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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Knöchel liegen hatte, während ihm der Schrot aus der Donnerbüchse gerollt ist.«
    »Ich mag diesen Müller nicht«, sagte Arthur Stuart.
    »Nun, er gibt uns ein Frühstück, also schätze ich, kann er nicht ganz schlecht sein.«
    »Er hat nur die Leute aus der Stadt vorgeführt«, sagte Arthur Stuart.
    »Also entschuldige bitte, aber ich glaube nicht, daß das den Geschmack der Pfannkuchen beeinflussen wird.«
    »Ich mag seine Stimme nicht.«
    Da fuhr Alvin hoch und wurde aufmerksam. Stimmen gehörten zum Kniff von Arthur Stuart. »Stimmt was nicht an der Art, wie er redet?«
    »Er hat etwas Gemeines in sich«, sagte Arthur Stuart.
    »Kann gut sein«, sagte Alvin. »Aber seine Gemeinheit ist besser, als wieder nach Nüssen und Beeren zu suchen oder ein Eichhörnchen von den Bäumen zu holen.«
    »Oder schon wieder Fisch.« Arthur verzog das Gesicht.
    »Müllern sagt man häufig nach, daß sie gemein sind«, sagte er. »Die Leute müssen ihr Getreide mahlen lassen, das schon, aber sie glauben immer, daß der Müller zuviel nimmt. Darum sind Müller daran gewöhnt, daß die Leute ihnen Vorhaltungen machen. Vielleicht hast du das in seiner Stimme gehört.«
    »Vielleicht«, sagte Arthur Stuart. Dann wechselte er das Thema. »Wie hast du den Pflug verborgen, als du deinen Sack aufgemacht hast?«
    »Ich hab gewissermaßen unter dem Sack ein Loch im Boden aufgemacht«, sagte Alvin, »und da ist der Pflug einfach reingesunken.«
    »Wirst du mir beibringen, wie man so etwas macht?«
    »Ich werde mein Bestes tun, zu lehren«, sagte Alvin, »wenn du dein Bestes tust, zu lernen.«
    »Wie steht es damit, den Schrot aus einem Gewehr kullern zu lassen, das auf einen gerichtet ist?«
    »Ich habe mit meinem Kniff das Papier zerrissen, aber seine eigene Hose war schuld, daß er den Lauf schräg gehalten hat, so daß der Schrot rausrollen konnte.«
    »Und seine Hosen hast du nicht fallen lassen?«
    »Wenn er seine Hosenträger angezogen hätte, wäre seine Hose prima oben geblieben«, sagte Alvin.
    »Aber es ist alles Unschöpfung, richtig?« fragte Arthur Stuart. »Schrot verschütten, Hosen runterlassen, den Leuten Schuldgefühle einflößen, weil sie einen nicht hereingebeten haben.«
    »Hätte ich zulassen sollen, daß sie uns ohne Frühstück wegjagen?«
    »Ich habe schon oft aufs Frühstück verzichtet.«
    »Du bist vielleicht ein Nörgler«, sagte Alvin. »Warum betrachtest du neuerdings alles so kritisch, was ich tue?«
    »Du bist derjenige, der mich ein Kanu mit den bloßen Händen hat aushöhlen lassen«, sagte Arthur Stuart. »Um mir das Schöpfen beizubringen. Also halte ich die Augen offen, wieviel Schöpfung du vollbringst. Aber ich sehe nur, wie du etwas unschöpfst.«
    Alvin nahm ihm das ein wenig krumm. Wurde nicht wütend, aber irgendwie nachdenklich, und den Rest des Wegs zum Haus des Müllers sagte er nicht mehr viel.
     
    Rund eine Woche später arbeitete Alvin also zum erstenmal, seit er das Haus seines Vaters in Vigor Church verlassen hat und Schmiedelehrling in Hatrack River geworden ist, wieder in einer Mühle. Anfangs war er glücklich, strich mit den Händen über die Maschinen und analysierte, wie die Zahnräder ineinandergriffen. Arthur Stuart, der ihm dabei zusah, konnte feststellen, daß jede Maschine, die er anfaßte, etwas ruhiger lief - etwas weniger Reibung, etwas besserer Halt -, daher floß immer mehr Energie von dem Wasser, das über das Mühlrad floß, in den kreisenden Mühlstein. Und der drehte sich schneller und besser und fraß sich nicht mehr so häufig fest. Rack Miller, denn das war sein Name, fiel es ebenfalls auf, aber da er Alvin nicht bei der Arbeit gesehen hatte, ging er davon aus, daß er es mit Werkzeugen und Schmiermittel bewerkstelligt hatte. »Ein guter Tropfen Öl und ein waches Auge können bei Maschinen Wunder wirken«, sagte Rack, und Alvin mußte ihm zustimmen.
    Aber nach den ersten Tagen ließ Alvins Glücksgefühl nach, denn er sah allmählich, was Arthur Stuart von Anfang an aufgefallen war: Rack war einer der Gründe, warum Müller so einen schlechten Ruf hatten. Es war ziemlich unterschwellig. Leute brachten einen Sack Mais, der zu Mehl gemahlen werden sollte, und Rack warf die Körner händeweise auf den Mühlstein und strich das Maismehl in eine Mulde und in denselben Sack zurück, den die Leute gebracht hatten. So machten es alle Müller. Niemand machte sich die Mühe, vorher und nachher zu wiegen, weil jedermann wußte, daß auf dem Mühlstein immer etwas Mehl

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