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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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unheimliche Kräfte. Er wand den Körper aus dem Griff des Grafen und schleifte ihn halb aufrecht durch die zuckende Vorhalle und in die Synagoge hinein.
     
    Als Maria das zweischiffige Gewölbe betrat, stellte sie erstaunt fest, dass der Succubus nicht untätig geblieben war. Überall brannten Kerzen und Fackeln, die das Innere der Altneuschul in ein warmes, vibrierendes Licht tauchten. Das Gold und Messing und Silber warf den Schein tausendfach und milde zurück; es war, als leuchte der Raum aus sich selbst heraus, als sei das Flackern auf den vielen spiegelnden Oberflächen das Flackern eines Geistes, eines Gehirns.
     
    Auf dem Boden vor dem offenen Schrein mit den Schriftrollen hatte die Frau einen magischen Kreis gezeichnet; er war mit vielen Symbolen kunstvoll verziert. Die Finger der Frau waren mit frischem Rot besudelt. Maria begriff, dass es das Blut der getöteten Bandenmitglieder war, das sie sorgfältig eingesammelt hatte.
     
    Hilarius und der Graf führten den Schreckensmann hin zu jenem Hochsitz rechts neben dem Schrein und setzten ihn darauf. Die Dunkelheit, die aus ihm floss, schien sich zu verdichten. Er saß reglos und stumm da; es war nicht zu erkennen, ob er etwas vom dem wahrnahm, was um ihn herum vor sich ging.
     
    »Nun wartet deine Erlösung auf dich, heiligmäßiger Hilarius«, keuchte der Graf. »Und die Erlösung der ganzen Welt.«
     
    »Die ist mir egal«, jammerte der Pater und hielt sich wieder den Bauch. »Mich kümmert nur noch mein eigener Friede.« Er krümmte sich, als habe ihn jemand in den Bauch getreten.
     
    »Umso besser«, murmelte der Graf. »Dann sollten wir beginnen. Stell dich in die Mitte des Kreises, Hilarius. Und du auch, Maria.« Beide begaben sich in das Zentrum der Blutlinien.
     
    Der Graf und seine Begleiterin lächelten einander zu. Es war ein Lächeln, das das Feuer der Hölle hätte vereisen können. Sie standen sich jetzt außerhalb des Kreises gegenüber, erhoben die Hände und stimmten einen hellen, hohlen Gesang an, von dem Maria nicht ein einziges Wort begriff. Von dort aus, wo sie stand, konnte sie den Schreckensmann sehen. Die Schwärze, die er ausstieß, verdichtete sich mit jedem Ton. Und hinter den winzigen Augenschlitzen seiner grässlichen, unförmigen Maske loderten Blitze. Die Schwärze stieg in Wirbeln zur Decke, die sich inzwischen hob und senkte wie der Brustkorb eines ungeheuerlichen Tieres, und verdeckte bald die Rippen des Gewölbes. Wie schwarze Wolken hing sie unter dem Himmel des Raumes.
     
    Der Gesang wurde lauter und endete in einem Schrei. Nun war die gesamte Decke verschwunden; die schwarze Masse, die sie verbarg, machte einen lebendigen Eindruck – wie eine träge sich windende Schlange.
     
    Und auch der Schreckensmann veränderte sich. Er wurde größer – und verlor gleichzeitig seine scharf umrissene Form. Er schien sich an seiner eigenen Schwärze zu mästen, wurde glänzend und fett und rund – wie ein Wurm. Dann sprang mit einem hohlen Geräusch die Maske von ihm ab.
     
    Maria kämpfte wie eine Verrückte um die Macht, den Blick senken zu können, und schließlich gelang es ihr. War es zu spät? Was sie für eine Sekunde gesehen hatte, drohte ihr den Kopf auszubrennen.
     
    Nun hallten Worte eines Gebets durch den Raum – eines Gebets, das nur an einen Gott der Finsternis gerichtet sein konnte. Die gutturalen Laute ähnelten keiner Sprache, die Maria je gehört hatte. Sie vereinigten sich mit dem, was sie einen Augenblick lang hatte sehen müssen.
     
    O ja, die Gestalt hatte noch ein Gesicht. Es war nicht mehr das Gesicht eines Menschen, doch es war noch zu Ausdrücken in der Lage, die ein Mensch verstehen konnte. Sein Anblick hatte sich wie eine Säure in ihre Seele gefressen. Alle Qualen der Hölle, alle Freude des Paradieses, alles Sehnen und Hoffen und Leiden der gesamten Menschheit.
     
    Sie sah Hilarius an. Der alte Pater hatte den Blick nicht abgewendet. Sein Mund stand offen, Speichel rann ihm am Kinn herab, verfing sich in seinen schmutzig grauen Bartstoppeln und reflektierte das Licht genauso hell wie das Gold und Silber der Synagoge. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Sein Bauch zuckte und zitterte, und er heulte mit zwei Stimmen gleichzeitig: seiner eigenen und einer dunklen, die sich an der Schwärze sattzufressen schien, welche der Schreckensmann ausstieß.
     
    Die Gebete wurden immer noch lauter und wilder; es war das Geschrei von Besessenen oder in himmlische Verzückung Geratenen.
     
    Dann

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