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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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sechs Pfeilen in der Seite an, wie er dazu ansetzte, durchs Unterholz zu springen, und dabei sehr vergnügt dreinschaute.
    »Dann komm mit mir, Gareth«, sagte der Kämmerer in ergebenem Tonfall. »Verabschiede dich von deinem Vater«, fügte er vage hinzu.
    Gareth verbeugte sich höflich vor seinem Vater, wie man es ihm beigebracht hatte. Der Vater erteilte dem Sohn eilig seinen Segen und machte sich rasch auf, um Seiner Majestät seine Aufwartung zu machen. Weder Vater noch Sohn waren über diesen Abschied bedrückt. Es war ohnehin sechs Monate her, seit der Junge seinen Vater zum letzten Mal gesehen hatte. Die Tatsache, dass er nun zum Hof gehörte, würde bedeuten, dass er seine adligen Eltern vermutlich häufiger sehen würde als je zuvor.
    Der Kämmerer legte dem Jungen eine schwere Hand auf die Schulter und schob ihn durch mehrere Palasträume.
    »Dies hier sind die Privatgemächer der Königlichen Familie«, erklärte er mit wohlklingender Stimme. »Von nun an werden sie auch dein Zuhause sein. Als Prügelknabe des Prinzen auserwählt zu werden ist eine hohe Ehre. Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst.«
    Gareth war sich im Augenblick nicht sehr vieler Dinge bewusst, nur der schweren Hand des Mannes, die ihn auf den Marmorboden zu drücken schien und ihm an der Schulter wehtat.
    »Diese Stellung war sehr begehrt«, fuhr der Kämmerer fort, und seine Worte senkten sich mit ebenso viel Gewicht auf den Jungen nieder wie seine Hand. »Viele gute Jungen wurden als Bewerber vorgeschlagen, Jungen von sechzehn und sogar älter. Eine äußerst begehrte Stellung«, wiederholte er.
    Gareth wusste, dass dies der Wahrheit entsprach. Sein Vater und seine Mutter und sogar die Kinderfrau hatten es ihm wieder und wieder eingetrichtert, bis es zu einem Teil von ihm geworden war wie die Holzkohle, die sich in die Hände eines Schmieds rieb. Der Prügelknabe des Prinzen wurde an Stelle des Prinzen bestraft, denn der von den Göttern bevorzugte Königssohn durfte niemals im Zorn von Menschenhänden berührt werden. Der Prügelknabe diente auch als Gesellschafter des Prinzen und wurde mit ihm zusammen erzogen. Da die beiden Jungen miteinander aufwuchsen, würden der Prügelknabe und seine Familie selbstverständlich von einer solchen Regelung profitieren.
    Gareth war sich wohl bewusst, dass er diese Ehre nicht verdient hatte. Sein Vater war ein Adliger, aber kein sehr wichtiger, seine Mutter eine der Hofdamen der Königin. Für ihn sprach nur das Zusammentreffen seines Geburtstags mit dem des jungen Prinzen.
    Ihre Majestät, die Königin, stammte aus Dunkarga, einem Reich im Westen, wo die Menschen offenbar daran glaubten, dass die Sterne ihr Leben beeinflussten. Gareth wusste, dass das Unsinn war; das hatte sein Vater ihm gesagt. Wie sollten weit entfernte, kalt glitzernde Gegenstände, die nicht größer waren als Staubkörner, eine Auswirkung auf die Menschen haben? Doch wohl kaum mehr als tatsächlicher Staub! Aber Gareths Eltern hatten rasch versucht, einen Vorteil aus der Tatsache zu erwirtschaften, dass Königin Emillia glaubte, die Sterne interessierten sich für sie.
    Als Gareths Mutter gehört hatte, dass man einen Prügelknaben suchte, hatte sie der Königin gegenüber angedeutet, dass nur ein Junge, der unter denselben Sternen geboren war wie der Prinz, würdig wäre, dessen Schicksal zu teilen. Von diesem Gedanken beeindruckt, hatte die Königin nach dem Hofastrologen gerufen, den sie aus Dunkarga mitgebracht hatte. Dieser wiederum, die Hand noch an der von Gareths Vater wohl gefüllten Börse, hatte feierlich bestätigt, dass tatsächlich ein in derselben Nacht geborenes Kind der geeignete Prügelknabe wäre. Und da Gareth das einzige Adelskind war, das in dieser Nacht zur Welt gekommen war (sein Vater hatte sich zuvor davon überzeugt), hatte man ihn erwählt.
    Nun, mit neun Jahren, sollte Gareth seine neuen Pflichten übernehmen, die darin bestanden, für die Verstöße des Prinzen bestraft zu werden. Während sie durch den Palast gingen, erinnerte sich Gareth an eine Geschichte, die seine Mutter oft erzählt hatte: Als die Königin kurz vor ihrer Niederkunft hörte, dass eine ihrer Hofdamen ebenfalls kurz davor stand, ein Kind zur Welt zu bringen, hatte sie befohlen, dass die Beine dieser Frau zusammengebunden wurden, damit kein anderes Kind ihrem Sohn zuvorkam. Zum Glück hatten die Wehen von Gareths Mutter wieder nachgelassen – wahrscheinlich wegen ihrer Angst –, sonst wäre Gareth nun wohl nicht hier im

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