Der Liebe Gott Macht Blau
brauchte ein bescheidener Glaubensbruder mehr? In diesem Paradies kam man mit so Wenigem aus.
Torsti Rahikainen äußerte sein Erstaunen über die Vielzahl von Missionsstationen auf der kleinen Ozeaninsel. Soweit er wusste, war jeder zehnte Bewohner Missionar, die Ehefrauen mitgerechnet. Waren diese entlegenen Gegenden denn wirklich so gottlos?
»Sündig sind sie zweifellos, diese Eingeborenen. Hoffnungslose Heiden, anders kann ich es nicht sagen. Man hat so seine Arbeit mit ihnen, sie sind beklagenswert unzuverlässig in ihrem Glauben. An einem Tag sind sie bekehrt, am nächsten haben sie es schon vergessen, am Tag darauf singen sie in einer anderen Glaubensgemeinde. Gleich hier in der Nachbarschaft wohnt ein heidnischer alter Mann, der in sechs verschiedenen Sekten getauft worden ist, und trotzdem grölt er, wenn er besoffen ist, seine alten heidnischen Weisen, und er ist fast jeden Abend voll bis obenhin.«
Wie sich im Gespräch herausstellte, hatten nur die Missionsstationen das Recht, in Rarotonga Land zu kaufen.Diese Regel war im Grundgesetz festgeschrieben, und es wurde eifrig davon Gebrauch gemacht. Auf der Insel befanden sich englische, französische, amerikanische, spanische, sogar italienische Missionsstationen und außerdem noch die Niederlassungen zahlreicher Sekten. Von den nordischen Ländern war Dänemark vertreten. Aufopferungsvolle seelsorgerische Arbeit war hier gefordert, angesichts der religiösen Haltlosigkeit der einheimischen Bevölkerung, erklärte Pastor Hunttington.
Nachdenklich radelte Torsti Rahikainen zum Hotel zurück. Ihm war ein frommer Gedanke gekommen. Wie wäre es, wenn er ein gottgefälliges Werk tun und in Rarotonga eine finnische Missionsstation gründen würde? Nun, da er zum Glauben gefunden hatte und sogar von einem örtlichen Pastor getauft worden war, hinderte ihn nichts mehr daran, ein Grundstück am Strand zu erwerben. Das garantierte das hiesige Grundgesetz. Er musste natürlich nach Finnland fahren und mit der Kirche die Kostenfrage diskutieren … bei der Gelegenheit könnte er einige – möglichst religiöse – Bauarbeiter anwerben, mit deren Hilfe er den Bau seines Hotels in Angriff nehmen könnte. Er besaß ja bereits den weit fortgeschrittenen Entwurf für ein anspruchsvolles Missionshotel, darin mussten nun einige Veränderungen vorgenommen werden.
Rahikainen plante die Hotelzimmer als klosterähnliche Meditationszellen. Soweit er wusste, wurde zum Beispiel im Neuen Valamo in Heinävesi gerade diese hotelähnliche Seelsorge betrieben. Gehobene Küche, vom Hotel veranstaltete Messen und Andachten, gemeinsame Taufen und dergleichen würden zum Standardangebot gehören. Das alles könnte man ohne Weiteres preislich deminternationalen Spitzenniveau anpassen, im Namen der Ökumene, und das Trinkgeld könnte man in Form einer Kollekte einsammeln.
Vermarkten müsste er das Ganze über die europäischen und amerikanischen Kirchen. Das finnische Hotelpersonal sollte sich spätestens beim Eintreffen auf der Insel taufen lassen – die Taufe wäre die Bedingung für den Arbeitsplatz auf der paradiesischen Insel. Außerhalb der Saison könnte das Personal nach Gutdünken missionarisch tätig werden und ökumenische Besuche auf den Missionsstationen der Konkurrenz abstatten.
Rahikainen beschloss, eine finnisch-rarotongische Missionshotelstiftung zu gründen, deren Leitung er selbst übernehmen würde. Für die Finanzierung bekäme er sicherlich Mittel aus dem Missionsfonds der Kirche Finnlands. Es könnte auch nicht schaden, wenn die Kirche der Stiftung ein paar Mitarbeiter bezahlen würde, vielleicht einen Pastor oder zwei, und auf jeden Fall mehrere Diakonissen und weitere Frauen, die sich um den Service und die Reinigung kümmern würden.
Wie stets bei Leuten, die eine Erweckung erfahren haben, so folgte auch bei Torsti Rahikainen eine eifernde, manische Phase. Er zeichnete einen neuen Grundriss seines Hotels, plante die Kapelle und die erforderlichen Kreuze auf dem Hoteldach. Für die Glocken könnte er einen stabilen Turm errichten lassen, den er an die neuseeländische Regierung als Leuchtturm vermieten könnte. Rahikainen wandte sich an die örtliche Verwaltung und ließ sich in ausgezeichneter Lage nahe dem Flugplatz ein geeignetes Grundstück für den Bau seines Hotels reservieren. Dem Gouverneur der Insel erzählte er, dass dortanstelle der langweiligen und abgeschotteten Missionsstationen ein finnisches Missionshotel entstehen würde, wo auch die
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