Der Mann, der die Frauen belog - Roman
gehört.«
»Technisch gesehen ist nach wie vor unser Dezernat zuständig. Mach die Augen zu, und frag nicht lange.«
»So wie Markowitz?« Unter Markowitz hatte sie jeden Tag gegen sechs Vorschriften verstoßen, hatte in fremden Computern herumgehackt, auf zeitraubende Dienstwege und Durchsuchungsbefehle verzichtet – und sich dem Dezernat damit unentbehrlich gemacht.
»Mit anderen Worten: Ich soll sie ungebremst auf die Menschheit loslassen …«
»Das nicht, aber –«
»Im Sinne von Markowitz wäre das nämlich nicht. Als er hier das Sagen hatte, saß sie in ihrem Computerraum praktisch wie in einer Zelle, und er ist mit seinen Fällen zu ihr gegangen.«
»Ich fand immer, dass das ein Fehler war.« Riker zündete sich eine Zigarette an, ohne Coffey zu fragen, ob ihn das Rauchen störe.
Coffey, der fanatische Nichtraucher, schluckte die Provokation. Rikers Frotzeleien, die erst hart an der Grenze zur Insubordination aufhörten, war er inzwischen gewöhnt. Dass der Sergeant ihn aber nicht sofort angerufen hatte, als die Falschidentifizierung feststand, würde er ihm so schnell nicht vergessen.
»Inzwischen hätte sie nämlich längst all das lernen können, was man braucht, um draußen zu überleben.« Riker hüllte sich in blauen Dunst. »Aber irgendwie hat sie wohl ihre eigene Überlebenstechnik. Es wäre jammerschade, sie im Computerraum versauern zu lassen.«
»Du siehst ja, was passiert, wenn man sie mal rauslässt: Prompt wird sie vom Dienst suspendiert.«
»Niemand kann ihr einen Vorwurf daraus machen, dass sie geschossen hat.«
»Mit einem sauberen Blattschuss hätte ich kein Problem gehabt. Aber Mallory wollte mit dem Täter Katz und Maus spielen.«
»Wer sagt das? Haben diese Idioten von der Zivilen Kontrollbehörde etwa gegen sie entschieden?«
»Sie haben ihr empfohlen, in Zukunft einem Verdächtigen nur den Revolver aus der Hand zu schießen und nicht die Hand selbst zu lädieren. Was Zivilisten eben sagen. So weit, so gut. Aber ich bin mit der Sache noch nicht fertig. Der Täter hat Mallory mit der Waffe bedroht. Sie hätte ihm die Kugel ins Herz jagen sollen. Aber das wäre ja zu schnell gegangen und hätte keinen Spaß gemacht …«
Kein Widerspruch, Riker?
Coffey schrieb sich einen Punkt gut, aber sein großes Ziel blieb es, irgendwann mal das letzte Wort zu behalten. »So, und nun muss ich meinen Aktenrückstand aufarbeiten. Sie ist am Computer nicht zu ersetzen, und damit Schluss.« Coffey fing an zu lesen. Ein taktvollerer Untergebener hätte begriffen, dass er entlassen war. Riker aber saß immer noch in aller Ruhe da, als sein Vorgesetzter von seinem Papierkram aufsah, und ließ Coffeys erbosten Blick an sich abprallen.
»Geh Mallory nach, Riker, und sag ihr, dass die Suspendierung aufgehoben ist.«
Riker nickte, ohne sich vom Fleck zu rühren. »Wenn du Mallory nichts zu bieten hast, was sie reizt, können wir sie nicht halten«, sagte er. »Dann macht sie bei Charles weiter. In dieser Consultingfirma, die sich Mallory & Butler nennt.«
»Und die in dieser Form natürlich völlig illegal ist. Wenn sie den Laden nicht dichtmacht, ist sie ihre Dienstmarke los.« Coffey hatte beschlossen, die Drohung erst mal an Riker auszuprobieren, ehe er sich damit an Mallory wagte.
»Mit so was kannst du Mallory nicht bange machen.«
Damit hatte Riker natürlich recht, und das ärgerte ihn besonders. Würde die Polizei ihren Mitarbeitern konsequent die Nebentätigkeiten verbieten, blieben keine drei Cops mehr zum Schutz der Stadt übrig.
»Willst du dich freiwillig als Kindermädchen für Mallory melden?«
»Sie braucht kein Kindermädchen. Schon als Dreikäsehoch hat sie keins gebraucht. Und auch sonst niemanden. Sie war und ist eine selbstgenügsame kleine –«
»Markowitz rotiert in der Grube, Riker, wenn du seine Tochter in die Schusslinie bringst.«
»Daran hing’s ja gerade: dass es seine Tochter war. Jede andere hätte er beinhart rangenommen, wie es sich gehört.«
Um Riker herum war der Teppichboden grau. Die Welt war für ihn ein einziger großer Aschenbecher.
»Und warum ausgerechnet diesen Fall? Der Typ ist brutal. Ein Psychopath.« Coffey hielt das Foto aus dem Leichenschauhaus hoch, und Riker sah schnell weg. »Erst schlägt er der Frau den Schädel ein, dann dreht er ihr den Hals um. Wie soll Mallory –«
»Diesmal schießt sie bestimmt nicht in die Hand. Ich denke, sie hat ihre Lektion gelernt.« Riker hob den struppigen Kopf. »Gib ihr die Chance.«
»Sie hat
Weitere Kostenlose Bücher