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Der Stern des Untergangs

Titel: Der Stern des Untergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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stehen, wo sie war. Der Greis in der Kugel schwamm wieder auf sie zu. Offenbar musste er gegen die Strömungen ankämpfen, die an ihm zerrten, und gegen die Dämpfe in der Kugel.
    In ihrem Innern war Dunst ähnlich jener glitzernden Schicht, die sich an der Oberfläche eines kalten Glases in einem warmen Raum bildet. Als der Gefangene auf gut Glück wieder herbeitauchte, bemühte er sich, auf diese Schicht zu schreiben; die Lettern zeichnete er mit dem Finger. Sein Gesicht war vor Anstrengung verzerrt. Er streckte und wand sich in der Strömung, die ihn mit sich reißen wollte. So sehr plagte er sich, seine Botschaft zu beenden. Die Buchstaben rieb er rückwärts in die Schicht. Doch schon sog der Dunst ihn wieder ein, ohne dass er seine Worte beendet hatte. Sonja aber sah genug, um zu verstehen.
    Sein Finger hatte geschrieben: EMOI ADOL …
    Befreit mich!
    Sofort stürmte Sonja die Stufen zum Podest hinauf. Sie würde nicht länger zusehen, wie dieser Mann ganz offensichtlich gequält wurde, wenn sie ihm vielleicht helfen konnte. Sie legte die Hände auf die kristallgleiche Oberfläche, spreizte die Beine, stemmte die Stiefel auf den Steinboden und drückte gegen die leuchtende Kugel.
    Sie fühlte sich unangenehm warm an. Einen Augenblick wackelte sie unter dem heftigen Stoß, doch dann stand sie wieder völlig reglos.
    Das runzlige Gesicht des Greises schwamm erneut heran. Es wirkte eingefallen vor Qual und flehend. Die Lippen bewegten sich. Sonja konnte seinen Worten nicht folgen, doch das brauchte sie auch nicht. Sie wusste, was er von ihr wollte.
    Wütend, dass ihr erster Versuch misslungen war, zog Sonja das Schwert und trat vorsichtig zurück, gerade so weit, dass sie genug Platz hatte, um es zu schwingen. Erstaunt stellte sie fest, dass die Klinge in bläulichem Licht zu glühen schien – es war der gleiche bläuliche Schimmer wie im Saal des Zauberers am Ende des Ganges. Sie blinzelte, denn nun nahmen die Dämpfe in der Kugel offenbar denselben Blauton an wie der des Glühens im Sumpfwald und der Erscheinung in jener Nacht ihrer Bestimmung vor vielen Jahren …
    »Erlik und Tarim!« heulte sie wild und schmetterte ihr Schwert mit aller Kraft auf die Kristallkugel.
    Aber es prallte zurück. Ein Schmerz durchzog ihren Arm und brannte im Handgelenk, als die Klinge zurückpeitschte. Sie fluchte heftig, fletschte die Zähne und holte zu einem zweiten Streich aus, ohne Rücksicht auf den neuen Schmerz, den er bringen mochte.
    Doch da kam der Greis in der Kugel wieder in Sicht. Er schwenkte schwerfällig die Arme in dem blauweißen Dunst. Mühsam deutete er auf Sonja, dann von ihr fort. Sie folgte seinem eindringlichen Blick, drehte sich um und sah den kleinen Tisch in der Ecke.
    Darauf lag etwas.
    »Das?« fragte sie brüllend den Mann.
    Er konnte gerade noch bestätigend nicken, als die Strömung ihn fortzog.
    Knurrend steckte Sonja ihr Schwert ein, sprang vom Podest, ging zu dem Tisch und griff nach dem Ding, das darauf lag. Es war ein Stein, sehr schwer, ungewöhnlich glatt, und er fühlte sich fast ölig an. Er war etwa eiförmig und hatte Runen oder Buchstaben eingeritzt, die ihr nichts sagten.
    »Was soll ich damit tun? Etwa einen Zauber damit versuchen?«
    Ihr erster Gedanke war gewesen, ihn auf das Glas zu schleudern. Bei näherer Überlegung war das vielleicht keine schlechte Idee. Sie hob den Stein, da tauchte das runzlige Gesicht wieder hinter der Glaswölbung auf.
    Die Augen des Greises flehten sie an, als er mit den Händen auf sich deutete.
    Wieder fletschte Sonja die Zähne, die Nasenflügel blähten sich auf. Mit aller Kraft schmetterte sie den Stein auf die Kugel. Nur flüchtig blickte sie dem Geschoß nach, da warnte eine innere Stimme sie, sich auf den Boden zu werfen. Sie tat es sofort und verschränkte schützend die Hände über dem Kopf …
    Eine gewaltige Explosion erschütterte den Raum, und Sonja wurde kurz vom Boden gehoben. Als sie die Augen wieder öffnete und nach Atem rang, der ihr geraubt worden war, sah sie lediglich einen undurchdringlichen blauen Dunst und hörte ein schwaches Scharren, offenbar von dem Greis, ganz in ihrer Nähe.
    Dann gellte der Schrei.
    Es war ein grauenvoller Laut, ein qualvolles Dröhnen wie von einem Gott, der im Kampf schmerzhaft einem Titanen erliegt. Aber er kam nicht von dem Greis am Boden, sondern durch den Gang – ein erschreckender, peinvoller Schrei, der nicht aufhören wollte.
    Verwirrt und benommen quälte Sonja sich auf die Füße, spähte

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