Der Schreibcoach
schreiben und den Namen des Ansprechpartners nicht kennen, so schreiben Sie übrigens „Dear Sir or Madam“, und zwar in dieser Reihenfolge, auch wenn das für uns ungewohnt ist.
Besonders beliebt in der angelsächsischen Welt ist es, zwischen den Personalpronomen „er“ und „sie“ abzuwechseln. Also zum Beispiel von „the author“ als „she“ zu schreiben und von „the reader“ als „he“.
Schon im Englischen lenkt mich das ab, weil es mich immer wieder darauf aufmerksam macht, dass der Autor oder die Autorin geschlechtergerecht schreiben möchte. Ein Verhalten, das lobenswert ist, aber auch meine Konzentration mal mehr, mal weniger beeinträchtigt. Und im Deutschen lässt es sich nur umsetzen, wenn Sie auch bei den Substantiven abwechseln. Also mal von „dem Autor“ sprechen und im nächsten Satz oder Absatz von „der Autorin“.
Mancher Begriff wirkt in der Mehrzahl weniger „männlich“ als in der Einzahl, etwa „die Zuschauer“ im Vergleich zu „der Zuschauer“. Einige Frauen und Mädchen werden sich eher angesprochen fühlen, wenn Sie sie auf Ihrer Website mit „Liebe Besucher“ statt mit „Lieber Besucher“ begrüßen. (Natürlich können Sie auch schreiben „Liebe Besucherinnen und Besucher“.)
Im Idealfall sind die weibliche und männliche Pluralform identisch: die Angestellten, die Jugendlichen.
Der Plural hat den weiteren Vorteil, dass er das Personalpronomen „sie“ nach sich zieht beziehungsweise die Relativpronomen „die“, „deren“ und „denen“ und diese gelten ja tatsächlich für beide Geschlechter.
Einige favorisieren sogenannte substantivierte Partizipien, Hauptwörtern also, die sich von Verben ableiten, weil auch hier die Mehrzahl bei beiden Geschlechtern gleich ist. Also „Beschäftigte“ statt „Mitarbeiter“ oder „Studierende“ statt „Studenten“.
So recht begeistern kann ich mich nicht dafür, beispielsweise „Lehrende“ statt „Lehrer“ zu schreiben, zumal mit „Lehrenden“ auch UniversitätsprofessorInnen und andere DozentInnen gemeint sein können, während Lehrer meist für in der Schule unterrichtende Menschen verwendet wird. Bastian Sick, Kolumnist bei SPIEGEL ONLINE und Buchautor, bemängelt darüber hinaus:
„Der Lesende aber ist kein Lesender mehr, wenn er das Buch aus der Hand legt, und so ist auch der Studierende kein Studierender mehr, wenn er zum Beispiel auf die Straße geht, um gegen Sparmaßnahmen zu demonstrieren.“
Ein Vorschlag lautet, man solle Verben ins Passiv setzen, um die Nennung von weiblichen und männlichen Handelnden oder das Wörtchen „man“ zu vermeiden. Das lehne ich ab (siehe das Kapitel „Nicht so passiv“ ).
Wenn es passt, können Sie Substantive oder andere Begriffe verwenden, die weiblich oder neutral sind, etwa:
das Mitglied,
die Person,
die Fachkraft, Hilfskraft, Lehrkraft und so weiter (je nach Zusammenhang finde ich das passend oder gestelzt),
das (Lehrer)Kollegium,
die Fachleute, Ratsleute und so weiter,
alle, die (statt jede/r, die oder der)
manche, einige, viele und so weiter.
Gefunden habe ich auch „das Team“ statt „die Mannschaft“. Wobei ich persönlich den „Mann“ in diesem Wort gar nicht wahrnehme und es mir nicht unangenehm auffällt, wenn von der deutschen Frauenfußballnationalmannschaft die Rede ist.
Ebenso wenig übrigens stört mich die Verwendung des Wörtchens „man“ und ich finde es auch nicht praktikabel, darauf zu verzichten.
Mit den folgenden Begriffen, die manche Quellen empfehlen, sollten Sie meiner Meinung nach sparsam umgehen, denn sie haben etwas von Beamtendeutsch (wie auch die Verwendung des Passivs) und wirken farblos, altbacken und gestelzt:
die Kundschaft, die Studentenschaft und so weiter,
die Lehrpersonen (statt Lehrer),
das Personal,
die Führung(sspitze).
Wenn es passt, sprechen Sie Ihre Leserinnen und Leser direkt an. So, wie ich es in diesem Büchlein tue. Ich schreibe nicht „Autorinnen und Autoren sollten Wiederholungen vermeiden“ , sondern „Sie sollten Wiederholungen vermeiden“.
Manchmal können Sie sich auch eines Verbs bedienen und statt „Verfasser dieses Berichts sind …“ formulieren „Geschrieben haben diesen Bericht …“
Manche Autoren ziehen sich aus der Affäre, indem sie, vor allem bei Büchern, einmal zu Anfang (etwa im Vorwort) erklären, dass immer beide Geschlechter gemeint sind, selbst wenn sie ausschließlich die männliche Form bestimmter Bezeichnungen verwenden (etwa der Lehrer, Arzt oder
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