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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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    D ie Uhr tickte. Zeit verrann. Leben ging seinem Ende entgegen.
    So wie bei der jungen Frau, die er beobachtete.
    Doch nur er konnte es hören. Nur er konnte es sehen.
    Mattia spürte, wie sich der schlafende Engel in seinem Inneren regte, die Flügel entfalten und seinen glühenden Blick erheben wollte. Ganz bestimmt ahnte er, dass sich mit seinem nächsten Erwachen ein Kreis schließen würde. Geburt, Leben und Tod. Doch noch war es nicht so weit.
    Manchmal spürten die Frauen, welche Kraft in ihm lebte. Nicht wenige fühlten sich davon angezogen. Das amüsierte Mattia. Und es erleichterte sein Vorgehen. Manchmal jedoch spürten sie auch die Gefahr, die von dem dunklen Engel ausging. Das machte dann alles viel schwieriger. Und gerade bei dieser Frau durfte er sich keinen Fehler erlauben. Sie war die wichtigste von allen.
    Doch glücklicherweise konnte Mattia sich vollkommen unter Kontrolle halten. Kontrolle war alles. Und der Schlüssel dazu war: richtig zu atmen.
    Langsam ließ er die Luft in seine Lungen fließen und wieder ausströmen. Ruhig und gleichmäßig. Mit jedem Atemzug beruhigte sich der Engel in seinem Inneren mehr und sank zurück in seine Schlafhaltung. Mattia wusste, dass er alles im Griff hatte, seine Augen, seine Gesichtsmuskeln, seine Haltung. Für die anderen Menschen war er damit wieder der, der er immer war. Ein Teil von ihm entsprach auch wirklich dem Mann, den sie sahen. Doch das war nicht der Teil, der ihn ausmachte, sondern nur eine Rolle, die er zu spielen hatte. Eine Rolle, der er sich unbemerkt entziehen konnte, indem er sich innerlich von ihr löste und dorthin ging, wo er Zugang zu dem anderen Universum hatte. Dem, in dem der schlafende Engel herrschte.
    Dort gab es keine Zeit. Alles war gegenwärtig. Das Leben und der Tod. Auch der Tod, der bereits über der jungen Frau schwebte.
    Wie in einem kunstvollen Bogen sah er den Weg, den er gegangen war, um sie zu treffen. Die vermeintlichen Zufälle, die sie hier zusammengeführt hatten. Zufälle, an die er nicht wirklich glaubte. Denn seit der Engel zum ersten Mal erwacht war, gab es keine Zufälle mehr. Seitdem war alles Teil einer perfekten Inszenierung von Schicksal und Wille, die sich nun ihrem Höhepunkt näherte.
    Der Inszenierung des vollkommenen Schmerzes.
    Darum war es diesmal besonders wichtig, dass alles reibungslos ablief.
    Vorher galt es allerdings, das Ritual zu vollziehen. So wie er es jedes Mal tat, denn es schnitt dem Bösen eine weitere seiner giftigen Tentakeln ab. Und es würde die junge Frau ablenken und sie nicht ahnen lassen, welche entscheidende Rolle sie in dem großen Theater des Lebens spielen würde.
    Die Uhr tickte. Zeit verrann. Leben ging seinem Ende entgegen.

1
    D as heisere, bissige Röhren des alten Lancia-Rally-Motors zerschnitt die abendliche Ruhe am Mont Ventoux. Der Wagen raste die kurvigen Straßen am Südhang des Berges entlang auf das Dorf Bédoin zu, überholte Feierabendpendler und Hobbyrennradler in engen Hosen.
    Zadira Matéo riss bei unvermindertem Tempo das Handschuhfach auf, lenkte mit der linken Hand, während sie mit der rechten nach Zigaretten wühlte, ohne die Straße aus den Augen zu lassen. Sie fand die Schachtel, zog mit den Zähnen eine Gauloises heraus.
    Ein Radler zeigte ihr den Mittelfinger, als der Lancia an ihm vorbeifegte.
    »Trou de balle!«, schimpfte sie zurück.
    Sie suchte nach dem Feuerzeug, grub sich ungeduldig tiefer ins Fach, schaufelte einen mit Gummiband umwickelten Stapel Visitenkarten in den Fußraum, einen abgegriffenen Rumi-Gedichtband und drei Bee-Gees-CDs hinterher. Als sie das Einwegfeuerzeug erwischte und die Flamme gierig an den Tabak hielt, sah sie für einen Moment ihre Augen im Rückspiegel.
    Merde.
    Sie ließ das Feuerzeug sinken. Dann spuckte sie die Zigarette wütend aus. Die Kippe landete auf ihrer sandfarbenen Cargohose, die sie zu einem grauen Trägershirt samt offenem Herrenhemd trug.
    »Nicht wegen euch Mistkerlen, ich schwör’s euch.«
    Zadira Matéo hatte aufgehört zu rauchen. Und zwar an dem Tag, an dem sie es nur knapp geschafft hatte, diesem halbwüchsigen Drogendealer durch das halbe Panier-Viertel nachzulaufen, über Dutzende Treppen und durch steile Gassen. Sie hatte ihn fünf Minuten lang im Polizeigriff auf ein sonnenglühendes Autodach pressen müssen, bis ihr Seitenstechen nachgelassen und sie nicht mehr das Gefühl gehabt hatte, ein Sauerstoffzelt zu brauchen.
    Sie würde jetzt nicht wieder mit den Krebsstäbchen

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