Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
mindestens sechs oder sieben. So ist das bei Studenten, mal sind die einen da, mal die anderen. Vielleicht habe ich Glück und treffe die eine Person, zu der Gudrun Vertrauen hat. Ansonsten müssen wir darauf warten, dass sie sich wieder meldet. Falls sie anruft, schlag ihr ein Treffen vor! Mach ihr klar, dass wir ihr nur helfen können, wenn sie uns sagt, was gespielt wird!«
Gleich beim ersten Apartment hinter der gläsernen Etagentür hatte ich Glück. Der Typ war ganz in Schwarz gekleidet, hatte schwarz gefärbte Haare und schwarz umrandete Augen.
Er sagte: »Hat Gorono Sie geschickt?«
»Nicht direkt.«
Er winkte mich ins Innere. Die Fenster waren geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Die Luft war stickig warm, es roch nach Schweiß, verdorbenem Essen und etwas anderem. Überall standen Teller mit halben Pizzen und anderen Essensresten herum, auf dem Boden lagen verstreute Pommes und Chips. Ein paar Kerzen brannten. Ich wagte nicht, ein Möbelstück zu berühren. Die meisten waren mit einer schleimigen Schicht überzogen.
»Gorono hat mir versprochen, einen Boten zu schicken.«
»Wer ist Gorono?«
»Der Administrator von Xerkas, dem siebten Planeten des Beta Centauri-Systems.«
»Ah. Nein. Tut mir leid, ich habe nicht persönlich mit Gorono gesprochen.«
»Er ist sehr beschäftigt.«
»Als Administrator, kann ich verstehen. Sagen Sie, hat Gorono mal Gudrun Benningdorf erwähnt? Sie wissen schon, das ist die Frau, die drei Türen weiter wohnt.«
»Gudrun Benningdorf?« Er machte eine Grimasse. »Das ist keine von uns.«
»Trotzdem könnte es doch sein, dass Gorono sie mit einer Mission beauftragt hat.«
Er reagierte nicht. Anscheinend hatte er mich vergessen.
Der andere Geruch wurde stärker. Es war ein süßlicher, ziemlich ekelhafter Geruch. Mir brach der Schweiß aus.
Der Typ machte den Mund auf. Er redete zu niemand Bestimmtem: »Ich habe alles richtig gemacht. Ich habe einen Hamster geopfert, so, wie es Gorono befohlen hat.«
Ich flüchtete.
An der übernächsten Tür, gleich neben Gudrun Benningdorfs Apartment, traf ich auf das Kontrastprogramm zum Gorono-Jünger, eine Frau, die gekleidet war wie ihre eigene Großmutter.
»Langsam fange ich an, mir Sorgen um Gudrun zu machen«, sagte sie ohne großes Mitgefühl. »Dauernd kommen Leute, die sich nach ihr erkundigen.«
»Wer war denn bei Ihnen?«, erkundigte ich mich.
»So ein Punkie-Mädchen mit bunten Haaren und vielen Ringen im Gesicht.«
»Meine Mitarbeiterin«, erklärte ich.
»Sollte man nicht die Polizei verständigen? Ich versteh mich nicht besonders gut mit Gudrun, wir reden kaum miteinander, außer ›Guten Tag‹ und ›Tschüss‹. Aber man hört so viel über Verbrechen …«
»Nach unseren Informationen hält sich Gudrun irgendwo in Münster auf.«
»Oh. Sie meinen, sie versteckt sich?« Die Frau zwinkerte. »Ehrlich gesagt, das wundert mich bei Gudrun nicht. Was hat sie denn ausgefressen?«
Anscheinend lebte Großmütterchen in einer Welt ohne Zeitungen und Fernsehnachrichten.
Ich wurde ungeduldig: »Nichts. Wir möchten uns nur mit ihr unterhalten. Sollten Sie etwas von ihr hören, rufen Sie bitte …«
»Eins ist mir noch eingefallen«, sagte sie schnell. Ich hegte den Verdacht, sie wollte das Gespräch in die Länge ziehen.
»Ihre Mitarbeiterin, dieses Punkie-Mädchen, hat mich gefragt, ob mir in letzter Zeit etwas aufgefallen sei. Erst später habe ich mich erinnert, es ist nichts Besonderes, ich weiß nicht, ob das wichtig für Sie ist.«
»Ja?«
»Gudrun hat ein neues Auto, so einen kleinen Flitzer, ich glaube, es ist ein japanischer. Das ist mir deswegen aufgefallen, weil sie vorher eine schrottreife Ente gefahren hat. Ich habe noch gedacht, dass sie wohl eine Erbschaft gemacht haben muss.«
Ich sagte, dass mir das enorm weiterhelfen würde, und machte sie damit beinahe glücklich.
Den dritten Treffer landete ich auf der gegenüberliegenden Flurseite. Eine Studentin, die mir zwar nichts Neues erzählen konnte, aber die Geschichte mit dem Auto bestätigte. Offenbar hatte sich Gudrun vor ein bis zwei Wochen ein neues Auto gekauft.
Blieb die Frage, von wem das Geld stammte. Ich tippte auf Schwarz senior. Doch wofür hatte er Gudrun bezahlt?
Zur Sicherheit klopfte ich auch an Gudruns Tür. Keine Reaktion.
Auf dem Parkplatz vor dem Studentenwohnheim fiel mir ein Mann in einem blauen Passat auf. Er trug eine Lederjacke und einen Dreitagebart und gab sich redlich Mühe, wie ein Student auszusehen. Doch
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