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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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unter die Augen gekommen.«
    »Und ihr werdet mich auch nie wieder sehen, das verspreche ich«, sagte Alvin. »Und ihr könnt sicher sein, daß ich dies hier erzählen werde, wohin ich auch komme - Westville, Kenituck, wo ein Fremder nichts zu essen bekommt und ein Mann schuldig ist, bevor er überhaupt die Anklage gehört hat.«
    »Wenn kein Wort wahr ist«, sagte die alte Frau, »woher hast du dann gewußt, daß Davy Crockett die Geschichte erzählt hat?«
    Die anderen nickten und murmelten, als wäre das ein entscheidender Punkt.
    »Weil mir Davy Crockett diesen Vorwurf ins Gesicht gesagt hat«, antwortete Alvin, »und er ist der einzige, der mich und meinen Jungen je angesehen und für Einbrecher gehalten hat. Ich will euch sagen, was ich ihm gesagt habe. Wenn wir Einbrecher sind, warum sind wir dann nicht in einer großen Stadt, wo es viele schöne Häuser auszurauben gibt? Ein Einbrecher könnte verhungern, wenn er versucht, in einer armen Stadt wie dieser etwas Wertvolles zu stehlen.«
    »Wir sind nicht arm«, sagte der Mann auf der Veranda.
    »Ihr habt nichts zu essen übrig«, sagte Alvin. »Und kein Haus hier hat eine Tür, die man abschließen kann.«
    »Seht ihr?« kreischte die alte Frau. »Er hat schon unsere Türen überprüft, um festzustellen, wie leicht er einbrechen kann!«
    Alvin schüttelte den Kopf. »Manche Leute sehen Sünde in Sperlingen und das Böse in Weidenbäumen.« Er nahm Arthur Stuart an den Schultern und traf Anstalten, die Stadt auf demselben Weg zu verlassen, wie sie sie betreten hatten.
    »Halt, Fremder!« rief ein Mann hinter ihnen. Sie drehten sich um und erblickten einen großen Mann zu Pferde, der langsam auf der Straße näher kam. Die Leute machten ihm Platz.
    »Rasch, Arthur«, murmelte Alvin. »Was meinst du, wer das ist?«
    »Der Müller«, sagte Arthur Stuart.
    »Schönen guten Morgen, Mr. Miller!« rief Alvin zum Gruß.
    »Wie habt ihr mein Gewerbe erraten?« fragte der Müller.
    »Der Junge hier hat geraten«, sagte Alvin.
    Der Müller ritt näher und richtete den Blick auf Arthur Stuart. »Und wie konntest du das erraten?«
    »Sie sprechen wie jemand, der Autorität hat«, sagte Arthur Stuart, »und Sie reiten ein Pferd, und die Leute machen Ihnen Platz. In einer Stadt dieser Größe bedeutet das, daß Sie der Müller sind.«
    »Und in einer größeren Stadt?« fragte der Müller.
    »Wären Sie Anwalt oder Politiker«, sagte Arthur Stuart.
    »Der Junge ist ja ein ganz Schlauer«, sagte der Müller.
    »Nein, er plappert einfach nur so daher«, sagte Alvin. »Ich habe ihn immer gehauen, aber beim letztenmal habe ich einfach aufgegeben. Doch ich habe festgestellt, was ihm das Mundwerk stopft, das ist Essen, vorzugsweise Pfannkuchen, aber wir wären auch mit Eiern zufrieden, hartgekochte, gerührte, gebratene oder verlorene.«
    Der Müller lachte. »Kommt mit zu meinem Haus, das keine drei Ruten jenseits des Dorfplatzes an der Straße zum Fluß hinunter liegt.«
    »Wissen Sie«, sagte Alvin, »mein Vater ist ein Müller.«
    Der Müller legte den Kopf schief. »Wie kommt es dann, daß Sie nicht in seine Fußstapfen treten?«
    »Ich stehe in einer Liste von acht Söhnen ziemlich weit unten«, sagte Alvin. »Können nicht alle Müller sein, darum habe ich mich für Schmied entschieden. Aber ich kann gut mit Mühlengerät umgehen, falls Sie mich unser Frühstück verdienen lassen wollen.«
    »Kommt mit, dann werden wir schon sehen, wieviel Sie wissen«, sagte der Müller. »Was diese Leute angeht, beachten Sie sie gar nicht. Wenn ein Reisender hier durchkommen und ihnen erzählen würde, daß die Sonne aus Butter gemacht ist, würden sie alle versuchen, sie sich auf das Brot zu streichen.« Sein Heiterkeitsausbruch nach dieser Bemerkung fand keine einhellige Zustimmung, aber davon ließ er sich nicht beirren. »Ich habe auch einen Pferdeschuppen, wenn Sie sich also für eine etwas schwerere Arbeit nicht zu schade sind, hätte ich Pferde zu beschlagen.«
    Alvin nickte zustimmend.
    »Nun, dann geht vor zum Haus und wartet auf mich«, sagte der Müller. »Dauert nicht lange. Ich muß nur noch meine Wäsche abholen.« Er sah die Frau an, die Alvin als erste angesprochen hatte. Sie verschwand augenblicklich ins Haus, um die Kleidungsstücke zu holen, deretwegen der Müller gekommen war.
    Auf der Straße zur Mühle, als die Dorfbewohner sie nicht mehr sehen konnten, fing Alvin an zu kichern.
    »Was ist so komisch?« fragte Arthur Stuart.
    »Dieser Bursche, der die Hose um die

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