Der Nacht ergeben
die vergangenen drei Jahrhunderte gefangen gehalten hatte, abrupt durchtrennt worden war.
Er war frei. Aber um welchen Preis?
Nein.
Zum Teufel, nein.
Er wollte nicht glauben, dass Abby tot war. Er konnte es einfach nicht glauben.
Auf allen vieren kriechend überquerte er den schmutzigen Boden bis hin zu der letzten Stelle, an der er Abby gesehen hatte. Es dauerte weniger als ein paar Sekunden, die kurze Distanz zu überbrücken, aber Dante schien es, als verginge eine Ewigkeit.
Schließlich stieß seine suchende Hand auf einen ausgestreckten Arm. Er biss die Zähne zusammen und zwang sich, die seidenweiche Haut zu berühren.
Diese Berührung reichte aus.
Er konnte ihre Seele spüren.
Sie war am Leben.
Sein Kopf kam einen kurzen Moment auf dem Boden zu liegen, bevor er weiterkroch, um ihre stille Gestalt in die Arme zu nehmen. Er ignorierte das Durcheinander, das nur ein kleines Stück entfernt zu sehen war.
Von Edra war nicht mehr viel übrig.
Zweifellos lagen Stücke von ihr überall im Keller verstreut. Denn auf keinen Fall konnte dieser verkohlte Klumpen einen ganzen Körper ergeben.
Ein kaltes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen.
Es war ein passendes Ende für die Hexe.
»Abby.« Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar und presste sie ganz fest an sich.
Plötzlich spürte er, wie Abby sich regte, und wich ein Stück zurück, um zu sehen, wie die leuchtend blauen Augen sich öffneten.
Ihr Gesicht war rußgeschwärzt, ihre Haare waren versengt, und an ihrem Kinn war Blut zu erkennen. Und sie hatte noch nie zuvor so wunderschön ausgesehen.
Er drückte einen vorsichtigen Kuss auf ihre aufgeplatzten Lippen.
»Du hast es geschafft, Liebste«, sagte er mit heiserer Stimme. »Du hast dem Zauber ein Ende bereitet.«
»Das war nicht ich.« Ihre Stimme klang rau und krächzend, als sei ihre Kehle verbrannt. »Es war der Phönix. Er wollte es nicht zulassen, dass sie ihn als Werkzeug der Zerstörung einsetzte.«
»Pst. Wir reden später darüber. Vorerst ist nur von Bedeutung, dass du lebst.«
Ein ganz schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen.
»Und ich bin immer noch eine Göttin.«
Er lachte leise. »So scheint es.«
»Und huldigst du mir?«
Er streifte mit seinen Lippen über die dunklen Blutergüsse, die ihre wunderschöne Haut verunzierten.
»Liebste, ich beabsichtige, dir jede Nacht zu huldigen, und zwar für den Rest der Ewigkeit.«
Epilog
Zwei Wochen später lag Abby auf dem Bett in Dantes Versteck. Sie sah zu, wie er sorgfältig die Kerzen anzündete, die er überall im Raum aufgestellt hatte.
Die Hexen waren nach Edras Tod geflohen oder begraben worden, was dem Hexenzirkel ein Ende bereitete. Für Abby bedeutete das keinen großen Verlust, wenn man bedachte, dass sie die Absicht gehabt hatten, sie als eine Art Katalysator für die Entscheidungsschlacht zu benutzen.
Zugegeben, sie hatte nun einen mystischen Geist am Hals, aber sie wurde allmählich wesentlich besser darin, ihre Kräfte vor denjenigen zu verbergen, die sie tot sehen wollten, und es gab eine ganze Reihe von Vorteilen, wenn man ein Kelch war.
Die Aussicht auf eine Ewigkeit mit Dante war nicht der unbedeutendste davon.
Über ihnen wurde Selenas Haus allmählich wieder aufgebaut, einschließlich getönter Fensterscheiben und einer neuen Bibliothek für Dantes riesige Büchersammlung. Und natürlich gab es da noch die neueren Reisekataloge, die er für Abby bestellt hatte. Dante hatte ihr versprochen, ihr in den Flitterwochen die ganze Welt zu zeigen.
Aber zunächst würden sie die Zeremonie vollziehen, die sie wirklich endgültig miteinander verband.
Abby räkelte sich wohlig und zog an dem schwarzen Bettlaken, das alles war, was ihren nackten Körper bedeckte.
»Ich habe es so verstanden, dass Selena und Edra einen Machtkampf ausgetragen haben, um zu entscheiden, wer von ihnen die Welt von den Dämonen befreien und eine Art Halbgöttin werden durfte«, murmelte sie träge. »Aber ich kapiere immer noch nicht, warum sie so lange damit gewartet haben, den Zauber auszuprobieren. Man sollte meinen, dass sie eigentlich hätten versuchen sollen, ihr Mojo spielen zu lassen, sobald Selena zum Kelch geworden war.«
Dante zündete die letzte Kerze an und drehte sich um, um sie mit gewölbter Augenbraue anzusehen.
»Ihr Mojo?«
Abby hielt den Atem an.
Mit seiner Kleidung, die aus nicht mehr als einem schwarzen Morgenmantel bestand, und seinem Haar, das sein Alabastergesicht umrahmte, sah er durch und durch wie ein
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