Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
interessiert. Er wusste, wo diese Funktion war! Er wusste auch, wozu die anderen Instrumente dienten, und was man tun musste, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Er musste sich lediglich erinnern.
    Erinnere dich.
    Wie sterbende Spinnen krochen seine Finger über die Tastatur, verschmiert von Blut. Seinem Blut.
    Erinnere dich!
    Dort. Die Funktion. Und daneben ...
    Viel konnte er nicht mehr tun. Das Leben strömte aus ihm heraus, aber ein letzter Rest Kraft verblieb ihm noch. Es würde reichen. Fahr zur Hölle, Li!
     
     
    Li
    Judith Li starrte aus der Kuppel. Wenige Meter vor ihr erstreckte sich die Stahlwand der Schleuse. Das Boot sank gemächlich der offenen See entgegen. Einen Meter noch, vielleicht weniger, und sie würde die Propeller starten. Dann steil nach unten seitlich wegziehen. Falls die Independence innerhalb der nächsten paar Minuten sank, wollte sie möglichst weit entfernt sein.
    Wann würde sie auf die ersten Yrr-Kollektive stoßen? Ein größeres Kollektiv konnte Probleme machen, das wusste sie, und sie hatte keine Vorstellung davon, wie groß sie wurden. Vielleicht griffen auch Orcas an. In beiden Fällen würde ihr die Bewaffnung den Weg frei schießen. Kein Grund zur Sorge.
    Sie musste auf die blaue Wolke warten. Der richtige Moment, das Gift abzuschießen, lag unmittelbar vor der Verschmelzung.
    Diese verfluchten Einzeller würden sich wundern.
    Spaßiger Gedanke. Konnten sich Einzeller wundern?
    Plötzlich wunderte sie sich selber. Etwas an den Armaturen hatte sich gerade verändert. Eines der Kontrolllämpchen war erloschen, das ihr anzeigte, dass die Steuerung auf ihrer Seite ...
    Die Steuerung!
    Sie hatte die Kontrolle über die Steuerung verloren! Alle Funktionen waren zum Piloten zurückgeschaltet worden. Stattdessen blinkte ein Display auf, das in grafischer Anordnung vier Torpedos zeigte, zwei schmale und zwei größere, die Panzerbrecher.
    Einer der Panzerbrecher leuchtete.
    Li stöhnte entsetzt auf. Mit dem Handballen schlug sie auf die Konsole, um die Kontrolle wieder auf ihren Platz zurückzulegen, aber der Befehl zum Abschuss ließ sich nicht rückgängig machen. Im Wasserblau ihrer Augen leuchtete die Anzeige weiter und zählte unerbittlich rückwärts:
    00.03... 00.02... 00.01 ...
    »Nein!«
    00.00.
    Ihr Gesicht versteinerte.
     
     
    Torpedo
    Der Panzerbrecher, den Johanson abgeschossen hatte, raste aus seiner Röhre. Knapp drei Meter bahnte er sich seinen Weg durchs Wasser, dann prallte er gegen die Stahlwand der Schleuse und explodierte.
    Eine ungeheure Druckwelle erfasste das Deepflight. Es krachte gegen die rückwärtige Wand. Aus der Schleuse schoss eine riesige Wasserfontäne. Noch während sich das Tauchboot überschlug, ging der zweite Torpedo hoch. Mit ohrenbetäubendem Krachen flog das halbe Welldeck in die Luft. Ein Feuerball blähte sich, in dem das Deepflight, seine beiden Insassen und die giftige Fracht so vollständig vergingen, als habe es sie nie gegeben. Trümmerteile bohrten sich in Decke und Wände und zerfetzten die achterlichen Ballasttanks, die augenblicklich voll liefen, während durch den Krater, der einmal der Boden eines künstlichen Hafenbeckens gewesen war, Tausende Tonnen Meerwasser einströmten.
    Das Heck der Independence sackte ab.
    Sie begann in rasender Geschwindigkeit zu sinken.
     
     
    Flucht
    Anawak und Crowe hatten es bis an den Rand der Rampe geschafft, als die Schockwelle der Explosion das Schiff durchlief.
    Die Erschütterung warf sie von den Beinen. Anawak wurde durch die Luft gewirbelt, sah die rauchverhangenen Wände des Rampentunnels um sich kreisen, bevor er Kopf voran in den schwarzen Schlund stürzte. Neben ihm drehte sich Crowe im freien Fall, verschwand aus seinem Sichtfeld. Der geriffelte Stahl drosch ihm gegen Schultern, Rücken, Brust und Becken und schürfte ihm die Haut von den Knochen. Er kam auf, schlug einen Salto, wurde von einer Druckwelle erfasst und herumgeschleudert, sodass er für die Dauer eines Augenblicks den Eindruck hatte, wieder zurückgeschossen zu werden nach oben. Unbeschreiblicher Lärm drang an sein Ohr, als ob das ganze Schiff in Fetzen ginge. Unaufhaltsam fiel er weiter, flog in hohem Bogen auf schäumendes Wasser zu und tauchte unter.
    Sofort erfasste ihn ein unerbittlicher Sog. In seinen Ohren brodelte es. Er strampelte mit Armen und Beinen, um dem Sog entgegenzuarbeiten, ohne jede Ahnung, wo oben und unten war. Hatte es nicht so ausgesehen, als werde die Independence Bug voran versinken? Wieso

Weitere Kostenlose Bücher