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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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und wird nie so sein. Wir haben nur … nun, sagen wir es so: euch hin und wieder einige Möglichkeiten an die Hand gegeben, aber es war an euch, sie zu nutzen.“
    „Ich verstehe.“
    „Das ist alles, was wir tun können. Es gibt zuviel, was wir tun müssen, und zuwenig, um es zu tun. Außerdem sind unsere Wege zu unterschiedlich. Ihre Art und meine sind am Scheideweg angelangt, Brock, aber wir können zumindest Lebewohl sagen und die Hände schütteln.“
    Das waren warme Worte gewesen, irgend etwas in Brock taute auf, und er lächelte. Er hatte die Aussicht, von einer erbarmungslosen Götterrasse ausgelöscht zu werden, nicht als angenehm empfunden und noch viel weniger gewünscht, seine Tage als irgend jemandes Mündel zu verbringen. Lewis hatte nicht um ihre Verschiedenheit herumgeredet, andererseits aber auch nicht dünkelhaft seine Überlegenheit betont.
    Sie waren über das Gelände geschlendert, während sie miteinander sprachen. Lewis hörte jetzt das Hämmern im Schuppen und sah Brock fragend an.
    „Da arbeiten ein Schimpanse und ein Schwachsinniger an einem Holzkohleapparat, damit wir unsere Maschinen weiter mit Treibstoff versorgen können“, erklärte Brock. „Schwachsinniger“ zu sagen schmerzte nicht mehr – jetzt nicht mehr. „Es ist eigentlich unser freier Tag heute, aber sie bestanden darauf, trotzdem zu arbeiten.“
    „Wieviel Leute haben Sie insgesamt hier?“
    „Oh … äh … zehn Männer und sechs Frauen im Alter von fünfzehn bis … schätzungsweise sechzig und geistig vom Idioten bis zum Schwachsinnigen. Dann sind inzwischen auch einige Kinder geboren worden. Es ist natürlich schwierig zu sagen, wo die Menschen aufhören und die Tiere beginnen. Die Affen – oder Joe hier – sind selbstverständlich intelligenter und nützlicher als die Idioten.“ Joe wedelte erfreut mit dem Schwanz. „Ich mache keine Unterschiede – jeder tut das, wofür er am besten geeignet ist, und wir teilen entsprechend.“
    „Dann haben Sie sozusagen das Kommando?“
    „Ich denke schon. Sie kommen immer alle zu mir. Ich bin nicht der Klügste der Gruppe, aber unsere beiden Intellektuellen sind – na ja – ineffektiv.“
    Lewis nickte. „Das ist oft so. Reine Intelligenz ist nicht so wichtig wie Persönlichkeit, Charakterstärke oder die einfache Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und sich an sie zu halten.“ Er blickte seinen großen Begleiter scharf an. „Sie sind ein geborener Führer, wissen Sie.“
    „Bin ich das? Ich habe mich eigentlich nur so gut wie möglich durchgemogelt.“
    „Nun“, Lewis lächelte, „ich würde sagen, das ist die Essenz von Führerschaft.“
    Er sah sich zwischen den Gebäuden um und blickte dann zum Horizont.
    „Eine glückliche kleine Gemeinde, die Sie hier aufgebaut haben“, sagte er.
    „Nein“, erwiderte Brock offen, „das ist sie nicht.“
    Lewis sah ihn an und hob die Augenbrauen, sagte aber nichts.
    „Die Realität läßt eine wirkliche Behaglichkeit noch nicht zu“, meinte Brock. „Das kommt vielleicht später, wenn wir uns besser angepaßt haben, aber momentan ist es noch ein schweres Stück Arbeit, am Leben zu bleiben. Wir müssen lernen, mit einigen ziemlich harten Tatsachen des Lebens fertig zu werden – daß zum Beispiel einige von uns deformiert sind oder die Notwendigkeit, die armen Tiere schlachten zu müssen …“ Er unterbrach sich, bemerkte, daß er die Fäuste geballt hatte, und versuchte sich mit einem Lächeln zu entspannen.
    „Sind Sie … verheiratet?“ fragte Lewis. „Entschuldigen Sie meine Neugier, aber ich frage aus einem bestimmten Grund.“
    „Nein. Es ist niemand hier, der zu mir paßt. Aber das ist halb so schlimm, ich habe zuviel zu tun, um trübselig zu werden.“
    „Ich verstehe.“
    Lewis schwieg eine Weile. Sie waren zum Getreidesilo herübergeschlendert, wo zwei Fässer und ein darüber gelegtes Brett eine windgeschützte Sitzgelegenheit bildeten. Sie setzten sich wortlos, Joe streckte sich in der Sonne aus und beobachtete sie mit wachsamen braunen Augen. Lewis drückte seine Zigarre aus, starrte vor sich hin und sagte leicht verträumt, ohne Brock dabei anzusehen:
    „Sie und Ihre Tiere hier machen das Beste aus der neuen Situation. Bis jetzt ist sie allerdings nicht besonders angenehm. Wünschen Sie sich die alte Zeit zurück?“
    „Ich nicht, nein“, sagte Brock.
    „Das dachte ich mir. Sie nehmen diese Wirklichkeit, die Ihnen geboten wird, mit all ihren unendlichen Möglichkeiten an, und Sie machen es

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