Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
er. »Ich legte einen Samen in eine Kartoffel, und während die Tomaten nach oben wuchsen, wuchsen die Kartoffeln nach unten. Mit dem Ergebnis war ich recht zufrieden.«
    »Vermißt du deinen Garten?« fragte Acuas.
    »Nein. Und das macht mich traurig.«
    »Hat dir dein Leben als Priester gefallen?« fragte Katan.
    Decado blickte den schlanken jungen Mann mit dem sanften Gesicht an. »Gefällt dir dein Leben als Krieger?« fragte er zurück.
    »Nein. Überhaupt nicht.«
    »In gewisser Weise habe ich mein Leben genossen. Es war gut, sich eine Zeitlang zu verstecken.«
    »Wovor hast du dich versteckt?« fragte Balan.
    »Ich glaube, du weißt die Antwort. Ich handle mit dem Tod, mein Freund - das habe ich immer getan. Manche Menschen können malen, andere schaffen schöne Dinge aus Stein oder mit Worten. Ich töte. Aber Stolz und Scham passen nicht gut zusammen, und ich fand die Disharmonie erschreckend. Im Augenblick des Tötens war es ein Segen, aber danach …«
    »Was geschah danach?« fragte Acuas.
    »Kein Lebender konnte es im Kampf mit Waffen mit mir aufnehmen. Deshalb waren meine Feinde keine Gegner, sondern Opfer. Ich war kein Krieger mehr, ich war ein Mörder. Dann wuchsen die Zweifel in mir. Als der Drache aufgelöst wurde, reiste ich auf der Suche nach Gegnern durch die Welt, doch ich fand keine. Dann erkannte ich, daß es nur einen einzigen Mann gab, mit dem ich mich messen konnte, und ich beschloß, ihn herauszufordern. Auf dem Weg zu seinem Wohnort in Ventria saß ich drei Tage lang in einem Sandsturm fest. Das verschaffte mir Zeit, darüber nachzudenken, was ich eigentlich tat. Wißt ihr, der Mann war mein Freund. Doch wäre der Sturm nicht gekommen, hätte ich ihn getötet. Damals bin ich nach Hause zurückgekehrt, zu den Drenai, und habe versucht, mein Leben zu ändern.«
    »Und was ist aus deinem Freund geworden?« fragte Katan.
    Decado lächelte. »Er wurde ein Fackelträger.«
    Der Ratssaal hatte schon bessere Tage gesehen. Jetzt hatten die Ulmenholzintarsien an den Wänden ein Muster aus Holzwurmlöchern, und das bemalte Mosaik, das Druss die Legende darstellte, war zu großen Teilen abgefallen, so daß man den grauen Schimmel auf dem Verputz sehen konnte.
    Etwa dreißig Männer und ein Dutzend Frauen und Kinder saßen auf den Holzbänken und lauschten einer Frau, die auf dem Senatssessel saß. Sie war groß und starkknochig und hatte breite Schultern. Ihr dunkles Haar war dicht und voll wie eine Löwenmähne, und ihre grauen Augen funkelten vor Zorn.
    »Hört euch doch bloß an!« rief sie, sprang auf und strich ihren schweren grünen Rock glatt. »Reden, reden, reden! Und was soll das alles? Wollt ihr aufgeben? Wollt ihr euch Ceskas Gnade unterwerfen? Petar, steh auf!«
    Ein Mann erhob sich mit gesenktem Kopf. Er wurde tiefrot.
    »Heb deinen Arm!« brüllte die Frau, und der Mann tat wie geheißen. Die Hand fehlte, und der Stumpf zeigte noch Spuren des Teers, mit dem die Wunde verschlossen worden war.
    »Das ist Ceskas Gnade! Bei allen Göttern, ihr habt laut genug gejubelt, als meine Männer aus den Bergen kamen und die Soldaten von eurem Land verjagten. Damals konntet ihr gar nicht genug für uns tun! Und jetzt, wo sie zurückkommen, wollt ihr euch lieber winselnd verstecken. Aber ihr könnt euch nirgendwo verstecken. Die Vagrier lassen uns nicht über ihre Grenze, und ihr könnt sicher sein, daß Ceska uns nicht vergeben und vergessen wird!«
    Ein Mann mittleren Alters erhob sich neben dem hilflosen Petar. »Es hat keinen Sinn zu schreien, Rayvan. Was haben wir denn für eine Wahl? Wir können sie nicht besiegen. Wir werden alle sterben.«
    »Jeder stirbt mal, Vorak!« zürnte die Frau. »Oder weißt du das noch nicht? Ich habe sechshundert kämpfende Männer, die behaupten, wir könnten die Legion schlagen. Und noch weitere fünfhundert warten nur darauf, zu uns zu stoßen, wenn wir erst mehr Waffen haben.«
    »Angenommen, wir treiben die Legion zurück«, sagte Vorak, »was geschieht, wenn Ceska seine Bastarde schickt? Von welchem Nutzen sind deine Kämpfer dann?«
    »Das werden wir sehen, wenn es soweit ist«, versprach sie.
    »Wir werden gar nichts sehen. Geh dorthin zurück, wo du hergekommen bist, und laß uns unseren Frieden mit Ceska machen. Wir wollen dich hier nicht«, rief Vorak.
    »Ach, du sprichst jetzt wohl für alle, was, Vo-rak?« Rayvan stieg von der Empore und marschierte auf den Mann zu. Er schluckte schwer, als sie drohend vor ihm stand; dann packte sie ihn am Kragen und

Weitere Kostenlose Bücher