Der letzte Regent: Roman (German Edition)
General. Wie ein solcher Angriff stattfinden sollte, blieb ihrer Fantasie überlassen, denn drei der vier Arme des überlebenden Piloten lagen zerrissen und zerfetzt zwischen den halb zu schwarzem Staub zerfallenden Wrackteilen. Der dreieckige Kopf auf dem Knorpelhals war zur Seite geneigt, und opalblaues Blut rann zäh wie öliger Schlamm über Schläfe und Stirn. Ein Displayfenster der Sensorbrille, die mehr als die Hälfte des Gesichts bedeckte, war zerbrochen, und in der anderen zeigte sich schwaches, semiaktives Licht. Der vierte Arm des Ayunn, dünn wie ein Zweig, zuckte kurz, und ein langer Finger tastete nach dem Instrumentenzapfen, der silbern aus der verkohlten Hüfte ragte. General Izzad knurrte etwas, und einer der Konservierer hielt den Arm fest, während ein anderer das vorbereitete Stasisfeld aktivierte.
Es geschah nicht zum ersten Mal, dass Xavius einen Ayunn sah, aber die Erkenntnis, dass noch Leben in ihm steckte, vielleicht genug, um die wichtigsten Hirnfunktionen zu erhalten, machte diesen Moment zu etwas Besonderem. Aufregung brodelte in ihm; sein Chronisteninstinkt ahnte große Ereignisse voraus.
»Löst ihn aus den Trümmern«, sagte Izzad. Das schmale Band des Amplifikators vor seinem Mund vibrierte und gab der Stimme den Klang eines Donnergrollens. »Gebt gut auf den Kopf acht!«
Die Konservierer machten sich sofort an die Arbeit.
General Izzad drehte sich um, ein langer Schritt brachte ihn zu Xavius, und eine graue Hand legte sich dem kleineren Mann auf die Schulter.
»Chronist, Sie begleiten mich«, verkündete er. »Sie werden über mich berichten, denn dies ist mein Triumph. Ich bringe einen lebenden Ayunn zum Regenten!«
Zum Regenten, dachte Xavius und sah erneut zur Zerberus hoch, die noch tiefer gesunken war und inzwischen einen großen Teil des Himmels verdunkelte. Sie hatte einen eigenen Schwarm ausgeschickt, bestehend aus Dutzenden von Kanonenbooten – eine Eskorte, die sowohl das Flaggschiff schützte als auch den Konnektor weiter oben –, und eins von ihnen fiel summend wie ein Insekt dem Berghang mit dem zerschellten Ayunn-Schiff entgegen.
Der Anfang von etwas Großem, dachte Xavius und spürte, wie der Chronistenassistent die Worte aufnahm. Deshalb ist der Regent hier. Er hat es gewusst! Bestimmt hat er einen adaptierten Sifter mitgebracht, und das bedeutet, dass wir dem Ayunn all seine Geheimnisse entreißen können! Gepriesen sei Seine Weisheit.
Und dann, den Blick auf das zur Landung ansetzende Kanonenboot gerichtet, dachte er: General Izzad nimmt mich mit. Ich werde Ihm begegnen, Seine Stimme hören.
Diesmal ging das Zittern nicht auf ein Gravitationsbeben zurück – ihm wurden tatsächlich die Knie weich.
Ein Ende
1
»Sprechen Sie nicht«, grollte General Izzad, als er den Hangar mit langen Schritten durchmaß. »Und wenn Er Sie anspricht und Sie nicht länger schweigen dürfen: Stellen Sie auf keinen Fall Fragen. Vergessen Sie bei Ihm, dass Sie Chronist sind.«
Wie könnte ich das vergessen?, dachte Xavis Xavius. Ich bin es durch und durch. Das Blut, das in meinen Adern fließt, ist das Blut des Berichterstatters, und meine Gedanken sind die eines Journalisten. In meiner Brust schlägt das Herz eines Chronisten, der aus einer Familie von Chronisten stammt, die zu den Sechsundzwanzig zählt. Wie kann ich vergessen, wer ich bin?
Aber er nickte und beeilte sich, mit dem General und seinen beiden Adjutanten, die kaum kleiner waren als er, Schritt zu halten.
»Bei Ihm, aber nicht bei mir«, fügte Izzad hinzu. »Dies ist der krönende Abschluss Ihrer Berichterstattung, Xavius, und mein Triumph. Das ganze Endurium soll davon erfahren: Ich, General Titus M Izzad, überbringe dem Regenten einen lebenden Ayunn, den ersten seit zweitausend Jahren!«
Xavius nickte erneut, diesmal aber mit ein wenig Verdruss, den er allerdings gut verbarg, denn immerhin war Izzad nicht nur der Kommandeur der Siebten Flotte, sondern auch ein Mortus, der Respekt verdiente. Aber er war auch eitel, wie Xavius nach den vier Jahren wusste, und dieser kleiner Makel trübte das glänzende Bild des strahlenden Helden ein wenig.
Der Hangar erstreckte sich über eine Länge von zwei Kilometern an der Backbordseite der Zerberus und hatte auch einen großen zivilen Teil, bestimmt für planetare Kuriere, Versorgungsschiffe und administrative Barkassen. Als sie sich einer der smaragdgrünen Säulen näherten, deren Liftkapseln Besucher und Besatzungsmitglieder tiefer in den stählernen Leib des
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