Der sterbende König (German Edition)
Anscheinend wurden Alfred die Sterbesakramente über den Tag hinweg wiederholt gespendet, so sehr war er darauf aus, einen guten Tod zu sterben, und die Priester und Bischöfe wetteiferten miteinander um die Ehre, den König zu salben und ihm ein Stück trockenes Brot zwischen die Lippen zu schieben. «Bischof Asser wollte ihm das viaticum reichen», sagte Beocca, «aber Alfred hat mich dafür holen lassen.»
«Er liebt Euch», sagte ich, «und Ihr habt ihm gut gedient.»
«Ich habe Gott und dem König gedient», sagte Beocca, dann ließ er sich von mir zu einem Platz neben dem Feuer im großen Gastraum der Zwei Kraniche führen. «Er hat heute morgen etwas Weißkäse zu sich genommen», erzählte mir Beocca sorgenvoll, «aber nicht viel. Nur zwei Löffel.»
«Er möchte nicht essen», sagte ich.
«Er muss», gab Beocca zurück. Armer, gütiger Beocca. Er war der Priester und Schreiber meines Vaters gewesen und der Lehrer meiner Kindheitstage, doch als mein Onkel die Herrschaft über Bebbanburg an sich riss, hatte Beocca seine Stellung dort aufgegeben. Er war von niedrigem Stand und mit Geburtsfehlern geschlagen, einem bedauernswerten Schielauge, einer verunstalteten Nase, einer verkrüppelten linken Hand und einem Klumpfuß. Es war mein Großvater, der die Klugheit des Knaben erkannte und ihn von den Mönchen in Lindisfarena erziehen ließ, und Beocca wurde Priester und dann, nach dem Verrat meines Onkels, ein Entwurzelter. Seine Gewitztheit und seine Anhänglichkeit hatten Alfred für ihn eingenommen, und von da an hatte Beocca in seinen Diensten gestanden. Jetzt war er alt, beinahe so alt wie der König, und sein strähniges rotes Haar war weiß geworden, sein Rücken gebeugt, und doch besaß er immer noch seinen scharfen Verstand und seinen starken Willen. Auch er hatte eine dänische Frau, eine wahre Schönheit, und sie war die Schwester meines liebsten Freundes, Ragnar.
«Wie geht es Thyra?», fragte ich ihn.
«Gut, Gott sei es gedankt, und den Jungen auch! Wir sind gesegnet.»
«Ihr werdet bald den Totensegen empfangen, wenn Ihr weiter bei solchem Regen auf den Straßen umherlauft», sagte ich. «Es gibt keinen größeren Narren als einen alten Narren.»
Darüber lachte er, dann erhob er kurz einen machtlosen Widerspruch, als ich darauf bestand, ihm den triefend nassen Umhang abzunehmen und ihm einen trockenen um die Schultern zu legen. «Der König hat mich gebeten, zu dir zu gehen», sagte er.
«Dann hätte der König mich heißen sollen, zu Euch zu kommen», sagte ich.
«So ein verregneter Herbst!», sagte Beocca. «Seit dem Jahr, in dem Erzbischof Æthelred gestorben ist, habe ich keinen solchen Regen mehr erlebt. Der König weiß nicht, dass es regnet. Der arme Mann. Er kämpft gegen die Schmerzen. Es wird wohl nicht mehr lange dauern.»
«Und er hat Euch zu mir geschickt», erinnerte ich ihn.
«Er bittet dich um einen Gefallen», sagte Beocca mit einem Anflug seiner alten Strenge.
«Sprecht weiter.»
«Fagranforda ist ein weitläufiger Besitz», sagte Beocca, «der König war großzügig.»
«Ich war auch ihm gegenüber großzügig», sagte ich.
Beocca wedelte mit seiner verkrüppelten Hand herum, als wollte er meine Bemerkung vertreiben. «Derzeit gibt es auf dem Besitz vier Kirchen und ein Kloster», fuhr er entschlossen fort, «und der König bittet um deine Versicherung, dass du sie so verwaltest, wie sie verwaltet werden sollten, so, wie es die Gründungsurkunden festlegen und so, wie es deine Pflicht ist.»
Ich lächelte. «Und wenn ich ablehne?»
«O bitte, Uhtred», sagte er erschöpft, «schon mein ganzes Leben lang plage ich mich mit dir herum!»
«Ich werde den Verwalter anweisen, alles zu tun, was notwendig ist», versprach ich.
Er musterte mich mit seinem guten Auge, als wolle er meine Ernsthaftigkeit überprüfen, und anscheinend war er mit dem zufrieden, was er sah. «Der König wird dankbar sein, das zu hören», sagte er.
«Ich dachte, Ihr würdet mich auffordern, Æthelflæd aufzugeben», sagte ich schalkhaft. Es gab nur wenige Menschen, mit denen ich je über Æthelflæd sprach, doch Beocca, der mich kannte, seit ich ein kleines Bürschchen war, gehörte dazu.
Ein Schauder überlief ihn bei meinen Worten. «Ehebruch ist eine schwere Sünde», sagte er, wenn auch nicht sehr leidenschaftlich.
«Und auch ein Verbrechen», sagte ich belustigt. «Habt Ihr das Edward erklärt?»
Er zuckte zusammen. «Das war die Narretei eines jungen Mannes», sagte er, «und Gott hat
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