Der Pakt
sie. »Was war?«
»Er macht grässliche Martinis«, sagte ich. »Das war.«
»Du hast Martinis mit ihm getrunken?«
»Wir beide ganz allein. Als ob er Nick wäre und ich Nora Charles. Aus Dashiell Hammetts Dünnem Mann. «
»Und? Erzähl doch.«
»Zu viel Gin drin. Und viel zu kalt. Wie eine Landhausparty in England.«
»Ich meine, worüber habt ihr geredet?«
»Unter anderem über Philosophie.«
»Philosophie?« Diana verzog das Gesicht und setzte sich hin.
Jetzt schien sie schon nicht mehr ganz so aufgeregt. »Ist magenverträglicher als Schlaftabletten, nehme ich an.«
Diana Vandervelden war reich, extrovertiert, glamourös und von einem derart trockenen Humor, dass sie mich immer an eine der herberen Hollywood-Diven wie Bette Davis oder Katherine Hepburn erinnerte. Von einer geradezu unheimlichen Intelligenz, langweilte sie sich leicht und hatte deshalb einen Studienplatz am Bryn Mawr aufgegeben, um Damengolf zu spielen und 1936 beinahe die amerikanischen Damen-Amateurmeisterschaften zu gewinnen. Im Jahr darauf hatte sie 17
das Turnier-Golfen aufgegeben, um einen Senator zu heiraten.
»Mit meinem Mann, das war Liebe auf den ersten Blick«, sagte sie gern. »Aber nur, weil ich zu geizig war, mir eine Brille zu kaufen.« Diana war selbst kein sonderlich politischer Mensch.
Sie verkehrte lieber mit Schriftstellern und Malern als mit Senatoren, und trotz ihrer unbestreitbaren gesellschaftlichen Talente – sie war eine hervorragende Köchin, und um eine Einladung zu ihren Dinnerpartys riss sich ganz Washington –, war sie die Ehe mit ihrem Juristengatten bald leid. »Ich musste dauernd nur für seine Republikaner-Freunde kochen«, beschwerte sie sich später bei mir. »Perlen vor die Säue. Und zwar die ganze verdammte Austernfarm.« Als Diana 1940 ihren Mann verließ, gründete sie eine eigene Innendekorationsfirma.
Darüber lernten wir uns kennen. Kurz nachdem ich nach Washington übersiedelt war, schlug mir ein gemeinsamer Bekannter vor, sie mit der Gestaltung meines Hauses in Kalorama Heights zu betrauen. »Das Heim eines Philosophen, hm? Mal überlegen. Wie könnte das aussehen.? Wie wär’s mit jeder Menge Spiegel, alle in Nabelhöhe?« Unsere Freunde gingen davon aus, dass wir heiraten würden, aber Diana hielt nichts von der Ehe. Und ich auch nicht.
Unsere Beziehung war von Anfang an hochgradig sexuell, was uns beiden sehr recht war. Wir mochten uns sehr, sprachen aber beide nie groß von Liebe. »Wir lieben uns«, hatte ich Diana letzte Weihnachten erklärt, »so wie sich Leute lieben, die sich selbst noch ein ganz kleines bisschen mehr lieben.«
Und ich schätzte an Diana, dass sie Philosophie hasste. Das Letzte, was ich brauchte, war jemand, der die ganze Zeit über mein Fachgebiet reden wollte. Ich mochte Frauen. Vor allem, wenn sie so intelligent und geistreich waren wie Diana. Ich mochte es nur nicht, wenn sie über Logik reden wollten.
Philosophie kann im Salon eine höchst anregende Gefährtin sein, aber im Schlafzimmer ist sie schrecklich öde.
»Worüber hat Roosevelt noch geredet?«
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»Kriegsangelegenheiten. Ich soll ihm einen Bericht über etwas schreiben.«
»Wie überaus heroisch«, sagte sie und zündete sich eine Zigarette an. »Was kriegst du dafür? Einen Orden am Schreibmaschinenband?«
Ich musste grinsen, weil mich ihre demonstrative Verachtung amüsierte. Ihre Brüder waren 1939 freiwillig zur kanadischen Luftwaffe gegangen und, wie sie mir immer wieder erzählte, beide ausgezeichnet worden.
»Man könnte meinen, du hältst Geheimdienstarbeit nicht für wichtig, Liebling.« Ich ging zum Schnapstablett hinüber und goss mir einen Scotch ein. »Auch einen?«
»Nein, danke. Weißt du, ich glaube, ich bin dahinter gekommen, warum das hierzulande intelligence heißt. Weil intelligente Leute wie du es dadurch immer schaffen, aus der Schusslinie zu bleiben.«
»Jemand muss doch ein Auge darauf haben, was die Deutschen im Schilde führen.« Ich nahm einen Schluck von dem Scotch, der nach dem Genuss von Roosevelts Einbalsamierungsflüssigkeit ungemein gut schmeckte und mein Inneres angenehm wärmte. »Aber wenn es dir Lust bereitet, mich als Feigling hinzustellen, dann bitte, nur zu. Ich kann es verkraften.«
»Vielleicht ist es das, was mich am meisten stört.«
»Mich stört es nicht, dass es dich stört.«
»So also funktioniert das. Mit der Philosophie.« Diana beugte sich in ihrem Sessel vor und drückte ihre Zigarette aus. »Worum geht es überhaupt in
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