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Der Tee der drei alten Damen

Der Tee der drei alten Damen

Titel: Der Tee der drei alten Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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kümmern, wäre mir leid, wenn dem Jungen etwas passiert wäre. Auf was warten Sie, Charles? Gehen Sie!«
    Charles war nicht aus der Ruhe zu bringen.
    »Panama oder Filzhut, Sir? Ich würde zu Panama raten. Es ist heiß.«
    »Bringen Sie, was Sie wollen, aber schnell, schnell…«
    Der junge Mann, der nach dem Urteil zweier Ärzte an einer Hyoscyamin-Vergiftung litt, lag noch immer im weißen Isolierzimmer unter der Obhut von Schwester Annette. Sir Eric betrat als erster das Zimmer, gefolgt von Dr. Thévenoz. Madge erschien ein wenig später, ihr Zweisitzer war unterwegs aufgehalten worden.
    »Hallo, Boy«, sagte er, »What's the matter with you?«
    Aber der »Boy« antwortete nichts. Er verdrehte nur die Augen.
    »Ja, es ist mein Sekretär«, sagte Seine Exzellenz und blickte hilflos umher.
    »Name, Vorname, Geburtsort, Jahrgang?« fragte Thévenoz streng und achtete nicht auf Madges vorwurfsvolle Blicke. Fräulein Lemoyne bemühte sich dann, diese abrupte Fragestellung bei Seiner Exzellenz zu entschuldigen. Aber Sir Eric setzte ein nachsichtiges Lächeln auf und antwortete bereitwilligst:
    »Der junge Mann heißt Walter Crawley, ist in Bombay am 5 März 1902 geboren, stammt von englischen Eltern, kam später nach England, studierte dort. Seine Eltern sind schon früh gestorben. Freunde von diesen haben mir Crawley empfohlen. Er war mir sehr nützlich, denn er war ein verläßlicher Bursche, bis in die letzte Zeit. Ich weiß nicht, was da plötzlich mit ihm los war. Er war zerstreut, bedrückt; ich habe immer gedacht, das würde vorübergehen. Wenn Sie meine Angaben der Polizei mitteilen wollen – bitte sehr. Übrigens stehe auch ich immer gerne zur Verfügung…«
    Thévenoz nickte und verließ das Zimmer, die Zurückgebliebenen schwiegen. Nur Crawley in seinem Bett murmelte von Zeit zu Zeit, aber man schenkte diesem Murmeln keine Beachtung. Manchmal klang es nach »old man«, auch »professeur« war zu verstehen. Dann schien sich der Kranke gegen etwas zu wehren, sprach von »fly«, worüber Seine Exzellenz den Kopf schüttelte.
    »Der Junge war nie von Aeroplanen begeistert, ein seltener Fall, bei unserer heutigen Jugend, er behauptete immer, er werde seekrank, wenn wir ausnahmsweise das Flugzeug benützen mußten.«
    Seine Exzellenz schlug nun vor, die Kleider des Kranken eingehend zu untersuchen. Aber Schwester Annette wehrte sich gegen diesen Vorschlag. Man solle die Rückkunft des Arztes abwarten, meinte sie. Als Dr. Thévenoz bald darauf wieder eintrat, wurden die Kleider Crawleys gebracht. Aber die Taschen waren leer. Sir Eric endlich fand, als er durch ein Loch im Rockfutter griff, eine Visitenkarte. Sie glich der von Professor Dominicé am Morgen gegen zwei Uhr dem Polizisten Malan überreichten. Es waren darauf noch Schriftzeichen zu lesen, winzige Buchstaben. Madge Lemoyne konnte folgendes entziffern:
»Lieber Crawley, es wird mich freuen, Sie heute abend gegen acht Uhr bei mir zu sehen. Freundschaftlich Ihr D.«
    »Höchst… höchst bedenklich«, äußerte sich Sir Eric. Er hielt das Monokel vors Auge, wie eine Lupe, und las die Mitteilung zum zweitenmal.
    »Wieso bedenklich?« wollte Thévenoz wissen. »Die Erklärung, die der Professor wird geben können, wird sicher höchst einfach sein.«
    »Wir werden sehen«, sagte Sir Eric und steckte die Karte ein. »Ich werde sie selber der Polizei übergeben.«
    Zuerst wollte Thévenoz gegen die Mitnahme der Karte protestieren, aber das Gebaren des vernachlässigten Patienten störte ihn. Walter Crawley benahm sich reichlich sonderbar. Er ließ röchelnde Atemzüge laut werden, seine Gesichtsfarbe wurde fahl und grau, auf der Stirn bildeten sich Schweißtropfen. Wladimir Rosenstock, der Assistenzarzt, der vor kurzem eingetreten war, beschäftigte sich mit ihm.
    »Hopp, hopp, Schwester!« flüsterte er erregt. Dr. Thévenoz war auch ans Bett getreten. Flüsternd gab er der Schwester Befehle. Diese rannte aus dem Zimmer, kehrte mit einer Spritze zurück.
    Aber da spannte sich Crawleys Körper so, daß er einen Bogen bildete: nur Fersen und Hinterkopf lagen auf. Dann war ein Knacken zu hören, wie von brechendem Holz, und Walter Crawley, von Bombay (Indien), Sekretär Seiner Exzellenz Sir Avindranath Eric Bose, blieb entspannt liegen und hatte das Atmen vergessen. Um seinen Mund entstand langsam ein niederträchtig-höhnisches Lächeln, so, als wolle er sagen: »Gewiß, ich bin nun tot, aber damit ist meine Angelegenheit noch lange nicht erledigt. Ihr alle

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