Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Mitteln so viel Hilfe, wie ihr braucht, um euch zu erholen. Das ist schon einmal klar. Was danach wird, kann ich nicht sagen. Ich werde auf jeden Fall für euch tun, was ich kann. Im schlimmsten Fall wird ein Gericht entscheiden, dass ihr aufgrund eurer Verbrechen nicht in der Stadt bleiben dürft. Sollte es tatsächlich dazu kommen, werde ich euch zumindest etwas Bargeld mitgeben und eine Passage auf einem Schiff buchen, das in eine andere Stadt fährt, wo ihr neu anfangen könnt.“
Dieser ´schlimmste Fall´ traf allerdings nicht ein. Im Gegenteil. Konstantin konnte die Richter weitgehend von der Version der Geschichte überzeugen, die ihm Franz Peer erzählt hatte. Auch wenn angeführt wurde, dass die Peers vermutlich nicht ausschließlich gestohlen hätten, um zu überleben und daher nicht ganz freigesprochen wurden (das unmittelbare Überleben zu sichern wäre juristisch kein Verbrechen gewesen), fiel das Urteil milde aus. Es gab ja auch nichts, was sie Familie als Strafe derzeit hätte entrichten können. Daher wurden sie zu einigen Arbeitsstunden für das öffentliche Wohl verurteilt, die sie nicht gleich sofort ableisten mussten. Die Familie zu finden, war kein besonderes Problem mehr. Konstantin ließ einfach in den Außenbezirken Zettel mit der (deutschen) Aufschrift´: ´Familie Peer, bitte bringen sie diesen Zettel zu irgendeinem offiziellen Vertreter der Stadt und ihnen wird geholfen. Frank geht es gut´, aufhängen. Darunter waren in Cion Anweisungen für diejenigen angefügt, an die sich die Peers wandten.
Konstantin musste auch nicht allzu tief in seine nicht gerade gut gefüllten Taschen greifen, um der Familie zu einem guten Neustart zu verhelfen. Dafür hatte er schließlich gute Freunde und wertvolle Kontakte. Senigara hatte auf ihrem Grundstück genügend Platz, die Neuankömmlinge erst mal eine Weile als Gäste unterzubringen. Ein Weilchen mussten die Peers, nachdem sie sich von den vergangenen Strapazen erholt hatten, noch damit auskommen, dass sie neben ihren Strafstunden für geringen Lohn auf städtischem Gelände Hilfsarbeiten verrichteten. Doch dabei blieb es nicht. Konstantin streckte seine Fühler aus und so dauerte es nicht lange, da fand sich ein einheimischer Zahnarzt, der die ungewöhnlichen Fremden (Dr. Maria Peer war ebenfalls Zahnärztin) in die Lehre nahm. Die Peers fanden bald ein kleines leer stehendes Anwesen in Senigaras Nachbarschaft und mieteten sich dort ein. Konstantin traf das Ehepaar und ihre beiden Kleinkinder Maximilian und Korinna gelegentlich wieder, wenn er Senigara besuchte, denn diese hatte sich auch mit den Peers gleich angefreundet. Außerdem hatte er jetzt einen Zahnarzt in der neuen Welt.
In diesem Buch, das möchte ich gleich verraten, spielen die Peers keine große Rolle mehr. Trotzdem wollte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, nicht vorenthalten, dass es noch weitere Überlebende gab. Vielleicht werden Sie sich später sagen: „Das ist doch alles ein viel zu unwahrscheinlicher Zufall, dass das so gekommen sein soll, mit dieser Erzählung. Wer soll denn das glauben? So viel Glück - und dann diese Verkettung der Umstände und ….“ Nein, hier kann ich nicht weiterschreiben, ohne schon allzu viel zu verraten.
Falls es irgendwann dazu kommen sollte, dass Sie sich diese Fragen stellen, die ich hier noch nicht einmal alle verraten kann, denken Sie an die Peers. Denken Sie auch an die vielen, vielen Menschen, die ebenfalls durch einen Unfall in diese Welt gerissen worden sind und dabei einfach zerfetzt wurden oder in tausend Meter Höhe oder in einem Felsen erschienen. Denken Sie auch an die glücklicheren Geschichten, die hier nicht erzählt werden können. Den kleinen Jungen aus Kolumbien etwa, der in einem Eingeborenendorf in einem ganz anderen Teil H´Veredys landete und dort schließlich Häuptling wurde und steinalt und glücklich endete. Denken Sie daran, wie auf unserer eigenen Welt eine ganze Angriffstruppe zu allem bereiter Soldaten mit Panzern und Mordwerkzeugen, in einen anderen Teil unserer Welt zog, um dort Märkte und Rohstoffe zu verteidigen, die ihnen und ihren Herren gar nicht gehörten. Stellen Sie sich nun vor, dass diese Truppe stattdessen auf dem grünen Mond auftauchte, wo es niemanden zu bekämpfen gab. Dort gründeten sie vielleicht eine Hippiekommune und fragten sich, ob auf dem grünen Planeten unter ihnen wohl auch Menschen lebten.
Wir wissen nicht, ob diese Dinge wirklich geschahen, da sie nicht Teil dieser Geschichte
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