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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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kapitel eins
    »Oh, wie furchtbar!«, stöhnte meine Mutter und spielte nervös mit ihren Haaren, während wir im Schneckentempo den Long Island Expressway entlangkrochen. Der Stau erstreckte sich vor uns so weit das Auge reichte. »Wann geht es denn endlich weiter?«, fragte sie meinen Vater. »Sollen wir vielleicht den ganzen Sommer im Auto verbringen?«
    »Als wäre das meine Schuld!«, antwortete Dad, so entnervt wie selten. »Außerdem sind wir unterwegs zu deiner Familie, nicht zu meiner, Maxine.«
    Wir alle waren gereizt. Die schwüle New Yorker Hitze hatte sich über uns ausgerollt wie ein Teppich, so feucht, dass sie uns am Atmen hinderte und an unseren Achseln zu lecken schien. Wir waren schon seit Tagen unterwegs, und seitdem die Klimaanlage irgendwo in der Nähe von Pennsylvania den Geist aufgegeben hatte, lagen bei uns allen die Nerven blank.
    Papa hatte behauptet, die Fahrt nach New York sei ein »Abenteuer« und wir bräuchten bei unseren Verwandten »ein zusätzliches Auto«. Doch wir alle wussten, dass wir aus Kostengründen nicht geflogen waren. Vier Flugtickets kamen für Papa nicht in Frage, weil sein Baumarkt ums Überleben kämpfte und seine Ersparnisse für die Rente innerhalb von drei Monaten aufgezehrt worden waren – genau bei so vielen anderen auch seit dem Beginn der Wirtschaftskrise.
    »Das ist doch Scheiße!«, maulte meine Schwester Eva. Sie blies eine große Kaugummiblase, die explodierte und klebrige Reste hinten auf der Kopfstütze meiner Mutter hinterließ.
    »Lass das, Eva Marie!«, mahnte Mama. »Und keine Kraftausdrücke, Liebling. Es gehört sich nicht, so zu reden, und bitte benimm dich deinen Cousinen gegenüber.«
    Das war so ungefähr die schlimmste Standpauke, die meine kleine Schwester Eva, die freche Göre der Familie und Mamas Liebling, von meiner Mutter zu erwarten hatte. Eva war neun und hatte die größten tiefblauen Augen, die man sich vorstellen konnte – so groß und so blau, dass sie sie »direkt bis nach Hollywood bringen würden«, wie meine Mutter ihr ständig vorhersagte. Eva hieß nach Eva Marie Saint, einer Schauspielerin in dem alten Film ›Die Faust im Nacken‹.
    Auch ich wurde nach einer Schauspielerin benannt: Mia Farrow, doch anders als Eva gleiche ich meiner spindeldürren blonden Namensvetterin keinen Deut. Zum Glück meiner Mutter gingen mit ihrer zweiten Tochter all ihre Wünsche in Erfüllung. Sie bekam eine bildschöne Kopie ihrer selbst, die ihren Traum würde verwirklichen können: ein Star zu werden. Das Letzte, was ich jemals angestrebt hätte.
    »Mia, soll ich ein bisschen das Radio einschalten?«, fragte Papa. Ich fing seinen Blick im Rückspiegel auf und lächelte, weil Papa immer auf meiner Wellenlänge war. Dadurch herrschte eine gewisse Gerechtigkeit an der Kinderfront.
    »Bitte nicht diesen Sender«, sagte ich rasch, als die Knistergeräusche im Radio zu einer erkennbaren Melodie wurden. »Ich hasse dieses Lied.« Dabei war ›Forever‹ früher eines meiner Lieblingslieder gewesen. Bis vor sechs Wochen, als mir mein Freund Jake den Laufpass gegeben hatte.

    »Ich habe das nicht gewollt«, sagte Jake.
    Wir standen draußen vor der Schule. Ich versuchte, ihn nicht direkt anzusehen, weil ich sonst angefangen hätte zu weinen. Stattdessen starrte ich auf seine Schuhe.
    »Das mit uns ist mir zu schnell zu eng geworden. Ich brauche meinen Freiraum.«
    »Baggerst du deswegen Gabi an? Um deinen Freiraum zu haben?«, fauchte ich. »Wie soll das gehen?« Ich hob den Blick und starrte ihn an, wobei ich mir vorstellte, wie sich Gabi Santiago, deren Körper aus nichts als langen Beinen zu bestehen schien, über meinen Freund drapierte. »Andererseits«, höhnte ich, »gibt es bei Gabi ja eine Menge Freiraum. Zwischen ihren Ohren nämlich.«
    »Du fährst im Sommer weg, Gabi bleibt hier.« Es schien Jake peinlich zu sein. »Da wollte ich es dir lieber vorher sagen.« Er zappelte nervös und rollte ein Skateboard unter seinem Fuß hin und her, als könne er es kaum erwarten, loszusprinten, weg von mir. »Es tut mir leid, Mia. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll.«
    Aber ich dachte, ich liebe dich! Schon allein bei dem Gedanken an das Wort »Liebe« wurde mir speiübel. In diesen Jungen hatte ich mich gleich auf den ersten Blick verliebt. Mein erster Freund. Wir waren nur zwei Monate zusammen gewesen, aber es hatte sich angefühlt wie eine Ewigkeit. So, wie sich Liebe anfühlen sollte.
    »Wie lange geht das schon?«, fragte ich mit

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