Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry
möchte, daß die Verlobung rasch offiziell wird... ich möchte, daß wir heiraten, und zwar rasch!"
Morrys Mundwinkel senkten sich. „Sie erwarten also ein Kind von Mr. Carter?"
Monika wurde blaß. „Nein ... ganz bestimmt nicht!"
„Danke schön, Miß Craftfield, das genügt mir. Ich muß jetzt wirklich gehen. Auf Wiedersehen!"
Eine halbe Stunde später saß der Kommissar im Privatbüro von Jonathan Carter. Genau wie vor wenigen Tagen lag nur die Fläche des gewaltigen Schreibtisches zwischen ihnen.
„Ist die Liste fertig?" fragte Morry.
„Ja, sie ist abgeschlossen. Bitte, nehmen Sie sie an sich. Wie Sie erkennen, sind mir weitere fünfzehn Namen eingefallen. Ich glaube, die Liste ist jetzt vollständig."
Der Kommissar warf einen Blick auf den Bogen und überflog die Namen. „Ich vermisse Monika Craftfield", sagte er ruhig.
Carter schluckte. „Monika Craftfield? Ach ja, richtig! Aber Ihnen ging es doch nur um die männlichen Besucher...“
„Stimmt. Da wir gerade von diesen Leuten sprechen . . . weder auf dieser noch auf der anderen Liste befindet sich ein Mann, der den Vornamen Archy oder Archibald trägt."
„Ist das so merkwürdig?"
„Allerdings. Denn in Ihrem Hause verkehrt ein Mann, der diesen Vornamen trägt."
Carter tat so, als ob er nachdenke. „Ja, richtig! Sehen Sie, den habe ich ganz vergessen! Das hat seinen guten Grund. Er war lange nicht mehr bei mir. Fügen Sie seinen. Namen einfach hinzu . . . Archy Vickers. Ein Mann, den ich persönlich für absolut tadelfrei halte. Alte Familie. Er kann mit der Sache nichts zu tun haben. Vielleicht haben Sie schon mal was von ihm gehört. Er spielte eine bedeutende Rolle im Cambridge-Achter, und seinen Trainingsmethoden verdankte das Team den Sieg im Jahre …"
„Vielen Dank, Mr. Carter, ich weiß, was Sie meinen. Aber lassen wir Mr. Vickers sportliche Meriten beiseite. Stellen wir lieber fest, daß er der Verlobte von Monika Craftfield ist und in Ihrem Hause verkehrte. Habe ich recht?"
„Ja, so ist es."
„Haben Sie von sich aus etwas dazu zu sagen?"
„Nicht, daß ich wüßte."
„Ist es nicht so, daß Sie die junge Dame verführt haben?"
Jonathan Carters Augen wurden klein. „Das ist eine Lüge!"
„Beruhigen Sie sich, es liegt keine Anzeige gegen Sie vor. Im übrigen werden diese Fälle nicht von meinem Dezernat bearbeitet."
„Warum interessieren Sie sich dann dafür?"
„Ich suche nach Zusammenhängen, Mr. Carter."
Carter lehnte sich zurück. Die Hände hatte er mit den Flächen nach unten gespreizt auf dem Schreibtisch liegen. „Monika Craftfield! Sie ist ein raffiniertes kleines Ding, Sir. Ich spreche nicht gern darüber, aber Sie zwingen mich dazu. Natürlich ist mir
klar, daß sie mit ihren großen Augen gar keine Mühe hat, für ihre rührende, aber leider erlogene Geschichte Verständnis und Anteilnahme zu finden. Ich soll sie verführt haben! Lächerlich! Die Wahrheit sieht ein wenig anders aus. Sie trank wie eine Alte, Sir. Sie kann aber nicht viel vertragen ... in diesem Punkt ähnelte sie Julia. Einmal, als ihr besonders übel war, mußte ich sie ins Bett bringen. Wer hätte es denn sonst tun sollen? Julia war selbst hinüber, und wie Sie wissen, habe ich keine Dienstboten im Haus. Schön. Ich brachte sie also in eines der Fremdenzimmer, ich zog ihr auch das Kleid aus, und ich legte sie ins Bett. Sie muß das im Unterbewußtsein mitgekriegt haben. Jedenfalls war sie von dieser Stunde an der Meinung, ich hätte sie verführt. Nichts als bodenloser Unsinn! Trotzdem beunruhigte mich die Sache. Sie wissen, wie leicht einem Mann in meiner Stellung durch so eine Geschichte ernstlicher Schaden zugefügt werden kann. Ich kaufte ihr also ein Brillantarmband, um ihre Hysterie zu beschwichtigen. Und was, meinen Sie, geschah? Sie akzeptierte den Schmuck! Plötzlich war nicht mehr die Rede von Verführung und diesem Unsinn. Wenn Sie mich fragen ... sie ist nur ein billiges, kleines Flittchen, trotz des vornehmen Elternhauses, und sie legte es bloß darauf an, mich zu erpressen, und zwar auf eine typisch weibliche, leider nicht sehr feine Art."
„Julia Hopkins wußte, was geschehen war?"
„Nein, Sir. Leider glaubte sie Monikas verrückte Geschichte."
„Genau das meine ich."
„Wir unterhielten uns einmal darüber. Julia machte mir Vorhaltungen wegen der Sache. Ich wurde wütend, weil sie das Märchen der Kleinen glaubte, und es kam ?u einer scharfen Auseinandersetzung. Später haben wir nie wieder darüber
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