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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Äquator, wo die Passatwinde die Wasser teilen und tropische Hitze dich erwärmt. Du steigst zur Oberfläche und wirst nach Westen gezogen, mitten hinein ins Durcheinander Indonesiens: Inseln und Inselchen, Strömungen, Strudel, Untiefen und Wirbel, ein Durchkommen scheint unmöglich. Südlich treibt es dich an den Philippinen vorbei und durch die Makassarstraße zwischen Borneo und Sulawesi. Du könntest dich durch die Lombokstraße quetschen, aber da gibt es diese Umgehungsstraße östlich um Timor herum, eine bessere Route, über die du endlich den offenen Indischen Ozean erreichst.
    Jetzt auf Afrika zu.
    Die warmen Untiefen des Arabischen Meeres sättigen dich mit Salz. Entlang Mosambik reist du nach Süden, Agulhasstrom heißt eure Reisegesellschaft jetzt. Du fließt immer schneller in Vorfreude auf den Ozean deiner Herkunft, stürzt dich in das große Abenteuer, das so viele Seeleute das Leben gekostet hat, das Kap der Guten Hoffnung – und wirst zurückgeworfen. Zu viele Strömungen prallen hier aufeinander. Der antarktische Place de l'Etoile mit seinem Freitagnachmittagsverkehr ist allzu nahe. Sosehr du dich mühst, du kommst nicht recht voran. Schließlich löst du dich mit anderen in einem Wirbel von der Hauptströmung, und endlich treibst du in den Südatlantik. Mit der Äquatorströmung driften du und deinesgleichen nach Westen, in riesigen Wirbeln dreht ihr euch vorbei an Brasilien und Venezuela bis nach Florida und werdet auseinander gerissen.
    Du hast die Karibik erreicht, das Geburtsbecken des Golfstroms. Aufgeladen mit tropischer Sonne beginnst du deinen Zug hinauf nachNeufundland und weiter in Richtung Island, treibst stolz an der Oberfläche und verteilst generös deine Wärme an Europa, als hättest du endlos davon. Unmerklich wird dir kälter, und das verdunstende Wasser des Nordatlantiks hinterlässt dir eine Bürde aus Salz, die immer schwerer wiegt, und plötzlich findest du dich über dem Grönländischen Becken wieder, dem Ausgangspunkt deiner Reise.
    Du warst eintausend Jahre unterwegs.
    Seit der Isthmus von Panama den Pazifik vom Atlantik trennte, nehmen Wasserpartikel diesen Weg, seit mehr als drei Millionen Jahren. Seitdem gilt, dass nur eine Verschiebung der Kontinente den Verlauf der thermohalinen Zirkulation verändern könnte. Galt! Der Mensch hat das Klima aus dem Gleichgewicht gebracht. Und während sich die Klimakontrahenten noch darüber verbreiten, ob diese Erwärmung zu einem Abschmelzen der Polkappen und damit zu einem Stopp des Golfstroms führen könnte oder nicht, stoppt er bereits, weil die Yrr ihn stoppen. Sie stoppen die Reise der Partikel, sie stoppen die Wärme für Europa, sie stoppen die Zukunft der selbst ernannten Rasse Gottes. Denn sie wissen sehr genau, was geschehen wird, wenn die Zirkulation zum Erliegen kommt, ganz im Gegensatz zu ihren Feinden, die niemals wissen, welche Folgen ihr Handeln nach sich zieht, die sich nicht an die Zukunft erinnern, weil ihnen das genetische Gedächtnis fehlt, die Erkenntnis, wie aus Anfang Ende und aus Ende Anfang wird im Sinnschluss der Schöpfung.
     
    Tausend Jahre, kleiner Partikel. Mehr als zehn Menschengenerationen, und du hast die Welt einmal umrundet.
    Tausend solcher Reisen, und der Meeresboden hat sich einmal vollständig erneuert.
    Hunderte solcher Erneuerungen, und Meere sind verschwunden, Kontinente auseinander gerissen worden, während andere zusammenwuchsen, neue Ozeane sind entstanden, das Gesicht der Welt hat sich gewandelt.
    Eine Sekunde deiner Reise, kleiner Partikel, und einfachstes Leben entsteht und vergeht. Nanosekunden, und Elementarteilchen wechseln ihre Plätze. In noch kürzerer Zeit vollziehen sich chemische Reaktionen.
    Irgendwo dazwischen der Mensch.
    Über allem die Yrr.
    Der sich seiner selbst bewusst gewordene Ozean.
    Du hast die Welt durchreist, wie sie war und wie sie ist, als Teil des großen Kreislaufs, der keinen Anfang und kein Ende kennt, nur Variation und Wiederkehr. Seit dieser Planet geboren wurde, verändert er sich. Alle Lebewesen bilden ein einziges Gewebe, das die Erde überzieht, untrennbar in ihren Ernährungsbeziehungen miteinander verbunden. Einfaches wechselt mit Komplexem, viel Leben ist auf ewig verschwunden, anderes entwickelt sich neu, manches war immer da und wird die Erde besiedeln, bis sie in die Sonne stürzt.
    Irgendwo dazwischen der Mensch.
    Irgendwo in allem die Yrr.
    Was siehst du?
     
    Was siehst du?
    Weaver fühlt sich unglaublich müde, als sei sie Jahre

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