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Der Staat

Der Staat

Titel: Der Staat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Platon
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Gedanken Folgendes veranstalten würden: wir würden nemlich jedem von beiden, sowohl dem Gerechten, als auch dem Ungerechten, volle Freiheit verleihen, zu thun, was jeder wolle, und dann würden wir ihnen zuschauend folgen, wohin jeden von Beiden die Begierde führen werde. Auf frischer That nun würden wir wohl den Gerechten ertappen, daß er den nemlichen Weg wie der Ungerechte in Folge der Unersättlichkeit gehe, denn dieß ist es, was als ein Gut jedwede Natur an sich zu verfolgen bestimmt ist, nur aber durch Gesetz und Gewalt wird jede zur Beachtung des Gleichmaßes hingelenkt. Es möchte aber wohl jene volle Freiheit, von welcher ich spreche, zumeist eine derartige sein, wenn ihnen jene Fähigkeit erwüchse, von welcher man sagt, daß sie einstens dem Sohne des Gyges, dem Vorfahren des Lyderköniges 22 erwachsen sei. Es sei nemlich derselbe als Hirt bei dem damaligen Herrscher von Lydien in Dienst gewesen, und in Folge eines heftigen Platzregens und Erdbebens habe sich die Erde gespalten und eine Schlucht sei an dem Orte, wo jener eben weidete, entstanden. Derselbe habe dieß gesehen, und voll Erstaunen sei er hinabgestiegen und habe dort sowohl viel anderes Wunderbare, von welchem die Sage erzählt, gesehen, als auch ein hohles ehernes Pferd mit Flügelthüren, durch welche er hineingeschlüpft sei und dann darinnen einen, wie es schien, mehr als mannesgroßen Leichnam erblickt habe; dieser aber habe nichts Weiteres an sich gehabt, als nur an der Hand einen goldenen Ring, welchen jener abgezogen und dann sich wieder entfernt habe. Als aber die gewöhnliche Zusammenkunft der Hirten, um dem Könige den monatlichen Bericht betreffs der Heerden zu melden, stattfand, sei auch jener mit seinem Ringe gekommen. Und wie er nun mit den Übrigen dasaß, habe er eben zufällig den Stein des Ringes gegen sich zu in das Innere der Hand gekehrt; sobald aber dieß geschehen, sei er den neben ihm Sitzenden unsichtbar geworden, und dieselben hätten über ihn wie über einen Weggegangenen gesprochen. Und jener nun habe sich hierüber gewundert, und indem er verstohlens den Ring berührte, den Stein desselben wieder nach Außen gedreht, und er sei, sobald er ihn gedreht, wieder sichtbar geworden. Und als er dieß bemerkt hatte, habe er den Ring auf die Probe gestellt, ob derselbe wirklich diese Kraft habe, und stets sei es ihm so von Statten gegangen, daß er bei dem Einwärtsdrehen des Steines unsichtbar, beim Auswärtsdrehen aber sichtbar wurde. Sobald er aber dieß wahrgenommen, habe er sogleich es veranstaltet, daß er einer der königlichen Boten wurde; als er aber dorthin gekommen sei, habe er die Gemahlin des Königes zum Ehebruche verführt und in gemeinschaftlicher List mit jener den König getödtet und so die Herrschaft erlangt. Wenn es also nun zwei derartige Ringe gäbe, und den einen der Gerechte sich ansteckte, den anderen aber der Ungerechte, so dürfte wohl, wie es scheint, es keinen Einzigen geben, welcher so felsenfest wäre, um innerhalb der Gerechtigkeit zu verbleiben und es über sich zu gewinnen, von fremdem Gute sich zu enthalten und es nicht zu berühren, während er die Freiheit hat, sowohl auf dem öffentlichen Markt ungescheut, was ihm beliebt, wegzunehmen, als auch in die Häuser zu gehen und Beischlaf zu üben, mit wem es ihm beliebt, und zu tödten und aus dem Gefängnisse zu befreien, wen es ihm beliebt, und alles Übrige zu vollführen, als ein den Göttern gleicher unter den Menschen. Indem er aber so handelte, würde er nichts Verschiedenes von jenem thun, was auch der anderweitige thut, sondern beide würden den nemlichen Weg gehen; und man möchte wohl sagen, daß dieß ein bedeutendes Kennzeichen dafür sei, daß Keiner freiwillig gerecht sei, sondern Jeder nur gezwungen, weil jenes für den Einzelnen eben nicht ein Gut sei, denn wo ein Jeder glaubt, im Stand zu sein, Unrecht zu thun, da thut er Unrecht; jeder Mann nemlich glaubt, daß für ihn als Einzelnen weit mehr die Ungerechtigkeit als die Gerechtigkeit gewinnbringend sei, und er meint dieß mit Recht, wie jeder sagt, welcher über die derartige Begründung spricht, denn woferne Jemand eine derartige volle Freiheit erlangt hätte und dann doch keinerlei Unrecht thun und fremdes Gut nicht berühren wollte, würde er denjenigen, welche dieß wahrnähmen, der unglücklichste und unverständigste Mensch zu sein scheinen, loben aber würden sie ihn allerdings gegenseitig einander in's Gesicht, indem sie sich aus Furcht, Unrecht zu

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