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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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hatten.
    »Vielleicht tust du ja heute was Sinnvolles«, sagte Ford leise zu dem URA. »Rette deinen Ruf.«
    Das Gerät funkelte in der Sonne. Ford trat an die Reling und spähte hinaus. Aus der Luft waren die Wale besser zu sehen, vom Schiff aus besser zu identifizieren. Nach einer Weile tauchten nacheinander einige Grauwale auf und pflügten durch die Wellen.
    Die Stimme des Beobachtungspostens von der Brücke erklang im Funkgerät.
    »Rechts hinter uns. Lucy.«
    Ford wirbelte herum, hob den Feldstecher und sah gerade noch eine schartige, steingraue Fluke abtauchen.
    Lucy!
    Einer der Wale hieß so. Ein kapitaler Grauwal von 14 Metern Länge. Lucy hatte sich gegen die Lady Wexham geworfen. Vielleicht war es sogar Lucy gewesen, die den dünnwandigen Rumpf aufgerissen hatte, sodass Wasser eingedrungen und das Schiff voll gelaufen war.
    »Bestätigt«, sagte Ford. »Leon?«
    Über die isolierte Frequenz waren alle miteinander verbunden. Die Insassen der DHC-2 hörten, was an Bord der Whistler gesprochen wurde.
    »Bestätigt«, sagte Anawak im Funkgerät.
    Ford blinzelte in die Sonne und sah das Flugzeug tiefer gehen, wo die Fluken verschwunden waren.
    »Na dann«, sagte er mehr zu sich selbst. »Waidmannsheil.«
     
    Aus einhundert Metern Höhe wirkte selbst der wuchtige Schlepper wie ein liebevoll gebasteltes Modell. Dafür erschienen die Meeressäuger umso größer. Anawak sah mehrere Grauwale dicht unter der Wasseroberfläche dahinziehen, ruhig und gemächlich. Gebrochenes Sonnenlicht tanzte auf den kolossalen Körpern. Jedes der Tiere war vollständig zu sehen. Obwohl nur knapp ein Viertel so lang wie die Whistler, nahmen sie sich geradezu absurd gewaltig aus.
    »Weiter runter«, sagte er.
    Die DHC-2 ging tiefer. Sie zogen über das Rudel hinweg und näherten sich der Position, an der Lucy abgetaucht war. Anawak hoffte, dass der Wal nicht auf Fresstour gegangen war. In dem Fall würden sie lange warten müssen. Aber möglicherweise war es hier nicht seicht genug. Ebenso wie Buckelwale ernährten sich auch Grauwale auf ganz eigene Weise. Sie tauchten auf Grund und weideten die Sedimente ab, indem sie sich seitwärts drehten und bodenbewohnende Organismen in sich hineinsaugten, Kleinkrebse, Zooplankton und ihre Leibspeise, Fadenwürmer. Gewaltige Furchen solcher Fressorgien überzogen die Böden vor Vancouver Island, aber dafür verirrten sich die grauen Riesen selten in tiefere Gewässer.
    »Gleich wird's ein bisschen zugig«, sagte der Pilot. »Danny?«
    Der Schütze grinste einmal in die Runde. Dann öffnete er dieSeitentür und klappte sie zurück. Ein Schwall kalter Luft drang herein und wirbelte die Haare der Insassen durcheinander. Von einem Moment zum anderen wurde es brüllend laut im Innenraum. Delaware langte hinter sich und reichte Danny die Armbrust.
    »Sie werden nicht viel Zeit haben«, sagte Anawak. Er musste laut sprechen, um gegen das Knattern des Windes und den Motorenlärm anzukommen. »Wenn Lucy auftaucht, bleiben ihnen nur wenige Sekunden, um die Sonde zu platzieren.«
    »Wohl eher euer Problem als meines«, erwiderte Danny. Er schob sich, die Armbrust in der Rechten, aus dem Sitz, bis er halb im Gestänge unter dem Flügel saß. »Bringt mich einfach schön nah ran.«
    Delaware schüttelte mit runden Augen den Kopf. »Ich kann nicht hinsehen.«
    »Was?«, fragte Anawak.
    »Das geht doch nicht. Ich seh ihn schon im Wasser liegen.«
    »Keine Bange«, lachte der Pilot. »Die Jungs können noch ganz andere Sachen.«
    Das Flugzeug schoss dicht über den Wellen dahin, jetzt knapp auf Augenhöhe mit der Brücke der Whistler. Sie überflogen die Stelle, an der Lucy abgetaucht war. Nichts war zu sehen.
    »Kreisen«, rief Anawak dem Pilot zu. »Sehr eng. Lucy wird ziemlich genau dort wieder auftauchen, wo sie verschwunden ist.«
    Die DHC-2 legte sich abrupt in die Kurve. Plötzlich schien das Meer auf sie zuzukippen. Danny hing wie ein Affe in den Stangen, eine Hand am Türrahmen, in der anderen die gespannte Armbrust. Unter ihnen zeichnete sich die Silhouette eines auftauchenden Wales ab. Dann durchbrach ein grauer, glänzender Buckel die Wasseroberfläche.
    »Juchhu!«, brüllte Danny.
    »Leon!« Das war Ford über Funk. »Das ist der Falsche. Lucy schwimmt uns steuerbord voraus.«
    »Verdammt!«, fluchte Anawak.
    Er hatte sich verschätzt. Lucy war offenbar fest entschlossen, sich nicht an die Regel zu halten.
    »Danny! Nicht.«
    Das Flugzeug hörte auf zu kreisen und sank noch tiefer. Die Wellen

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