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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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traute meinen Augen kaum. Der Mann hatte sich die Felswand hinuntergleiten lassen, um mich in Schussweite zu bekommen. Nur wenige Minuten trennten ihn vom Erfolg.
    Er war auf einem kleinen Felsabsatz gelandet, und wäre es ihm gelungen, drei oder vier Meter seitwärts zu gehen, hätte er einen weiteren Absatz erreicht. Von dort aus hätte er mich in aller Ruhe und auf kurze Distanz erschießen können.
    Ich löste den rechten Fuß und fand einen halben Meter weiter oben neuen Halt. Aber es war völlig unmöglich, mit der rechten Hand woanders hinzugreifen, ohne den anderen Fuß unter den Körper schwingen zu lassen. Beim bloßen Gedanken an die Ausführung dieser Bewegung verlor ich schon beinahe das Gleichgewicht.
    Eine ganze Weile war ich vollständig paralysiert, während Janus immer näher kam. Es kam mir vor, als kniete ich auf dem Schafott und wartete auf den Axthieb des Henkers. Doch im Gegensatz zu anderen zum Tode Verurteilten konnte ich mich nicht am Luxus einer Binde vor den Augen erfreuen. Einen Meter über meinem Kopf konnte ich die Rettung sehen. Weit unter mir ragten die Klippen zwischen Stromschnellen hervor.
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Janus mich ins Visier nahm. Die Situation schien ihm nicht geheuer. Seine Finger weigerten sich, den Abzug zu betätigen, seine um den Revolver geklammerte Hand begann zu zittern.
    Aus Frustration, Wut und nicht zuletzt aus Angst stieß ich einen unartikulierten Schrei aus. Dann löste ich den linken Fuß und wartete, bis er genau unter mir hing.
    Ich verlagerte mein ganzes Gewicht auf den rechten Fuß, streckte mich nach dem Spalt über mir und bekam guten Halt. Sofort danach konnte ich wieder auf beiden Beinen stehen. Jetzt war ich Herr der Lage, kletterte schnell um den Felsvorsprung herum und war außer Sichtweite für Janus.
    Als ich nur noch ein paar Meter von der Steinbrücke entfernt war, blickte ich mich um. Janus hatte sich entschieden, meine Überwindung des Felsvorsprungs zu kopieren. Gespannt wartete ich ab.
    Sekunden später war die Klettertour für den Schmugglerkönig Janus beendet. Er hob das linke Bein, ohne dass sein Körper im Gleichgewicht war, geriet ins Rotieren und fiel mit fuchtelnden Armen und den Füßen voraus in den Abgrund. Nicht ein einziger Ton kam über seine Lippen.
    Wäre er nicht vollständig bekleidet gewesen, hätte es ausgesehen, als wäre er an einem warmen Sommertag ins Meer gesprungen.
     
    Ich kletterte den Abhang hinauf und ging unterhalb des Brückenpfeilers in die Hocke. Mir war schwindlig und übel. Alle Reserven waren verbraucht. Hätte Heydrich jetzt den Versuch gemacht, zu mir herunterzugelangen, hätte ich mich widerstandslos ergeben.
    Doch die Gesellschaft des Spinnenmanns blieb aus. Mehrere Autofahrer hatten angehalten, als sie das Chryslerwrack unten im Kanal entdeckten. Anscheinend befürchtete Heydrich, zuviel Aufmerksam zu erregen. Als ich nach oben auf die Straße kletterte war er nicht unter den Schaulustigen. Ich begann, über die Landstraße in Richtung Kristiansand zu hinken.
    Ich hatte mich ein paar hundert Meter weit geschleppt, als ein Lastwagen hielt. Irgendwie hievte ich mich ins Führerhaus.
    Der Fahrer erwies sich als wortkarg. Auf dem Weg nach Kristiansand ließ er mich in Frieden, während meine Schmerzen immer schlimmer wurden. Es schien ihn nicht einmal zu interessieren, als ich das Futter des Mantels aufriss, den Kontrakt in die Tasche steckte und mir Bondis Ring an den Finger steckte.
    »Können Sie mich zum Hafen fahren?«
    Der Fahrer nickte.
    Ein heftiger Schmerz durchzuckte Bein und Hüfte, als ich in der Nähe des Hafens auf den Asphalt sprang. Meine Knie versagten. Der Fahrer wollte mir zu Hilfe eilen, doch ich winkte ab und rappelte mich mühsam auf die Füße.
    Dann lief ich los. Die Reihe der am Kai liegenden Fahrzeuge schien endlos. Schließlich entdeckte ich ein funkelnagelneues Motorschiff. Der Name >Bosphorus< war auf den Vordersteven gemalt.
    Ich habe nur noch die vage Erinnerung, dass ich an Bord gekommen bin. Ich entsinne mich, dass die Passagiere in einem erleuchteten Speisesaal mit holzvertäfelten Wänden und darin eingelassenen Segelschiffgemälden an den Tischen saßen. Sie starrten mich erschrocken an, während ich dort stand und hin und her schwankte. Dann stürzte ein Herr mittleren Alters und mit schwarzem Bart auf mich zu und hielt mich umklammert. Ich versuchte mich loszureißen, bis mir schließlich seine Hand auffiel. Der Mann trug einen Ring mit

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