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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John O'Farrell
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»Jason« verpasst hatten, nach dem fiktiven Amnesiekranken aus Die Bourne-Identität . Leider stellte sich heraus, dass es nicht halb so spannend und aufregend ist, rein gar nichts über sich zu wissen, wie man es aus Hollywood-Blockbustern kennt. Ich war vom stationären Notfallpatienten zum faulenzenden Untermieter mutiert. Nach einer Weile fühlte ich mich im King Edward’s Hospital in Westlondon so sehr zu Hause, dass ich es nur noch »Teddy’s« nannte; auf den Spendenpostern war ein knuddeliger Teddybär abgebildet, den man vermutlich bereits zum Klinikmaskottchen erkoren hatte, bevor der Teddy-Boy der Fünfzigerjahre beziehungsweise das gleichnamige Damendessous zu internationalem Ruhm gelangt war.
    Im Grunde war ich kerngesund. Am ersten Tag war ich auf einen möglichen Schlag auf den Kopf hin untersucht worden, doch es gab keine logische Erklärung dafür, weshalb mein Gehirn am Dienstag, den 22. Oktober, kurzerhand beschlossen hatte, auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen. Jeden Morgen war ich in der Hoffnung wach geworden, endlich wieder der Alte zu sein. Aber die kurzzeitige Verwirrung, in die man zwangsläufig gerät, wenn man in einem fremden Bett erwacht, hielt nun schon eine ganze Woche an. Vergeblich versuchte ich, mein verschüttgegangenes Vorleben wieder auszugraben. Es war ein Phantomgefühl, wie wenn man sich einbildet, dass das Handy in der Jackentasche vibriert, obwohl niemand angerufen hat.
    Ich war von einem regelrechten Heer von Ärzten, Neurologen und Medizinstudenten untersucht worden, denen man mich vorgeführt hatte wie eine Jahrmarktskuriosität. In ihrer Diagnose waren sie sich einig. Keiner von ihnen hatte auch nur die geringste Ahnung, was mir widerfahren war. Ein Student fragte mich in vorwurfsvollem Ton: »Wenn Sie tatsächlich alles vergessen haben, warum können Sie dann noch sprechen?«
    Einer der Neurologen schoss sich auf meine Behauptung ein, dass ich durchaus nicht vergessen hätte, was auf der Welt so vor sich gehe. »Dann erinnern Sie sich also zum Beispiel an die Veröffentlichung von Der Computer unter unserer Schädeldecke von Dr. Kevin Hoddy?«
    »Äh, Kevin, ich glaube, daran dürfte sich kaum jemand erinnern …«, fuhr einer der anderen Ärzte dazwischen.
    »Gut, und wie steht es mit der Serie Die Hirnforscher auf BBC Four, comoderiert von Dr. Kevin Hoddy?«
    »Nein … daran kann ich mich leider nicht entsinnen.«
    »Hmm, faszinierend …«, meinte Dr. Hoddy. »Außerordentlich faszinierend.«
    Was meine Depression noch verstärkte, war die unschöne Erkenntnis, dass mein allerbester Freund auf der ganzen Welt mein Bettnachbar, die Nervensäge Bernard war. Jedenfalls leistete mir Bernard in diesen ersten sieben Tagen unschätzbare Dienste. Innerlich war ich geradezu starr vor Angst, wusste ich doch weder, wer ich war, noch warum ich mein Gedächtnis verloren hatte oder ob ich es jemals wiederfinden würde. Dummerweise hatte ich nie allzu viel Zeit, darüber nachzudenken, da der Mann im Nachbarbett mir zu meinem großen Verdruss pausenlos gratulierte, nur weil ich mich daran erinnern konnte, was es zum Frühstück gegeben hatte.
    »Nein, das gehört nicht zu den Symptomen meiner Krankheit, Bernard. Weißt du das etwa nicht mehr? Du warst doch dabei, als der Arzt alles erklärt hat.«
    »Tut mir leid, habe ich vergessen. Das muss irgendwie ansteckend sein.«
    Bernard meinte es nur gut; er war kein unangenehmer Mensch – im Gegenteil, er war eine regelrechte Frohnatur. Trotzdem fand ich es etwas ermüdend, rund um die Uhr mit jemandem zusammen sein zu müssen, der offenbar der Ansicht war, dass meine Bewusstseinsstörung sich ohne Weiteres beheben ließe, solange ich den ganzen »Scheibenkleister« nur mit dem gebührenden Humor betrachtete.
    »Glaub mir, es gibt eine ganze Reihe von Peinlichkeiten, die ich mit Freuden aus meinem Gedächtnis tilgen würde, das kann ich dir sagen.« Er kicherte. »Silvester 1999 – weißt du, was ich meine?«, und er kippte sich ein imaginäres Glas hinter die Binde und verdrehte die Augen. »O ja, das würde ich liebend gern vergessen. Und eine gewisse Dame aus dem Swindoner Salsatanzclub … bitte, Herr Vorsitzender, streichen Sie diese Episode aus dem Protokoll.«
    Eine Ärztin war an meinem Fall besonders interessiert. Dr. Anne Lewington war eine leicht verrückt wirkende Konsiliarneurologin Mitte fünfzig, die eigentlich nur zwei Tage pro Woche in der Klinik Dienst tat, von meiner Krankheit jedoch so fasziniert war, dass

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