Der Puls von Jandur
Hand.
Im Weggehen hörte er Lev-Chi sagen: »Seht zu, dass Ihr in einem Stück bleibt, junger Herr.«
Sehr witzig. Für den Asiaten würde er ewig der junge Herr bleiben, den er wieder zusammenflicken musste.
Ehe sich Matteo nach Veloy umsehen konnte, huschte Yassin völlig außer Atem in den Saal und überreichte ihm die versprochene Hose. »Probiert sie gleich an, mein Prinz, notfalls kann ich sie austauschen.«
»Was, hier?«, fragte Matteo skeptisch, merkte aber sofort, wie abwegig seine Schamhaftigkeit auf Yassin wirken musste. Der Saal war voller Männer, die mehr oder weniger nicht bei Sinnen waren, und Saya wandte ihm gerade den Rücken zu. Kein Grund sich zu genieren. Rasch entledigte er sich seiner Sachen und schlüpfte in die beige Uniformhose. Sie saß wie angegossen. »Perfekt, danke.«
»Es war mir eine Ehre, mein Prinz.« Yassin schnappte sich das dreckige Häufchen Stoff, das Matteo einfach fallen gelassen hatte, und verbeugte sich.
»Halt!«, rief Matteo. »Fast hätte ich vergessen …« Er griff in die Tasche seiner verdreckten Hose, wo der iPod ganz still alle Gefahren mit ihm überlebt hatte, und holte ihn hervor. »Den brauche ich noch.«
Yassin wies auf eine seitliche Einschubtasche an Matteos Uniformhose. »Da hinein. Seht ihr, mein Prinz? Die Tasche ist wie geschaffen für dieses … Ding.« Schon war er wieder fort.
Fasziniert über Yassins Begabung – nicht Verkäufer, sondern Designer! –, verstaute Matteo den iPod und zog seine Stiefel wieder an.
Als er auf Veloy zuging, der eben einen Quellbruder behandelte, spürte dieser seine Gegenwart sofort und richtete sich auf. Lächelnd blickte er Matteo entgegen.
Die Zwillinge waren sich wirklich unglaublich ähnlich. Die gleichen langen Wimpern, das kantige Kinn, die vollen Lippen. Nur hatte Veloy mittlerweile die Züge eines Zwanzigjährigen. Neben Lith würde er von nun an stets älter wirken, aber das war nichts, was ihn sonderlich zu belasten schien.
»Danke«, sagte Veloy nach einem langen Blick.
Matteo runzelte die Stirn. Eigentlich hatte er sich ja bei Veloy bedanken wollen. »Wofür denn?«
»Dafür, dass du all das auf dich genommen hast. Dass du meiner Schwester bis Eznar gefolgt bist.«
Veloy war in die ganze verrückte Geschichte eingeweiht. Sonst hätte er ihn nie mit einem Du angesprochen.
Matteo grinste schief. »Sie hat mir keine Wahl gelassen.«
Das war nur die halbe Wahrheit. Ja, die längste Zeit hatte er wirklich nach Liths Pfeife getanzt. Doch vor den Toren Kiraşas hatte er seine eigene Wahl getroffen. Er hatte seine Bestimmung angenommen, das Unmögliche versucht. Und es hatte ihn befreit und gestärkt.
Veloy nickte nachdenklich. »Ja, so ist sie. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kämpft sie wie ein Barca, um es auch zu erreichen.«
Ganz egal, ob andere dabei draufzahlen , fügte Matteo in Gedanken hinzu.
»Du kannst dich glücklich schätzen, ihr Freund zu sein. Sie wird dich nie im Stich lassen, verlass dich drauf.«
So? Das klang überhaupt nicht nach der Lith, die er kannte.
Matteo musste schmunzeln. Er hätte Veloy eine Menge Dinge erzählen können, die seine hohe Meinung von seiner Schwester ins Wanken gebracht hätten. Aber das war eine Sache zwischen ihm und Lith.
Er klopfte Veloy auf die Schulter. »Dir auch Danke. Du hast mir das Leben gerettet.«
Veloy schüttelte den Kopf. »Ach was, ich habe nur den Quell geholt. Bedanke dich bei meiner Schwester.«
Matteo nickte ihm zu und wollte sich auf die Suche nach Lith machen. Sie hatte Matteos Weg so lange begleitet, dass er sich beinahe einsam vorkam ohne sie. Als ob etwas fehlte. Zumindest wollte er wissen, ob es ihr gut ging. Doch im Hinausgehen wurde er aufgehalten.
»Das war eine beeindruckende Vorführung, junger Lord«, sagte jemand zu seinen Füßen.
Es war Reylan, der hier in der Ecke neben der Tür saß und ihm gequält zulächelte. Quer über seinem Jochbein verlief eine grausam tiefe Schnittwunde und seine Uniform war blutbefleckt. Wieder einmal. Ernsthafte Verletzungen schien er allerdings nicht davongetragen zu haben. Man hatte ihm seinen Waffengurt abgenommen und obendrein verschnürt wie ein …
»Fellbündel.« Matteo grinste und kam zu dem Schluss, dass er Reylan auf eine ganz bestimmte Art mochte.
»Hmpf.«
»Sie haben mich vor dem Galgen bewahrt.«
Reylan verzog die Mundwinkel. »Eine reine Notwendigkeit.« Er räusperte sich. »Wenn Ihr an Eurem Kampfstil übt, werdet Ihr ein großer Krieger.«
Er
Weitere Kostenlose Bücher