövel atmete schwer. Tief aus seiner Brust kam ein gequälter Laut, der nichts Menschliches mehr hatte. Er klang eher wie das tiefe, warnende Grollen eines Wolfs. Frank konnte van den Hövel kaum verstehen.
»Gekauft in Krefeld.«
»Und warum ein Baseballschläger?«
van den Hövel bäumte sich förmlich unter der Antwort auf. Seine Gesichtszüge waren fast fratzenhaft. Die Bilder in seinem Kopf mußten fürchterlich sein. Er konnte nur mit Mühe sprechen. Auf seiner Stirn standen dicke Schweißperlen. »Ich – ich wollte, daß es aussieht wie von diesen Rechten.« Er sank wieder in sich zusammen. Sein Atem kam jetzt flach.
Sein Anwalt beugte sich zu ihm »Herr van den Hövel, Sie müssen jetzt nicht antworten. Sie belasten sich unnötig. Ich als Ihr Anwalt rate Ihnen, seien Sie still. Wir sollten uns erst noch beraten. Hören Sie?«
van den Hövel brach in Tränen aus. Sein Oberkörper schüttelte sich unter heftigem Schluchzen. Jedes Wort machte ihm große Mühe. »Ja, es stimmt, Heike hat mir wehgetan. Ich habe sie entfernen müssen.«
Frank traute seinen Ohren nicht, van den Hövel hatte wirklich gesagt: »entfernen müssen«? Der Mann sprach von seinem eigenen Kind! Schmutz entfernte man oder Gestrüpp, aber doch nicht sein eigenes Kind! Frank fühlte kalte Wut in sich hochsteigen. Der Mann gehörte weggeschlossen, für immer, van den Hövel war krank, geisteskrank.
Aus van den Hövel löste sich mit einem Mal ein Wortschwall, als seien in seinem Inneren alle Dämme gebrochen. »Sie hat mich erpreßt. Wollte mich um mein Leben bringen. Ich habe ihr doch nichts getan. Aber ich konnte doch nicht zulassen, daß sie unsere gemeinsame Zukunft kaputtmacht. Ich hatte noch so viel vor. Und sie sollte doch den Betrieb übernehmen. Sie hatte doch immer Spaß daran, die Pflanzen wachsen zu sehen.«
van den Hövel griff nach dem Mikrofon und umklammerte den Ständer derart fest, daß seine Fingergelenke weiß wurden. Frank war durch die plötzliche und unerwartete Bewegung nach vorne getreten, um van den Hövel zurückzudrängen, aber Böllmann winkte ab.
Statt dessen legte er van den Hövel die Fotos vor, die nach dem Fund von Heikes Leiche am Lambertiturm gemacht worden waren. Die Spurensicherung hatte da schon mit Kreide die Umrisse der Toten nachgezeichnet. Mit leeren Augen starrte die Tote ihren Vater an.
van den Hövel begann zu winseln. »Nein, nein, nein. Meine kleine Mausi. Meine Mausi, ich wollte das nicht, ich wollte das nicht.«
Der Anwalt legte mit einer hilflosen Geste die Hand auf die bebende Schulter seines Mandanten.
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