Der Pakt
so heftig regnet«, sagte er, nahm die Zigarette aus der Spitze und ersetzte sie durch eine neue aus dem Camel-Päckchen auf dem Schreibtisch. Auch mir bot er eine an. Ich nahm sie dankend, fand das silberne Dunhill-Feuerzeug in meiner Westentasche und gab uns Feuer.
Der Präsident bedankte sich auf Deutsch und setzte dann das Gespräch in dieser Sprache fort. Er sprach von der jüngsten amerikanischen Gefallenenzahl – 115000 Mann – und von den erbitterten Kämpfen, die sich gerade im süditalienischen Salerno abspielten. Sein Deutsch war gar nicht so schlecht. Dann wechselte er abrupt das Thema und schaltete wieder auf Englisch um.
»Ich habe einen Job für Sie, Professor Mayer. Einen heiklen Job. Zu heikel, um ihn dem Außenministerium anzuvertrauen.
Das hier muss unter uns bleiben, strikt unter uns. Das Problem mit diesen Kerlen im Außenministerium ist, dass sie ihren verflixten Mund nicht halten können. Ja, schlimmer noch, dass 12
das ganze Ministerium von Rivalitäten zerfressen ist. Ich nehme an, Sie wissen, was ich meine.«
Es war in Washington wohl bekannt, dass Roosevelt seinen Außenminister nie wirklich respektiert hatte. Cordell Hull galt allgemein nicht gerade als begnadeter Außenpolitiker, und mit seinen zweiundsiebzig Jahren ermüdete er leicht. Nach Pearl Harbor hatte sich FDR, was die eigentliche außenpolitische Arbeit anging, lange auf Vize-Außenminister Sumner Welles verlassen. Doch dann, vor einer Woche erst, hatte Welles plötzlich sein Rücktrittsgesuch eingereicht. In besser informierten Regierungs- und Geheimdienstkreisen wurde gemunkelt, Welles sei dazu gezwungen gewesen, nachdem er sich im Präsidentenzug auf der Fahrt nach Virginia eines »Aktes schwerwiegender moralischer Verderbtheit mit einem Negerschaffner« schuldig gemacht habe.
»Ich sage Ihnen ganz offen, dass sich diese verdammten Snobs im Außenministerium auf einiges gefasst machen können. Die eine Hälfte ist pro-britisch und die andere antisemitisch. Wenn man sie alle durch den Wolf drehen würde, käme immer noch nicht genug für einen anständigen Amerikaner heraus.«
Roosevelt trank von seinem Martini und seufzte. »Was wissen Sie über einen Ort namens Katyn?«
»Vor ein paar Monaten meldete der Reichssender Berlin die Entdeckung eines Massengrabs im Wald bei Katyn, in der Nähe von Smolensk. Die Deutschen behaupten, es enthalte die sterblichen Überreste von rund fünftausend polnischen Offizieren, die sich 1940, nach dem Nichtangriffspakt zwischen den Deutschen und den Sowjets, der Roten Armee ergeben hätten, nur um dann auf Befehl Stalins ermordet zu werden.
Goebbels hat jede Menge politisches Kapital daraus geschlagen.
Katyn ist das, was die deutsche Propagandamaschinerie seit dem Sommer in die Welt bläst.«
»Schon aus diesem Grund habe ich anfangs dazu tendiert, das Ganze für reine Nazi-Propaganda zu halten«, sagte Roosevelt.
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»Aber es gibt polnisch-amerikanische Radiosender in Detroit und Buffalo, die eisern daran festhalten, dass sich diese Gräueltaten tatsächlich ereignet haben. Es wurde sogar behauptet, meine Administration habe die Tatsachen vertuscht, um unser Bündnis mit den Russen nicht zu gefährden. Seit die Geschichte im Umlauf ist, habe ich bereits einen Bericht unseres Verbindungsoffiziers bei der polnischen Exilarmee, einen von unserem Marineattaché in Istanbul und einen von Premierminister Churchill persönlich erhalten. Ja, ich habe sogar ein Dossier der deutschen Wehrmacht-Untersuchungsstelle für Kriegsverbrechen bekommen. Im August schrieb mir Churchill und fragte mich, wie ich darüber dächte, und daraufhin habe ich alle einschlägigen Unterlagen dem Außenministerium übergeben, mit der Anweisung, sie sich anzusehen.«
Roosevelt schüttelte müde den Kopf. »Sie können sich denken, was passiert ist. Gar nichts! Hull schiebt natürlich alles auf Welles und behauptet, der habe wochenlang auf diesen Akten gesessen.
Tatsache ist, dass ich Welles die Akten gegeben und ihn gebeten habe, jemanden aus der Deutschlandabteilung des Ministeriums einen Bericht verfassen zu lassen. Dann hat Welles seinen Herzinfarkt bekommen, seinen Schreibtisch aufgeräumt und mir seinen Rücktritt angeboten. Was ich abgelehnt habe.
Unterdessen hat Hull dem Mann aus der DeutschlandAbteilung, Thornton Cole, Anweisung gegeben, die Akten Bill Bullitt zu geben und zu schauen, was unser Ex-Moskau-Botschafter damit anzufangen weiß. Bullitt hält sich für einen Russlandexperten.
Ob Bullitt
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