Der Prinz der Hölle
mindestens zehn, wenn nicht zwölf Türen führen.«
»Sind dort Wachen?« fragte Sonja.
»Höchstwahrscheinlich. Aber wir können uns durch die Korridore von hinten anschleichen und ihnen keine Möglichkeit mehr geben, Alarm zu schlagen. Von der Galerie aus haben wir einen guten Überblick über den Thronsaal, und wir können in Ruhe unseren nächsten Schritt überlegen.
Wir sind genügend, dass einige sich in den ersten Stock, schleichen und die Wachen auf der Galerie töten können, während wir vom Erdgeschoß aus in den Thronsaal dringen.«
»Ihr habt recht, Sonja. Das müsste zu schaffen sein.«
»Rechnet mit dem Tod«, warnte sie alle. »Doch bevor er uns trifft, müssen wir Du-jum töten. Was auch kommen mag, wir werden Omeron und Thesrad rächen!«
Sie bildeten nunmehr vier Gruppen, und jede prägte sich ihren Weg durch die Geheimgänge ein, die sie in den Staub gezeichnet hatten.
Elath zog Sonja kurz zur Seite und sagte: »Omeron hat Glück, dass Ihr einen Freund in ihm seht, Sonja, denn ich bin überzeugt, kein Thesrader würde williger für seine gute Sache kämpfen und sterben als Ihr. Und doch spürte ich, als Ihr sagtet, wir würden Omeron und Thesrad rächen, andere Namen hinter diesen. Habe ich recht, Rote Sonja?«
Sonja antwortete nur mit einem Blick. Es störte sie, dass der junge Zauberer so tief in ihrer Seele lesen konnte. Olin … Suthad …
Bei Sonnenuntergang trafen zweiundfünfzig Edle pünktlich im Palast ein, und man wies ihnen mit ihren Dienern Plätze an einem langen U-förmigen Tisch vor drei Wänden des riesigen Saales an. In der Mitte des mittleren Teils der U-Form stand gegen die Wand Du-jums Thron auf einem niedrigen Podest, und zu beiden Seiten davon waren die Stühle für Yarise und die sechs jungen Zauberer.
In Saalmitte war ein großes Rad hochaufgestellt, auf das der nackte Omeron mit gespreizten Armen und Beinen gebunden war. Der Fürst lebte, sollte jedoch offenbar nach dem Festmahl gemartert werden – zur Unterhaltung und als Warnung?
Als die Edlen den Saal betraten, erschraken sie zutiefst, ihren hochverehrten Fürsten so gedemütigt vorzufinden. Einigen kamen unwillkürlich die Tränen, andere protestierten laut gegen diese Behandlung, und ein paar versuchten sich Omeron zu nähern, doch Du-jums Wächter ließen es. nicht zu.
Kein Wort kam über des Fürsten Lippen, obgleich mehrere sich flehentlich fragend an ihn wandten. Was hätte er ihnen auch schon sagen können, was sie nicht ohnehin sahen: dass ihr Lord, der ehemalige Herrscher des jetzt unterdrückten Thesrads, der Willkür des Eroberers ausgeliefert war?
Inzwischen hastete ein Wächter den Gang entlang zu Du-jums Gemächern.
»Mein Lord!« schrie er und hämmerte aufgeregt auf die Tür.
Du-jum bereitete sich gerade auf die Zauberei für die abendliche Darbietung vor. Er war angespannt und schon halb in Trance.
»Mein Lord! Eine wichtige Neuigkeit!«
Wütend rief Du-jum mit schwerer Zunge: »Hinfort! Ich darf nicht gestört werden, wenn ich mich in diesem Gemach aufhalte! Noch ein Wort von dir, und ich töte dich!«
Bestürzt überlegte der Wachmann, was er tun sollte. Wenn er die dringende Botschaft nicht seinem Gebieter übermitteln konnte, musste er sie Prinzessin Yarise anvertrauen!
Er fand sie in einem Vorgemach des Thronsaals, wo auch sie sich auf ihren großen Auftritt vorbereitete. Mit einer tiefen Verbeugung flüsterte er: »Die Gefangenen sind entflohen!«
»Was hast du gesagt?« Sie war sichtlich erschrocken und zog den Mann zur Seite. »Erzähl mir!«
»Ich versuchte, Lord Du-jum Bescheid zu geben, Herrin, aber er schickte mich ungehört fort, weil er sich in sich selbst zurückgezogen hatte. Es stimmt, Gebieterin. Irgendwie ist es den Gefangenen gelungen, sich aus ihren Zellen zu befreien. Sie töteten die Wärter. Wir haben sofort alles nach den Entflohenen abgesucht, konnten sie jedoch nirgends finden!«
»Und Du-jum weiß nichts davon?«
»Nein, Herrin.«
Yarise überlegte. Ganz gewiss befanden sich genügend Wächter über den gesamten Palast verteilt, um sie und ihre Gäste ausreichend zu schützen. Diese Sache kam ihr im Grund genommen gerade recht – etwas, das Du-jum nicht wusste! Sie würde die Gelegenheit nutzen – sobald die Entflohenen gefunden waren, würde sie sie alle töten, und so Du-jum ihren Wert beweisen und sich seine Dankbarkeit sichern.
»Stör ihn nicht mehr«, warnte sie den Wächter. »Ich werde mich der Angelegenheit annehmen. Und sprich
Weitere Kostenlose Bücher