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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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überlebt hatte. Sein Carrier hatte in voller Fahrt über den Rand des Steilhangs gesetzt und war glücklich auf einem Riesenhaufen Benzinkanister gelandet. Er überlebte sowohl den Hinterhalt als auch den Flug und kam wie ich in Gefangenschaft. Ich glaube, ich habe ihn Monate später in einem Durchgangslager aus der Ferne gesehen, aber ich kam nicht zu ihm durch.
    Bill Chipperfield, mit dem ich auf der Otranto in einer Kabine gelegen hatte und der mit mir nach Südafrika gekommen war, lebte ebenfalls nicht mehr. Er war tot wie zwanzig andere Kameraden aus 2 RB , die in den ersten beiden Tagen des Kampfes um Sidi Rezegh fielen. Viele von anderen Einheiten wurden getötet. Ich habe ihre Leichen überall auf dem Schlachtfeld liegen sehen. Second Lieutenant Jimmy McGrigor fiel, als eine Granate in den Gefechtsstand der Hugo-Kolonne einschlug. Er war in Ordnung gewesen, dieser Jimmy. Er hatte mit uns gesprochen wie mit Menschen, nicht wie mit Tagedieben.
    Die Belagerung von Tobruk wurde aufgehoben, aber Rommel ließ sich davon nicht aufhalten. Er griff wieder an und stieß tief nach Ägypten hinein vor, bis er im darauf folgenden Sommer bei El Alamein gestoppt wurde, einen oder zwei Tagesmärsche vor Alexandria. Dort drehte die britische 8. Armee den Spieß ein letztes Mal um, vertrieb Rommel endgültig aus Ägypten, drängte durch Libyen vor und marschierte in Tunesien ein. Charles Calistan spielte bei El Alamein eine heroische Rolle und zerstörte beinahe eigenhändig zahlreiche deutsche Panzer, aber da war ich schon längst in einer völlig anderen Welt.
     

     
    Die deutschen Krankenträger brachten mich zu einem Hauptverbandsplatz, legten mich auf einen Stahltisch und zogen mir die blutige Weste aus. Ein Stabsarzt kam, ein Militärarzt im Majorsrang. Ich spürte seine Hände am ganzen Körper, als er mich auf weitere Verwundungen abtastete. Ich lag auf dem Rücken und starrte auf das Segeltuchdach des Rundzeltes. Der Arzt wurde unterbrochen, als Sanitäter einen italienischen Offizier hereinbrachten, dem der Fuß abgerissen worden war. Zu meinem Erstaunen jagte der Stabsarzt sie mit scharfen Worten aus dem Zelt, damit er sich auf mich konzentrieren konnte. Was für ein eigenartiges Gefühl, ein hilfloser Kriegsgefangener zu sein, der auf einen Stabsarzt des feindlichen Heeres angewiesen ist! Er entfernte den Schmutz und die Granatsplitter aus meinen Wunden und verband mich. Zum Glück hatte die Kugel den Knochen verfehlt. Ich war zutiefst erleichtert.
    Angst hatte ich keine. Ich weiß noch, wie ich mich fragte, wie ich hatte zulassen können, dass die Deutschen mich einkassierten und dass ich jetzt nie Offizier werden würde. Ich wurde in ein größeres Zelt gebracht, in dem sich in einer Ecke Nachschubkisten stapelten. Es war seltsam, unter einem Dach zu liegen. Man sah nicht viele Zelte in der Wüste; wir hatten immer unter freiem Himmel geschlafen.
    »Möchten Sie etwas zu essen?« Die Frage überraschte mich. Ein junger Bursche mit sonnengebleichtem Haar hatte mich auf Englisch angesprochen. In den Reihen des Afrikakorps waren viele gebildete Männer, und etliche sprachen fließend Englisch. Ich hatte seit Tagen nicht mehr anständig gegessen; deshalb fiel mir die Antwort nicht schwer. Er brachte mir Brot und Marmelade. Ich war erstaunt. Ich hatte seit Südafrika kein Brot mehr gesehen.
    Erst jetzt wurde mir klar, dass ich überleben würde. Ich wurde auf ruhige, unaufgeregte Weise gut versorgt. Ich ging davon aus, dass gute Behandlung Kriegsgefangener an der Tagesordnung war. Erst später, als ich einer anderen Sorte deutscher Truppen begegnete, wurde mir klar, dass das Afrikakorps eine Klasse für sich darstellte.
    Man sagte mir, dass der Krieg für mich zu Ende sei, aber ich wusste, das stimmte nicht. Ich war noch immer im Dienst und würde im Dienst bleiben, bis der Krieg endete. Das schwor ich mir damals, und das sollte sich noch zu meinem Nachteil auswirken. Dennoch, die Deutschen hatten mich zusammengeflickt und mir vermutlich das Leben gerettet, und so folgte zunächst ein eigentümlich ruhiges Zwischenspiel. Bei Nacht stand kein Posten im Zelt; das Sanitätspersonal hatte keine Angst vor mir, denn die Leute wussten, dass ich zu einer Flucht nicht imstande war. Ich weiß nicht mehr, wie lange es dauerte, bis ich verlegt wurde, aber am Ende lud man mich – noch immer im Liegen – ins Heck eines kleinen Fahrzeugs. Mit mir lag dort ein anderer verwundeter Soldat, aber er sprach kaum ein Wort.
    Die

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