Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
sollte. In ihrer Unsicherheit hatte sie Sebastian Prückner, ihren ehemaligen Freund, eingeweiht. Prückner befand sich in Geldschwierigkeiten. Seine Werkstatt lief schlecht, und das Ehepaar, dem der Bauernhof gehörte, wollte ihn und seine Schrottautos lieber heute als morgen loswerden. Prückner hatte die Idee, Wolfgang Schwarz zu erpressen. Gemeinsam riefen sie Schwarz an, doch der Bundestagsabgeordnete lachte sie bloß aus. Wenn sie irgendwelche Beweise gegen ihn hätten, sollten sie doch zur Polizei gehen.
Prückner und Gudrun überlegten hin und her, schließlich kam Gudrun auf den Einfall, Christian Schwarz zu verführen. Von einer gemeinsamen Bekannten wusste sie, dass Christian an der Uni Münster studierte. Prückner beschattete ihn ein paar Tage, bis sich eine günstige Gelegenheit, nämlich die Uni-Fete, ergab.
Diesmal ging die Rechnung auf. Wolfgang Schwarz erklärte sich bereit, die geforderte Summe zu zahlen. Im Gegenzug verlangte er, dass Gudrun und Prückner bei der medienwirksamen Show zur Errettung seines Sohnes mitspielen müssten. Er würde ihnen einen ahnungslosen Privatdetektiv auf den Hals hetzen, dem sie rechtzeitig vor der Wahl ein Erfolgserlebnis verschaffen sollten.
Soweit zu meiner Rolle.
Die ersten Hochrechnungen bestätigten den Trend der Prognose, für Rot-Grün zeichnete sich eine knappe Mehrheit ab. Das ZDF schaltete wild zwischen Kohl und Schröder hin und her, die gleichzeitig auftraten. Ohnehin bedankten sich erst mal alle Politiker bei ihren Wählern, die einen für die Beförderung, die anderen für die Schläge, die sie bekommen hatten. Ein Politikprofessor kam mit der überraschenden Erkenntnis daher, dass Kohl verbraucht sei. Das hatten ungefähr achtzig Millionen Deutsche gemerkt, mit Ausnahme von Kohl selbst.
Die gebratene chinesische Ente hatte tatsächlich wie immer geschmeckt und damit meine Erwartungen voll erfüllt. Ich stellte die ausgelöffelte Aluschale zur Seite und nahm die kleine elektronische Wanze in die Hand, die wir unter Frankas Schreibtisch gefunden hatten. Till Geskamp hatte sie unbemerkt angebracht, während Wolfgang Schwarz unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
Dreitagebart hatte übrigens überlebt, wenn auch knapp. Er und sein Killerkollege schwiegen beharrlich. Sie hatten gefälschte Pässe bei sich, die sie als polnische Staatsbürger auswiesen. Stürzenbecher beabsichtigte, den Unfalltod Prückners noch einmal aufzurollen. Er nahm an, dass die beiden Killer Prückner ermordet hatten. Doch zuerst beschäftigte er sich mit Wolfgang Schwarz und Till Geskamp.
Bei der Bonner Runde schien auch Kohl nicht unglücklich darüber zu sein, dass er sich in Zukunft der Gartenarbeit in Oggersheim widmen konnte. Er ließ allerdings offen, ob er seine Memoiren unter dem Titel Größer wie ich war keiner veröffentlichen würde.
Die Mehrheit von Rot-Grün war inzwischen breiter geworden. Trotzdem blieben die Statements der Parteivorsitzenden unverbindlich bis nichtssagend. Eine gewisse Schärfe kam erst ins Spiel, als einer der Journalisten den Namen Wolfgang Schwarz erwähnte. Der angesprochene Parteivorsitzende setzte eine Leichenbittermiene auf und sagte, dass das von gewissen Medien in Umlauf gebrachte Gerücht, Schwarz sei für ein Ministeramt vorgesehen gewesen, jeglicher Grundlage entbehre. Es habe nie die Absicht bestanden, Wolfgang Schwarz zum Minister zu machen. Im Übrigen bedauere er den Schaden, den der Bundestagsabgeordnete seiner Partei zugefügt habe. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, die jetzt in Münster erhoben würden, werde er nicht zögern, ein Parteiausschlussverfahren in Gang zu setzen.
Wolfgang Schwarz und Till Geskamp waren noch am Samstag verhaftet worden. Schwarz hatte zunächst alles abgeleugnet und, wie mir Stürzenbecher berichtete, im Polizeipräsidium einen lautstarken Auftritt hingelegt.
Die Wende kam in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Nach zehn Stunden beinahe pausenlosem Verhör hatte Stürzenbecher Till Geskamp weichgeklopft. Unter der Zusage, dass ihm mildernde Umstände eingeräumt würden, hatte Geskamp seinen Boss verraten und ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Geskamp sagte aus, dass Schwarz tatsächlich Katarina Plistor getötet habe. Allerdings sei Schwarz selbst über den Tod seiner Freundin bestürzt gewesen, keinesfalls habe er die Absicht gehabt, sie umzubringen. Nach dem Unfall sei Schwarz in heller Aufregung gewesen und habe ihn, Geskamp, angerufen. Gemeinsam hätten sie beratschlagt und dann
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