Der Tag an dem ich erwachte
für Ihre Zugehörigkeit zu ihnen vorlegen und Sie in ein noch heftigeres Gefühlschaos stürzen.“ Und ich möchte Sie solange es geht für mich allein behalten, verriet sein Blick. „Den netten Detektiv, der bedauerlicherweise für Ihren Fall zuständig ist, haben Sie ja bereits kennen gelernt“, seufzte er.
„Allerdings“, sagte ich und fühlte, wie mein Gesicht sich angewidert verzog, woraufhin Ryan amüsiert lächelte.
„Wenngleich Ihr Gedächtnis nach wie vor versagt, scheinen Ihre Menschenkenntnisse Sie nicht im Stich gelassen zu haben!“
„Na ja, er ist wahrhaftig nicht das, was man als einen Sympathieträger bezeichnet“, antwortete ich und machte mich nervös daran, die Reste des roten Nagellacks von meinen Fingernägeln abzukratzen, die wie das Blut eines Unschuldigen darauf klebten.
„Er ist ein widerlicher Mistkerl“, schnaubte Ryan verächtlich. „Ein sehr erfolgreicher widerlicher Mistkerl“, fügte er bitter hinzu. „Er hat eine Erfolgsquote von neunundneunzig Komma neun Prozent. Er ist ein verbitterter Aasgeier, der seine eigene Mutter verkaufen würde, um diese Quote zu halten. In den vergangenen Jahren liefen zwei Verfahren gegen ihn, als ans Licht kam, dass er die Zeugen manipuliert haben soll. Doch am Ende löste sich die ganze Aufregung im Wohlgefallen auf, er hatte es immer wieder geschafft, seinen Namen reinzuwaschen. Er kämpft mit allen Mitteln und ist sich für nichts zu schade. Genau wie ich durften Sie sein wahres Gesicht kennen lernen, doch er weiß ganz genau, bei wem er sich einschleimen muss und hatte bis jetzt immer Erfolg damit. Es ist das erste Mal, dass ich mit ihm zusammenarbeite“, klärte er mich auf. „Colin Mills, so heißt der Dreckskerl, hatte mich höchstpersönlich beauftragt, was er mittlerweile bitter bereut.“
„Weil Sie nicht kooperieren“, stellte ich leise fest.
„Weil ich nicht kooperiere“, wiederholte er und nickte mehrmals energisch mit dem Kopf. „Denn im Gegensatz zu ihm setze ich mich für die Gerechtigkeit ein, und solange die Schuld von jemandem nicht bewiesen ist, ist man unschuldig, das ist mein Motto!“
„Wie lange arbeiten Sie schon mit der Polizei zusammen?“, fragte ich neugierig.
„Seit fünf Jahren“, sagte er stolz. „Und genau das ist unser Trumpf, meine Liebe! Denn auch ich kann eine sehr gute Quote vorweisen und genieße außerdem einen astreinen Ruf, was unser Mister Ekel trotz allem nicht von sich behaupten kann.“
„Er kommt heute wieder, nicht wahr?“, fragte ich und spürte, wie mein Magen sich verkrampfte.
„Oh ja, er kommt jeden Tag! Er hat eine Leiche und eine Tatverdächtige und kann es kaum erwarten, Sie hinter Gitter zu bringen, um sich ein weiteres Mal feiern zu lassen. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich habe einen Plan.“
Auf einmal fühlte ich mich schäbig, wie eine Kriminelle, die sich mit ihrem Komplizen beriet. „Aber wir wissen doch gar nicht, ob ich tatsächlich schuldig bin und womöglich den Knast verdiene?“, warf ich unsicher ein. „Haben Sie es schon mal in Erwägung gezogen?“
„Seitdem Sie hier eingeliefert wurden und unter meiner Obhut st ehen, tue ich nichts anderes“, versicherte er mir inbrünstig. „Und ob Sie es mir glauben oder nicht, weiß ich einfach, dass Sie unschuldig sind.“
„Und was macht Sie dessen so sicher?“
„Es sind viele kleine Details, sowie Ihre Mimik und Gestik und die Art, wie sie reagieren…“ Und wie Sie aussehen, sagte sein Blick. „Ich habe schon viele Patienten betreut, die unter Mordverdacht standen, einige davon litten genau wie Sie unter einer temporären Amnesie. Ich weiß, es hört sich töricht an, und es ist auch kein Argument, mit dem ich den Staatsanwalt oder Mister Ekel überzeugen könnte, aber ich bin mir sicher, dass Sie diese grauenvolle Tat nicht begangen haben!“
Ich wollte ihm glauben, so verzweifelt, dass ich schon wieder Tränen in meinen Augen aufsteigen spürte. Ich wusste zwar nicht, wer ich war, doch ich wusste, dass ich keine brutale Mörderin sein wollte. Bitte, lieber Gott, dachte ich, mach, dass ich unschuldig bin! Hilf mir, mich zu erinnern und mach, dass ich unschuldig bin!
„An was haben Sie gerade gedacht?“, erkundigte sich Ryan, dem keine einzige Gefühlsregung von mir zu entgehen schien.
„Ich habe gebetet“, antwortete ich leise und schniefte.
„Sie beten? Das ist ja großartig! Zu welchem Gott?“
„Ich weiß nicht“, weinte ich verzweifelt, und, ehe ich mich versah, murmelte
Weitere Kostenlose Bücher