Der Schwur der Königin
gehört. Doch jetzt sprach Torquemada zu einem anderen Publikum – nicht in mir wollte er ein Feuer entzünden, sondern in Fernando. Er hatte meinen Gemahl aus der Ferne studiert, und zwar mit demselben Wissen, das er einst bei mir bewiesen hatte. Er hatte die beiden Schwächen Fernandos entdeckt – die Angst vor ausufernder Häresie und die Wut über die ständige Armut, die uns auf keinen grünen Zweig kommen ließ.
»Ihr sagt, ihr Reichtum übersteige den unseren?« Fernando richtete sich auf. Mit einem Mal war jeder Eindruck von Nachdenklichkeit verschwunden.
Torquemada neigte den geschorenen Kopf. »Ja, mein König. Und mit Verlaub, wenn Ihr das Edikt Seiner Heiligkeit zur Einrichtung der Inquisition unterstützt, können wir mit Gottes Werk beginnen, die Reinen von den Besudelten zum Ruhm der Kirche und zum Wohle Eurer Schatzkammer zu trennen.«
Ich kam Fernando zuvor. »Wie das? Inwiefern genau wird das Heilige Tribunal unserem Schatzamt nützen?«
Torquemadas Blick glitt mit beklemmender Vertrautheit zu mir herüber. »Das Eigentum der Verdammten wird wieder der Krone zufallen, Eure Majestät. Das gehörte mit zu den Bedingungen, die Ihr persönlich Seiner Heiligkeit unterbreitet habt, nicht wahr? Habt Ihr nicht die Forderung gestellt, dass die Heilige Inquisition in ihrer Gesamtheit – von den Bevollmächtigten bis hin zum Vollzug der Strafen – in Euren Händen bleiben solle?«
Die Zähne aufeinandergepresst, widerstand ich dem Drang wegzuschauen. Als wäre es möglich, in die Vergangenheit zurückzukehren, sah ich mich selbst wieder in jener langen Nacht vor so vielen Jahren, als ich Torquemada in Segovia kennengelernt hatte – eine bekümmerte Heranwachsende, auf der das Gewicht der ganzen Welt gelastet hatte. Damals hatte er mir meine innersten Wünsche angesehen und mir Trost gespendet, der mir geholfen hatte, meine Kraft zu sammeln. Jetzt war ich mir bezüglich seiner Person nicht mehr so sicher. Seit dem Tag, an dem er gekommen war, um mir ein Versprechen abzupressen, während Enrique im Sterben lag, hatte ein Keim des Zweifels in mir gegärt.
Der Zweifel ist die Magd des Teufels, die er zu uns geschickt hat, damit sie uns ins Verderben lockt.
»Es kann doch gewiss nicht so viel Reichtum geben, wie Ihr ihn in Aussicht stellt«, erwiderte ich in dem Gefühl, dass Fernando mich fast so eindringlich anstarrte wie Torquemada. »Und ich habe gewiss keine gegen Juden gerichtete Maßnahmen angeordnet. Nur conversos , habe ich gesagt – nur diejenigen, die in unserem Glauben geirrt haben.«
Torquemada stand reglos da, ohne mit der Wimper zu zucken. Schließlich blickte ich an ihm vorbei und meinem Beichtvater, Fray Talavera, ins Gesicht. Er nickte mir aufmunternd zu. Wie ich verfolgte er Torquemadas gnadenlose Bestrebungen, die Juden aus dem Reich zu verjagen, mit zunehmendem Unbehagen. Auch wenn die von uns berufene Kommission Kardinal Mendoza unterstand, hatte der Mönch sich nach und nach mit seiner hitzigen Rhetorik an ihre Spitze gesetzt.
»Und was ist mit meinem Erziehungsprogramm?«, fuhr ich fort. »Ich habe angeregt, dass ausgebildete und erfahrene Geistliche ins ganze Reich entsandt werden sollen, um die Prinzipien unseres Glaubens zu predigen. Sie hatten den Auftrag, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die ihn missverstanden haben oder mit irrigen Vorstellungen herangewachsen sind, auf sanfte Weise belehrt und in unsere Herde zurückgeführt werden.«
»Allerdings.« Kardinal Mendoza räusperte sich. »Und unsere Geistlichen haben getan, was Eure Majestät sie geheißen haben. Unter diesen Dokumenten werdet Ihr Berichte von achtzig Priestern finden, die leider alle darin übereinstimmen, dass diese Häresie unter den conversos in den meisten Fällen zu tief verwurzelt ist, als dass sie sich je durch Unterweisung in der Doktrin tilgen ließe. Besonders betrüblich ist die Situation in Andalusien, weil viele der Marranos dort die Lehren der Kirche ablehnen, wenn nicht sogar anfechten. Ihren Seelen droht darum die ewige Verdammnis. Als Gottes gesalbte Monarchin ist es Eure Pflicht, sie zu retten.«
Und Torquemada warf abrupt dazwischen: »Eure Majestät scheinen zu vergessen, dass Ihr gelobt habt, Euch der Ausrottung der Häresie zu widmen, sobald Ihr Königin seid. Jetzt Euer Versprechen zu leugnen, das kommt der Sünde der Häresie gleich.«
Wütend umklammerte ich die Armlehnen meines Stuhls, als Talavera einwandte: »Bei allem gebotenen Respekt, aber ich bin der Beichtvater
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