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Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Titel: Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinhard von Gerkan
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Die Kündigung
    Die Gründer der fiktiven schweizerischen Stadt Seldwyla   –   Schauplatz des närrischen Treibens der Leute von Seldwyla aus Gottfried Kellers gleichnamiger Novellensammlung   –   hatten »dieselbe eine gute halbe Stunde von einem schiffbaren Flusse angepflanzt, zum deutlichen Zeichen, dass nichts daraus werden solle«. 1 Von Seldwyla, Sitz einer reichen Gemeinde und einer armen Bürgerschaft, Heimat politisch wankelmütiger, großmäuliger Philister und Bankrotteure, ist der Weg nach Schilda, jener berühmten fiktiven Arena der Schildbürgerstreiche, nicht mehr weit. Und merkwürdigerweise gibt es im südlichen Brandenburg, eine gute halbe Stunde vom Bauplatz des Flughafens Berlin Brandenburg »Willy Brandt« (IATA-Code BER) entfernt, ein wirkliches Schilda. Hat sich der Bauherr des Flughafens von dieser sonderbaren Konstellation fiktiver und wirklicher Orte zu einem neuen Schildbürgerstreich hinreißen lassen und den Airport für ein »Preussisches Seldwyla« 2 »angepflanzt«, weit genug entfernt von Berlin, »zum deutlichen Zeichen, dass nichts daraus werden solle«? Vieles spricht dafür. Denn nachdem er der in Auftrag gegebenen Planung mit 286   durchgeführten Planänderungsanträgen und 201   Anordnungen von Leistungen seinen Stempel aufgedrückt hatte, feuerte er die Architekten am 23.   Mai   2012,kurz vor der dritten abgeblasenen Eröffnung am 3.   Juni   2012, überzeugt davon, jetzt selbst alles besser, schneller und billiger bauen zu können als jene. Dass der Bauherr an Wunder und Märchen glaubt, sieht man sofort, wenn man die Check-in-Halle seines Flughafens betritt. Dort schwebt ein aus roten Aluminiumbändern geflochtener fliegender Teppich unter der Decke, ein Kunstwerk der kalifornischen Künstlerin Pae White, »The Magic Carpet« genannt. Aus Pae Whites Symbol des Fliegens, auf das sich die vom Bauherrn eingesetzte Findungskommission im Wettbewerb zur Kunst am Bau als Preisträger geeinigt hatte, ist hinter dem Rücken der Jury ohne deren Zutun ein Symbol des Wunder- und Märchenglaubens geworden. Der fliegende Teppich, einst von den Märchenerzählern erfunden, zitiert eine Zeit, da das Wünschen, wie die Märchen behaupten, noch geholfen hat. In diesem märchenhaften Zeitfenster scheint der Bauherr des Flughafens Berlin Brandenburg sich bewegt zu haben: kein Konzept, nur unstillbares Verlangen. Die 487   Änderungen und Anordnungen sprechen jedenfalls unmissverständlich die Sprache des Wunsches. Die Architekten befanden sich gegenüber dem Bauherrn in einer Situation wie gegenüber einer Black Box: Vorgänge im Inneren des Systems blieben ihnen verborgen und hatten sie auch nicht zu interessieren. Verstehen ergab sich lediglich aus der Beobachtung des äußeren Verhaltens. Das führte zu Missverständnissen mit Langzeitwirkung zwischen beiden Parteien.
    »The Magic Carpet« der kalifornischen Künstlerin Pae White
    Die gefeuerten Architekten gehören den Büros JSK Architekten und Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) an, die zusammen mit einem kleineren Partner die Planungsgemeinschaft BBI bildeten. BBI ist die Abkürzung für »Berlin Brandenburg International«, diesen Namen trug der Hauptstadtflughafen ursprünglich. Mit meinen Partnern leite ich, Meinhard von Gerkan, gmp als eines der größten deutschen Architekturbüros, das in der ganzen Welt tätig ist und an mittlerweile zehn Standorten über 400   Mitarbeiter beschäftigt. In fast fünf Jahrzehnten erarbeiteten wir uns eine erkennbare und eindeutige Architektursprache und sammelten Erfahrungen mit Bauprojekten unterschiedlichster Funktion, Komplexität und Größenordnung: Büro- und Gewerbebauten, Einkaufszentren, Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Masterplanungen, Messe- und Ausstellungsbauten, Kirchen, Krankenhäuser, Parkhäuser, Sportstätten, Theater, Opernhäuser, Wohnhäuser und Verkehrsbauten, darunter sechs Bahnhöfe und fünf Flughäfen (an zwei weiteren waren wir beteiligt). Nach über 320   fertiggestellten Projekten glaubte ich, mich könne nichts mehr überraschen. Dies änderte sich, als unsere Mannschaft, bestehend aus circa 300   Architekten und Ingenieuren, über Nacht von der derzeit größten Baustelle Deutschlands, vom Flughafen Berlin Brandenburg, verbannt wurde. Die Kündigung kam am 23.   Mai   2012, 10:00 Uhr, per Fax zu uns ins Büro und gleichzeitig über die Nachrichtenagenturen.
    Wir führen gmp als ein Unternehmen, das auf den wertschätzenden,

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