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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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das dicke Hemd aus mehreren Schichten Leinen mit Bronzeschuppen. Die bessergestellten römischen Legionäre waren schon vor Generationen zu dem gallischen Kettenhemd übergegangen, und Marius hatte es zur Standardausrüstung der Legion gemacht. Einige der Makedonier hielten noch immer ihre alten Speere, obwohl man bereits vor mehr als einem Jahrhundert die alte, unbewegliche Phalanxformation zugunsten der offenen Schlachtordnung nach römischem Vorbild aufgegeben hatte.
    An einem Ende des Feldes übte eine berittene Truppe ihre Manöver. Die Makedonier hatten die Erfahrung gemacht, daß eine Kavallerie in den ausgedehnten Ebenen des Orients, aus denen ein Großteil der Länder bestand, die sie im Kampf gegen das alte persische Reich erobert hatten, recht nützlich war. Wir Römer, hatten nur eine winzige berittene Streitmacht und mieteten uns für gewöhnlich Reiter, wenn wir das Gefühl hatten, welche zu brauchen.
    Am anderen Ende des Feldes errichteten einige Baumeister eine Art Belagerungsmaschine, ein riesiges Gerät aus Seilen und Holz. Eine derartige Apparatur hatte ich noch nie gesehen, also befahl ich meinen Trägern, näher heran zu gehen. Nun wußte natürlich jeder Fremde, daß er nicht einfach in einem römischen Feldlager oder einer römischen Kaserne herumspazieren konnte, aber ich hatte mich so sehr an die unablässige Unterwürfigkeit der Ägypter gewöhnt, daß mir der Gedanke, man könne mich als Eindringling betrachten, gar nicht kam.
    Als wir uns näherten, fuhr ein Mann, der eben noch die Konstrukteure der Maschine angebrüllt hatte, herum und stapfte auf uns zu. Die Sonne blitzte auf seinen polierten Beinschonern und dem Brustpanzer. Unter dem Arm trug er einen federgeschmückten Helm.
    »Was habt ihr hier verloren?« wollte er wissen. Ich kannte den Typ: ein langgedienter Profi mit Schlitzen statt Augen und einem lippenlosen Mund. Er sah aus wie jeder Centurio, den ich je verabscheut hatte. Die Kratzer, die Speere und Pfeile auf seiner Rüstung hinterlassen hatten, paßten gut zu den Narben auf seinem Arm und in seinem Gesicht; als ob er den Feldzeugmeister um ein passendes Ensemble gebeten hatte.
    »Ich bin Decius Caecilius Metellus der Jüngere von der diplomatischen Mission Roms«, sagte ich so herablassend wie möglich. »Eure Maschine hat mein Interesse geweckt, und ich wollte sie mir einmal von nahem ansehen.«
    »Tatsächlich?« sagte er. »Verschwinde.« Das lief überhaupt nicht gut. »Augenblick mal«, protestierte ich, »ich glaube nicht, daß du die einzigartig vertrauensvollen Beziehungen zwischen dem Palast und der römischen Gesandtschaft richtig einzuschätzen weißt.«
    »Bring mir die alte Flötenfresse persönlich runter, dann können wir darüber reden«, sagte der Offizier. »Bis dahin, macht, daß ihr von meinem Kasernengelände verschwindet, und zwar endgültig!«
    »Du wirst in dieser Sache noch von mir hören«, versprach ich ihm, eine Bemerkung, die man immer anbringt, wenn man gründlich eingeschüchtert wurde. »Bringt mich zum Palast«, befahl ich hoheitsvoll.
    Auf dem Weg dorthin malte ich mir mögliche Bestrafungen für den verstockten Offizier aus. Er hatte natürlich jedes Recht, einen ausländischen Zivilisten von einem Militärgelände zu vertreiben, aber das entschuldigte ihn in meinen Augen keineswegs. Schließlich war ich eine Art römischer Würdenträger und Ägypten eine Art römischer Besitz. Aber die Neuigkeiten, die mich in der Botschaft erwarteten, ließen mich die Unverschämtheit des Mannes schnell vergessen.
    Ich traf Creticus im Atrium der Botschaft, und er winkte mich zu sich herüber.
    »Ah, Decius, das trifft sich ja hervorragend. Wir haben einige Besucher aus Rom. Ich wollte sie schon selbst begrüßen, aber jetzt, wo du hier bist, kannst du das auch übernehmen.«
    »Du wolltest sie begrüßen?« fragte ich. »Wer ist es denn?«
    »Ein Sklave hat mir soeben dies vom königlichen Hafen hergebracht.« Er hielt eine kleine Schriftrolle in die Höhe. »Es hat den Anschein, daß zwei Damen aus einer bedeutenden Familie wegen des gesunden Klimas nach Alexandria gekommen sind.«
    »Wegen des Klimas?« fragte ich und zog die Brauen hoch.
    »Dies ist ein Brief von Lucullus. Er teilt mir mit, daß die Luft in Rom zur Zeit ungesund sei, irgend etwas über einen Machtkampf und Blut auf den Straßen. Er schickt sein Mündel, die Dame Fausta Cornelia, samt einer Reisebegleiterin, ebenfalls eine hochgeborene Dame, und bittet mich, ihnen jede Hilfe und

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