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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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der Kiefernstämme? Er lief in den Flur hinauf und rief, ohne zu zögern, den Chef an. Im Grunde war die Beantwortung dieser Frage zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig. Aber für Horstmann war es notwendig, so weltfremd zu erscheinen wie nur möglich.
    »Sie haben recht, Horstmann. Mir ist das als Kaufmann natürlich nicht aufgefallen, aber ich kenne den Inhalt der Gutachten. Es ist merkwürdig, dass ihr Wissenschaftler so wichtige Einzelheiten vergessen könnt. Nun ja ...«
    Horstmann dachte, dass Wissenschaftler das Recht auf Genauigkeit nicht gepachtet hätten, aber er sagte: »Es ist wirklich eine Zumutung, ohne diese Information an die Arbeit zu gehen.« Er spielte Entrüstung.
    »Woher kann ich das erfahren?«
    »Da gibt es ein Zusatzprotokoll der staatlichen kanadischen Forstbehörde. Vielleicht steht da etwas drin. Augenblick bitte.«
    »Natürlich«, sagte Horstmann. Er trommelte mit den Fingerspitzen auf einer Kommodenplatte herum und wartete.
    »Hier steht unter Vermehrung: Legen ihre Eier in die vom Wind abgelegene Seite der Baumrinde, und zwar so, dass die Eier im Durchschnitt während des Sommers neunzig bis einhundertvierzig Minuten lang direkter Wärmeeinstrahlung unterliegen, nicht aber direkter Sonnenstrahlung. Reicht Ihnen das?«
    »Das reicht. Ich danke Ihnen.« Horstmann wollte wieder auflegen, als der Chef fragte: »Haben Sie schon irgendeine Vermutung?«
    »Nun ja«, sagte Horstmann. »Wir können mit ziemlicher Sicherheit nur auf ein Kontaktgift hinarbeiten. Etwas anderes kommt nicht in Frage. Wenn wir das Gift auf die schwache Stelle dieser Tiere richten, lässt sich einiges hoffen. Aber die schwache Stelle kenne ich noch nicht.«
    »Natürlich nicht«, sagte der Chef begütigend. »Aber ich denke, wir werden sie finden, was, Doktor?«
    »Ja«, sagte Horstmann matt, als sei er vollkommen überarbeitet.
    »Und nun machen Sie mal Pause und trinken Sie was Anständiges. Oder nehmen Sie eine Frau in den Arm.« Der Chef lachte und Horstmann lache mit, bevor er auflegte.
    Unten im Keller stand Maria vor dem Labortisch und beobachtete mit sichtlichem Ekel die Tierchen, die nun schon ihren vierten Zweig fraßen.
    Horstmann blieb hinter ihr stehen. Er dachte: Sie ist farblos. Ich habe ihr zwei Kinder gemacht, und sie hat ihr ganzes Leben darauf konzentriert, mir zu gehorchen und den Kindern zu gehorchen. Darüber ist sie farblos geworden.
    Er sagte: »Guten Abend« und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. »Eine hübsche Schweinerei, nicht wahr?«
    »Was sind das für Dinger?«, fragte sie.
    »Unbekannte«, sagte er lapidar. »Sie machen die Kiefern in Kanada kaputt. Sie fressen Kiefern so schnell wie die Kinder Kartoffelpuffer. Nun müssen wir etwas finden, das sie tötet.«
    Er war sehr dankbar, dass er zumindest diesen Beruf hatte und mit ihr gelegentlich über Einzelheiten der Arbeit sprechen konnte. Denn sie hatten zusammen studiert, bis sieschwanger war und er sie heiratete, Diese Gespräche waren so etwas wie eine Ersatzverbindung zwischen ihnen, und sie hatten bis jetzt verhindert, sich eingestehen zu müssen, dass da nichts mehr war außer einigen sentimentalen Erinnerungen.
    »Wirst du den Stoff finden?«, fragte sie ein wenig bewundernd. Tatsächlich bewunderte sie ihn noch immer, obwohl es Momente gab, da sie einsah, dass selbst das nichts mehr nützte. Er hatte sich zu weit entfernt.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Horstmann. »So etwas ist immer eine Folge hochkonzentrierter, gekonnter Arbeit und ein wenig Glück.« Er war sehr selbstbewusst, wenn er mit ihr sprach. »Vielleicht habe ich Glück.«
    »Sicher hast du das«, sagte sie. »Sabine hat einen neuen Freund.«
    »Wie alt ist Sabine jetzt?« Er wusste natürlich, dass seine Tochter siebzehn war, aber er fragte immer danach, als sei er zerstreut und vollkommen in die Arbeit vertieft. Er spielte auch diese Rolle gut.
    »Siebzehn«, sagte Maria, »aber das weißt du doch.«
    »Natürlich, natürlich«, sagte er, »wer ist denn das, dieser Freund?«
    »Irgend jemand, der sehr nett ist, mit langen Haaren. Sein Vater ist Arzt, sagt sie. Der Junge ist sehr höflich. Er hat ihr schrecklich den Kopf verdreht.«
    »Ein bisschen früh, nicht?«, sagte Horstmann.
    »Das kann sein«, sagte sie unsicher, »aber er ist wirklich sehr nett. Heute passiert alles so früh.«
    Sehr schnell und sehr impulsiv war Horstmann zornig. Es war zum Kotzen. Es ging darum, dass Sabine möglicherweise mit pickeligen Jünglingen irgendwo herumkeuchte und

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