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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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Millionen gekostet. Und da Fermi offenbar nicht reden wollte, sah auch er keinen Grund, seinen Gewinn aufs Spiel zu setzen und etwas zuzugeben, das als privater Racheakt aufgefasst werden konnte. Die Buchführung so zu manipulieren, dass der Verlust nicht sichtbar wurde, war für jemanden mit seinen Fähigkeiten ein Kinderspiel. Er schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    »Nein, seine Festnahme ist auch mir ein völliges Rätsel.«
    Sein Gast schwieg eine Weile, ehe er auf seine Uhr sah und sich erhob. Dann sagte er den kryptischen Satz: »Es ist Zeit, die Maske fallen zu lassen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass es höchste Zeit ist, das Geheimnis um all die falschen Identitäten zu lüften.«
    Was war das für eine merkwürdige Aussage? Irritiert runzelte er die Stirn und zuckte zusammen, als Cäsar plötzlich anschlug.
    Er sah aus dem Fenster. Das Auto war leer.
    »Ich verstehe nicht …«
    470

    »Fangen wir bei mir an.«
    Hektisch sprang er auf und spürte einen betäubenden Schwindel, als falle er aus großer Höhe, Gleichzeitig hatte er das Gefühl, als würde sein Gehirn sich abwechselnd ausdehnen und zusammenziehen. Was geschah hier? Er fror furchtbar. Hatten sie ihn hinters Licht geführt? Er musste sich am Tisch abstützen, während er von Schüttelfrost gepackt wurde.
    »Die Polizisten …?«
    »Sind schon im Haus.«
    Eine dumpfe Wut stieg in ihm auf, er versuchte die Pistole aus der Tasche zu ziehen, aber es war zu spät. Sein Körper war außer Kontrolle geraten. Er konnte keinen Willen mehr mobilisieren, und seine Hand hatte nicht mehr genug Kraft, die Waffe auf ein Ziel zu richten. Mit einem harten, trockenen Knall fiel sie zu Boden.
    Vermutlich hatte er kurzzeitig das Bewusstsein verloren, denn verwundert nahm er zur Kenntnis, dass er auf dem Sofa lag.
    Jemand hatte ihm Wasser ins Gesicht geschüttet. Sein Hemd war völlig durchnässt.
    Er erkannte die beiden Männer wieder, die seine Taschen durchsuchten, doch der dritte, der ihm umständlich erklärte, er sei wegen Mordes an Bengt Nygren festgenommen, war ihm unbekannt. Er empfand eine matte, befreiende Gleichgültigkeit.
    Der weißhaarige Mann kam in sein Blickfeld. Wortreich und freundlich knüpfte er an seine rätselhafte Rede von vorhin an:
    »Sie können ganz ruhig bleiben«, sagte er. »Meine Kollegen durchsuchen das Haus nach Material, das für uns von Interesse sein könnte. Währenddessen möchte ich eine Erklärung abgeben. Sind Sie in der Lage, mir zu folgen?«
    Er glaubte zu nicken.
    »Mein Name ist Lennart Roos. Ich bin Regierungsdirektor beim Reichspolizeiamt. Schon seit einiger Zeit habe ich einen 471

    meiner Kollegen verdächtigt, für den Kreis zu arbeiten. Es gab keine direkten Beweise, und ich scheute mich davor, die Sache offen anzusprechen. Er hätte mir das sehr übel nehmen können, wäre an der Sache nichts dran gewesen. Gestern fand ich es an der Zeit, aus der Deckung zu gehen, wenn ich mich so ausdrücken darf, um mich selbst von Nygrens Wohlergehen zu überzeugen. Schließlich hat seine Umschulung zum Schweinezüchter die sonderbarsten Folgen gehabt. Etwas spät, könnte man meinen, aber wir übereilen uns selten. Und leider …
    sobald ich Sie sah, wurden meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Ich hatte eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten in Betracht gezogen, die mir alle lieber gewesen wären. Dass Bengt Nygren enttarnt und ermordet worden war, bedrückte mich zutiefst. Er war ein tüchtiger Polizist und ein sympathischer Mensch, und natürlich liegt es nahe, sich für seinen Tod mitverantwortlich zu fühlen. In gewisser Weise war es uns auch peinlich, so gründlich an der Nase herumgeführt worden zu sein. Die neuen Erkenntnisse sind für unsere Behörde ja keineswegs schmeichelhaft. Wie dem auch sei, ich hätte Sie natürlich ganz fantasielos festnehmen lassen können, doch ich dachte mir, es sei der Mühe wert, zuvor ein paar Informationen abzuschöpfen. Im Grunde wollte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: erstens meinen Kollegen überführen, der wohl die Hauptverantwortung für Nygrens Tod trägt, und zweitens ein Geständnis von Ihnen hören, sozusagen direkt am Tatort.
    Ansonsten sind die Mitglieder des Kreises ja bekannt dafür, bei Verhören extrem verstockt zu sein. Ich habe hoch gepokert, denn natürlich wusste ich nicht, wem mein Kollege seine Berichte zuspielte. Und natürlich konnte ich mir auch nicht sicher sein, ob Sie sich nicht schon mal begegnet waren. Aber es hat funktioniert.

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