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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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über ihre Fingerspitzen herabgestreift. Behutsam drückte sie die Klinke nach unten. Sie ließ sich vollkommen lautlos bewegen und auch die Tür öffnete sich ohne das geringste Geräusch. Mit angehaltenem Atem zog sie sie einen Spaltbreit auf, lugte vorsichtig in den Korridor hinaus. Auch hier wölbte sich die Decke hoch über ihr zu einem glänzenden Bogengang. Kunstvoll gearbeitete Säulen ragten aus dem spiegelnden Fußboden auf. Sie wurden von Mäandern aus schimmernden Kristallen umschlungen, die auch die Wände zierten. Blaue Flammen tanzten auf schweren Eiskandelabern und tauchten alles in kaltes Licht. Kein Laut war zu hören. Der Gang lag verlassen vor ihr. Langsam öffnete Cassim endgültig die Tür und trat auf den Korridor hinaus. Ihr Zimmer befand sich offensichtlich an seinem Ende, also gab es für sie nur eine Richtung, in die sie gehen konnte. Die Ärmel des Hemdes zum Schutz vor der Kälte noch immer bis über die Fingerspitzen herabgezogen, tastete sie sich an der Wand entlang vorwärts. Die weichen Sohlen ihrer Stiefel verursachten kein Geräusch. Von Zeit zu Zeit blieb sie stehen und lauschte
mit angehaltenem Atem, doch da war nichts außer dem Pochen ihres eigenen Herzens.
    Sie kam an kunstvoll verzierten Türen vorbei, jede einzelne von ihnen verschlossen. Zuweilen kreuzten schmalere Gänge den, in dem sie sich befand. Bis auf einen waren sie alle nur schwach erleuchtet, doch ein seltsames Stöhnen und Flüstern wehte ihr aus diesem entgegen, sodass Cassim sich beeilte, seinen Eingang hinter sich zu lassen. Erst als um sie her erneut vollkommene Stille herrschte, wagte sie wieder zu atmen.
    Irgendwann mündete der Gang in einen anderen, breiteren Korridor. Wachsam spähte Cassim um die Ecke – und erstarrte. Vor einer hohen, doppelflügligen Tür lagen zwei riesige weiße Firnwölfe.
    Die Bestien hoben die Köpfe und sahen zu ihr herüber. Einer der beiden fehlte ein Stück eines Ohres, während eine Narbe quer über die Schnauze der anderen verlief. Obwohl sie keine Anstalten machten, sich auf sie zu stürzen, lähmte der Blick ihrer gelben Augen Cassim. Sie starrten sie einfach nur unverwandt an. Bis sie mit einem dunklen Grollen ihre mörderischen Fänge fletschten.
    »Da bist du ja, Menschenmädchen. Ich habe dich gesucht.«
    Mit einem Schrei stolperte Cassim herum. Kälte biss in ihre Finger, als sie sich haltsuchend an der Wand abstützte. Hinter ihr wurde das Knurren der Firnwölfe bedrohlicher. Ihre Krallen klickten auf dem glatten Boden, als sie sich erhoben. Hastig wich sie von dem Eis zurück und versuchte gleichzeitig, so viel Abstand wie nur möglich zu den weißen Bestien zu gewinnen, während sie gebannt die Frau ansah, die vor ihr stand. Seltsam glitzernde Augen blickten aus einem Gesicht zurück, dessen Züge so fein waren, dass sie beinah durchscheinend wirkten. Die Haut schimmerte hell, fast weiß, und ihr Haar hatte die Farbe von frisch gefallenem Schnee. Amethyste und Saphire waren hineingeflochten und blitzten mit
den silbernen Stickereien ihres Gewandes aus hellgrüner Perlseide um die Wette.
    »Wer … seid Ihr?« Cassim brachte nur ein raues Flüstern zustande. Das Lächeln, mit dem die Frau sie bedachte, machte selbst das Schlucken unmöglich.
    »Ich habe dich gesucht, Menschenmädchen. – Komm, die Königin hat nach dir geschickt.« Ohne den Firnwölfen einen einzigen Blick zu gönnen, drehte sie sich um und ging den Korridor entlang, dem Cassim zuvor gefolgt war.
    »Die … Königin?« Verwirrt sah sie der Frau nach. Das Knurren der beiden Ungeheuer hinter ihr wurde wieder zu einem Grollen. »Ich meine … welche Königin? Wo bin ich hier?«
    »Die Eiskönigin natürlich, du dummes Ding.« Die Fremde wandte sich ungeduldig zu ihr um. »Du befindest dich in ihrem Palast. – Jetzt komm endlich! Man lässt Königin Lyjadis nicht warten.«
    Die Eiskönigin? Feuer und Erde, steht mir bei! Hatte Cassim sich vor den Firnwölfen gefürchtet, so lähmte die Angst vor der grausamen, sagenumwobenen Herrin von Eis und Sturm jede Faser ihres Körpers. Das Gelächter der Frau perlte durch den Korridor. »Gaff nicht, als wolle dich jemand fressen, dummes Ding. An dir ist viel zu wenig Fleisch. – Du wirst die Ehre haben, der Königin einen Dienst zu erweisen. Deshalb wurdest du hierhergebracht. – Und nun komm! Beeil dich! Oder willst du, dass Sie statt meiner die Wachen schickt, um dich zu Ihr zu führen?«
    Noch immer wie benommen, schüttelte Cassim den Kopf, warf einen

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