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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Heerscharen kämpften; der Hund des Jason Lykios verweigerte nach dem Tod seines Herrn jede Nahrung, bis er Hungers starb; der Hund des Lysimachos warf sich ins Feuer, das seinen Herrn verbrannte, um mit ihm zu sterben. Der Hund vermag 178
    Der Name der Rose – Vierter Tag
    Wunden zu heilen, indem er sie mit seiner Zunge leckt, und die Zunge seiner Welpen heilt sogar innere Verletzungen. Auch ist er von Natur aus gewohnt, sein Fressen ein zweites Mal zu sich zu nehmen, wenn er es ausgespien – eine Genügsamkeit, die uns Symbol der Vollendung des Geistes ist, so wie die wundertätige Kraft seiner Zunge Symbol der Reinigung von den Sünden durch Beichte und Buße. Doch daß der Hund sein Ausgespienes wieder zu sich nimmt, ist auch ein symbolisches Zeichen dafür, daß wir nach der Beichte erneut auf dieselbe Sünde zurückkommen, und diese moralische Lehre war mir an jenem Morgen eine nützliche Warnung meines Herzens, während ich die Wunder der Natur bestaunte.
    Mein Weg führte mich unterdes zu den Ställen der Ochsen, die, geleitet von ihren Hirten, in großer Zahl herausströmten. Sogleich erschienen sie mir als das, was sie waren und sind: Symbole der Freundschaft und Gutmütigkeit, denn jeder Ochse wendet sich bei der Arbeit und sucht seinen Pfluggefährten, wenn dieser einmal abwesend ist, und ruft ihn mit zärtlichem Muhen. Die Ochsen lernen, gehorsam und ganz von allein in den Stall zu trotten, wenn es regnet, und wenn sie sich untergestellt haben, strecken sie dauernd den Kopf heraus, um zu sehen, ob das Unwetter aufgehört hat, denn es drängt sie zurück an die Arbeit. Mit den Ochsen kamen zugleich auch die Kälber herausgesprungen, die ihren Namen vitellus , männlich wie weiblich, von der viriditas haben oder auch von virgo , denn in jenem zarten Alter sind sie noch frisch und jungfräulich, rein und keusch, weshalb ich unrecht daran getan hatte, wie ich nun merkte, in ihren graziösen Sprüngen ein Bild des unkeuschen Mädchens zu sehen. All diese Dinge gingen mir durch den Kopf, während ich, wieder versöhnt mit der Welt und mir selbst, das muntere Treiben der Morgenstunde betrachtete. Und kaum noch dachte ich an das Mädchen. Oder besser gesagt, ich zwang mich, die Inbrunst, die ich für sie empfand, in ein Gefühl von stiller Freude und frommer Friedlichkeit umzusetzen.
    Wahrlich, die Welt ist gut und bewundernswert, sagte ich mir. Noch in den scheußlichsten Ungeheuern offenbart sich die Güte Gottes, wie Honorius Augustoduniensis lehrt. Jawohl, es gibt riesige Schlangen, die ganze Hirsche verschlingen und über den Ozean schwimmen, es gibt die Bestie Zänokroka mit Eselskörper und Steinbockhörnern, mit Löwenmähne und Löwenrachen, mit Pferdefüßen, aber die Hufe geteilt wie bei einem Stier, das Maul so breit, daß es bis zu den Ohren reicht, die Stimme fast menschlich und anstelle der Zähne ein einziger harter Knochen. Es gibt die Bestie Mantikora mit Menschengesicht, einer dreifachen Reihe von Zähnen, dem Leib eines Löwen, dem Schwanz wie bei einem Skorpion, die Augen glasig, die Haare blutrot und die Stimme wie das Zischen von Schlangen, begierig auf Menschenfleisch. Und es gibt Scheusale mit acht Zehen an jedem Fuß, mit Wolfsschnauzen, hakenförmigen Krallen, dem Pelz eines Schafes und dem Gebell eines Hundes, Bestien, die im Alter schwarz werden anstatt weiß und die uns Menschen weit überleben. Und es gibt Kreaturen mit Augen auf den Schultern und zwei Öffnungen in der Brust als Nasenlöcher, da sie keinen Kopf haben, und es gibt andere mehr, die an den Ufern des Flusses Ganges leben und sich allein vom Geruch eines bestimmten Obstes nähren, und sobald sie fortgehen, müssen sie sterben. All diese grausigen Monster aber singen in ihrer Vielfalt das Lob des Schöpfers und seiner Weisheit, ebenso wie der Hund, der Ochse, das Schaf und das Lamm oder auch der Luchs. Wahrlich, wie groß, sagte ich mir überwältigt mit den Worten des Vinzenz Belovacensis, wie groß ist noch die geringste Schönheit dieser Welt, und wie ergötzlich ist's für das Auge der Vernunft, zu betrachten nicht nur die Modi und Numeri und Ordines aller Dinge, die so trefflich gesetzt und eingerichtet im ganzen Universum, sondern auch das Verstreichen der Zeiten, die sich unaufhörlich entrollen durch Sukzessionen und Niedergänge, gezeichnet vom Sterben alles Geborenen! Ja, ich gestehe es, als der Sünder, der ich bin: Meine eben noch in den Niederungen des Fleisches befangene Seele quoll über von einer

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