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Der Schnee war schmutzig

Der Schnee war schmutzig

Titel: Der Schnee war schmutzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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ist in das Schicksal gefahren, daß es plötzlich so großmütig ist und ihm nach einem solchen Geschenk, das es so wenigen Menschen gewährt, auch noch ein weiteres macht? Statt ihn zu vernehmen, wie es aller Wahrscheinlichkeit nach hätte geschehen müssen, erhebt sich der Chef, setzt den Hut auf und zieht seinen Pelz an, was zum erstenmal vorkommt, und man führt Frank wieder in sein Zimmer.
    Er war es sich schuldig, seine Hochzeitsnacht schlaflos zu verbringen, und man hat ihn dabei nicht gestört. Er spürt keine Müdigkeit mehr. Beim Aufstehen ist er ruhig und beherrscht. Er erwartet seine Wächter. Er blickt zu dem Fenster dort drüben, aber es ist gleichgültig, ob sie ihn holen, bevor es sich öffnet.
    Sissy ist in ihm.
    Er geht hinter dem Zivilisten und vor dem Soldaten. Man läßt ihn warten, aber auch das ist ihm gleich. Es ist das letztemal. Es wird das letztemal sein müssen. Sicherlich spiegelt sich sein inneres Glück in seinem Gesicht, denn der Chef sieht ihn, als er den Kopf hebt, einen Augenblick lang verwundert an und mustert ihn dann neugierig.
    »Setzen Sie sich.«
    »Nein.«
    Es wird kein Verhör im Sitzen werden; er hat es so beschlossen.
    »Ich möchte Sie vor allem bitten, eine wichtige Erklärung abgeben zu dürfen.«
    Er wird ganz ruhig sprechen. Das wird seinen Worten mehr Gewicht geben.
    »Ich habe die Uhren gestohlen, und ich habe Fräulein Vilmos, die Schwester des Uhrmachers in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, ermordet. Ich hatte schon einen Ihrer Unteroffiziere ermordet, an der Ecke der Sackgasse neben der Gerberei, weil ich seinen Revolver haben wollte. Ich habe noch viel Schändlicheres begangen. Ich habe das größte Verbrechen der Welt begangen, aber das geht Sie nichts an. Ich bin weder ein Phantast, noch ein Agitator, noch ein Patriot. Ich bin ein Lump. Seit Sie mich verhören, habe ich es darauf angelegt, Zeit zu gewinnen, weil ich unbedingt Zeit gewinnen mußte. Nun ist es zu Ende.«
    Er holt nicht Atem. Man könnte glauben, er versuche die eisige Stimme des Chefs nachzuahmen, aber bisweilen ähnelt seine Stimme mehr der Hoists.
    »Von all dem, was Sie erfahren möchten, weiß ich nichts. Das kann ich Ihnen versichern. Wenn ich aber etwas davon wüßte, würde ich es Ihnen nicht sagen. Sie können mich fortan so lange verhören, wie Sie wollen. Ich werde kein einziges Wort mehr sagen. Sie haben die Möglichkeit, mich zu foltern. Ich fürchte mich nicht vor der Folter. Sie haben die Möglichkeit, mir das Leben zu versprechen. Ich will nicht mehr leben. Ich will sterben. Möglichst bald und auf die Art, die zu bestimmen Ihnen gefällt.
    Nehmen Sie es mir nicht übel, daß ich so zu Ihnen spreche. Ich habe nichts gegen Sie. Sie haben Ihre Pflicht getan. Ich aber habe beschlossen, zu schweigen, und dies sind die letzten Worte, die ich an Sie richte.«
    Man hat ihn geschlagen. Man hat ihn drei- oder viermal geholt, um ihn zu schlagen. Das letztemal hat man ihn in dem Büro nackt ausgezogen. Die Männer mit dem Schnurrbart verrichten ihre Arbeit ohne Leidenschaft. Zweifellos auf Befehl haben sie ihm harte Stöße mit den Knien gegen die Genitalien versetzt, und er ist rot geworden, weil er einen Augenblick an Kromer und Sissy gedacht hat.
    Er hat nur noch die Suppe zum Essen. Das andere hat man ihm weggenommen.
    Es wird nicht mehr lange dauern. Wenn sie sich nicht beeilen, könnte es von selbst kommen.
    Er hofft immer noch, daß man ihn in den Keller führen wird. Im Grunde ist es seine alte Manie, immer eine Sonderbehandlung zu fordern.
    Über der Turnhalle ist immer noch das Fenster, das Fenster, das sein Fenster hätte sein können, und die Frau, die Sissy hätte sein können.
    Eines Morgens, als es wieder zu schneien begonnen hat, entschließen sie sich endlich dazu. Man könnte glauben, sie kämen vor der Zeit, denn der Himmel ist dunkel, und die Wolken hängen tief. Sie sind zunächst in das Klassenzimmer nebenan gegangen. Er hat nicht geglaubt, daß auch er an der Reihe sein würde. Dann haben sie die drei Männer, die sie sich ausgesucht hatten, auf dem Gang warten lassen und plötzlich seine Tür aufgestoßen.
    Er ist bereit. Es hat keinen Sinn, den Mantel anzuziehen. Er weiß Bescheid. Er beeilt sich. Er will nicht die drei anderen warten lassen, die frieren. Im Halbdunkel versucht er, ihre Gesichter zu erkennen, und das ist das erstemal, daß er sich für die in dem Zimmer nebenan interessiert.
    Sie müssen hintereinander über die Galerie gehen.
    Wie die anderen

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