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Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry

Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry

Titel: Der Mörder von Richmond Hill Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Minuten."
    Vickers stieß erleichtert die Luft aus.
    „Na, da halbe ich wenigstens einmal ein Alibi!"
     
    *
     
    Die Köchin, Mrs. Bumblecrew, wirkte wie die Illustration zu einem Roman von Charles Dickens. Sie war dick, gutmütig und behäbig. Obwohl schon weit über die Fünfzig, wies ihre marzipanzarte Haut kaum ein Fältchen auf. Ihre dunklen und beweglichen Äuglein waren in rosige Fettpolster eingelassen. Im allgemeinen betrachteten diese Augen die Umwelt mit gelassener Neugier, heute aber waren sie von der Furcht und Aufregung erfüllt, die die grausige Entdeckung in sie hineingetragen hatte.
    „Nun mal schön der Reihe nach, Mrs. Bumblecrew", bremste der Kommissar die zusammenhanglosen Redefetzen, mit denen die Köchin ihrer Erregung Luft zu machen versuchte. „Sie hörten also den Schuß..."
    „Ja, es war genau zehn Uhr. Ich hatte heute morgen die Trüffelpastete angesetzt und mir vorgenommen, sie Punkt zehn Uhr aus dem Herd zu nehmen. Gerade, als ich die Platte aus der Backröhre ziehen wollte, krachte es. Ich dachte zunächst, irgendwo sei eine Fensterscheibe zersprungen. Dann wurde mir klar, daß es ein Schuß gewesen sein mußte. Ich stürzte sofort in den Salon, weil ich wußte, daß sich Mr. Carter dort aufhielt."
    „Mr. Carter lag in dieser Stellung auf der Couch?"
    Mrs. Bumblecrew warf einen ängstlichen Blick auf den Toten.
    „Ja, Sir. Genauso. Mit dem zur Seite gedrehtenKopf und auf dem Bauch. Die eine Hand hing auf den Boden.“
    „Sie sahen niemand im Zimmer?"
    Die Köchin zwinkerte. „Wie belieben?"
    „Sahen Sie einen Menschen im Raum? Oder hörten Sie, daß jemand davon lief?"
    „Nein, Sir.“
    „Wieviel Zeit verstrich zwischen dem Schuß und Ihrem Auftauchen in diesem Zimmer?"
    „Höchstens eine Minute, Sir."
    „Stand eines der Fenster offen?"
    „Ja, das da drüben. Aber das ist immer geöffnet."
    „Empfing Mr. Carter heute morgen irgendeinen Besucher?"
    „Nein, Sir. Ich habe jedenfalls keine Glocke gehört."
    „Weiter. Sie kamen also herein und sahen den Toten. Was taten Sie als Nächstes?"
    „Ich habe geschrien."
    „Und dann?"
    „Ich ging langsam auf den gnädigen Herrn zu — sehr langsam, glaube ich, denn mir war sofort klar, daß ich ihm nicht mehr helfen konnte. Die Wunde, die schreckliche Wunde an der Schläfe und die Pistole in seiner Hand..."
    Mrs. Bumblecrew schien zu taumeln und schloß die Augen. Der Kommissar stützte sie. „Setzen Sie sich", bat er und gab May einen Wink, der sofort einen Stuhl heranzog.
    „Vielen Dank", erwiderte die Köchin und nahm mit dem Rücken zu ihrem toten Herrn Platz. „Vielen Dank!"
    Der Kommissar wartete geduldig, während die Fotografen ihre Arbeit fortsetzten und May und Flavius neugierig durch das Zimmer streiften, um sich hier und dort neugierig einen Gegenstand zu betrachten. Morry hielt den Zettel in der Hand, den die Köchin neben dem Toten gefunden hatte.
    „Mit der Maschine geschrieben", sagte der Kommissar, als spreche er zu sich selbst. „Nicht gerade typisch für einen Abschiedsbrief. Aber er stammt einwandfrei von Carters Maschine. Sie steht noch drüben auf dem Sekretär, der Deckel liegt daneben." Er wandte sich an Mrs. Bumblecrew. „Können Sie sich erinnern, das Tippen der Maschine gehört zu haben?"
    „Haben Sie eine Ahnung, warum Mr. Carter heute morgen nicht ins Büro gegangen ist?"
    „Nein, Sir. Ich habe mich noch darüber gewundert..."
    Morry ging zum Telefon und wählte die Nummer von Jonathan Carters Firma. Die Vorzimmerdame meldete sich. „Kommissar Morry", sagte er. „Hat Ihr Chef heute morgen bei Ihnen angerufen?"
    „Ja, Sir. Kurz nach acht Uhr. Er erklärte mir, daß er heute später käme. Er erwartete einen Besucher."
    „Nannte er den Namen des Besuchers?"
    „Nein, Sir."
    „Hat Mr. Carter später noch einmal angerufen?"
    „Nein, Sir."
    „Blieb er häufig dem Büro fern?"
    „Sehr selten, Sir. Morgens eigentlich nie."
    „Wie war er am Telefon — so wie sonst?"
    „Das ist eine merkwürdige Unterhaltung. Sir." Die Stimme der Vorzimmerdame klang besorgt. „Mr. Carter ist doch hoffentlich nichts zugestoßen?"
    „Beantworten Sie zunächst meine Frage. Benahm er sich in irgendeiner Form ungewöhnlich?"
    „Ich weiß nicht recht, Sir. Nein, ich glaube nicht."
    „Was heißt, Sie glauben es nicht?“
    „Nun, er schien erregt -— aber freudig erregt — so, als wäre ein langersehnter Wunsch Wirklichkeit geworden."
    „Vielen Dank. Das ist zunächst alles. Halt, nur noch eine Frage. Wer

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