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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ferner aus weißen Fenstervorhängen. Der mit weißem Leinen gedeckte Tisch wies nichts auf, was nach Luxus aussah. Das Geschirr war aus Steingut. Der Sitte des seligen Pfarrers entsprechend bestand die Suppe aus der nahrhaftesten Bouillon, die jemals eine Köchin hat kochen und einkochen können. Kaum hatten der Arzt und sein Gast ihre Suppe gegessen, als ein Mann geräuschvoll in die Küche trat und, trotz Jacquotte, einen plötzlichen Einbruch in das Speisezimmer unternahm.
    »Nun, was gibt's?« fragte der Arzt.
    »Unsere Bürgerin, Madame Vigneau, ist ganz weiß geworden; so weiß, daß es uns alle erschreckt; das gibt's!«
    »Nun,« rief Benassis fröhlich, »da muß man von Tisch fort.«
    Er stand auf. Trotz der inständigen Bitten des Arztes schwur Genestas, sein Mundtuch fortwerfend, auf gut soldatisch, daß er ohne seinen Wirt nicht bei Tische bleiben wolle, und ging tatsächlich sich zu wärmen in den Salon, indem er über das Elend nachdachte, auf das man unvermeidlich bei allen Zuständen, denen der Mensch hienieden unterworfen ist, stößt.
    Benassis kam bald zurück, und die beiden zukünftigen Freunde setzten sich wieder zu Tisch.
    »Taboureau ist eben gekommen, um Sie zu sprechen,« sagte Jacquotte zu ihrem Herrn, als sie die Schüsseln brachte, die sie warmgestellt hatte.
    »Wer ist denn krank bei ihm?« fragte er.
    »Niemand. Er will Sie, wie er sagt, für sich konsultieren und wird wiederkommen.«
    »Es ist gut. – Dieser Taboureau«, fuhr Benassis, sich an Genestas wendend, fort, »ist für mich ein ganzer philosophischer Traktat; betrachten Sie ihn recht aufmerksam, wenn er da ist, sicherlich wird er Sie belustigen. Er war Tagelöhner, ein braver, sparsamer Mann, der wenig aß und viel arbeitete. Sobald der Schelm einige Taler besaß, hat sich seine Intelligenz entwickelt; hat er die Bewegung, die ich in den armen Kreis hier brachte, verfolgt und sie für sich auszunützen gesucht, um reich zu werden. In acht Jahren hat er ein großes – groß für den hiesigen Kreis – Vermögen erworben. Vielleicht besitzt er jetzt einige vierzigtausend Franken. Aber Sie würden hundertmal raten, durch welche Mittel er diese Summe hat erwerben können, und würden es doch nicht herausbekommen! Er ist Wucherer, ein so abgefeimter Wucherer, und Wucherer auf eine so wohl auf dem Interesse aller Bewohner des Kreises beruhende Berechnung hin, daß ich meine Zeit verschwenden würde, wenn ich es unternehmen wollte, ihnen die Augen über die Vorteile, die sie aus ihrem Handel mit Taboureau zu ziehen glauben, zu öffnen. Als dieser Teufelskerl jedermann Land hat kultivieren sehen, ist er in die Umgebung gelaufen und hat Korn gekauft, um den armen Leuten die Saaten zu verschaffen, die sie brauchen würden. Hier wie überall besitzen die Bauern, und selbst einige Pächter, nicht genug Geld, um ihr Saatgut zu bezahlen. Den einen lieh Meister Taboureau einen Sack Gerste, für den sie ihm nach der Ernte einen Sack Roggen zurückgaben; andern einen Sack Getreide für einen Sack Mehl. Heute hat mein Mann diese merkwürdige Handelsmethode über den ganzen Bezirk ausgedehnt. Wenn ihm nichts in den Weg kommt, wird er vielleicht eine Million gewinnen. Nun wohl, mein lieber Herr, der Tagelöhner Taboureau, ein braver, gefälliger, umgänglicher Bursche gewährte jedem, der ihn darum anging, eine Hilfeleistung; doch in dem Maße, in dem sein Gewinn wuchs, ist Monsieur Taboureau prozeßsüchtig, rechthaberisch und geringschätzig geworden. Je reicher er wurde, desto mehr packte ihn der Geiz. Sobald der Bauer aus einem reinen Arbeitsleben zum geruhsamen Leben übergeht oder zu Landbesitz kommt, wird er unerträglich. Es gibt eine halb tugend-, halb lasterhafte, halb wissende, halb unwissende Klasse, die stets die Verzweiflung der Regierungen bilden wird. Den Geist dieser Klasse werden Sie ein wenig an Taboureau kennenlernen, einem anscheinend simplen, selbst unwissenden Mann, der aber, sobald es sich um seine Interessen handelt, sicherlich tief ist.«
    Das Geräusch eines dröhnenden Schrittes kündigte die Ankunft des Saatgutverleihers an.
    »Kommen Sie herein, Taboureau,« rief Benassis.
    Vom Arzte so vorbereitet, prüfte der Major den Bauern und sah in Taboureau einen mageren Mann mit etwas krummem Rücken und einer sehr faltigen, gewölbten Stirn. Dies runzlige Gesicht schien von kleinen grauen, schwarzgefleckten Augen wie durchbohrt zu sein. Der Wucherer hatte einen zusammengekniffenen Mund und sein spitziges Kinn versuchte

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